Unter dem Titel „Energy in Transition“ wurde in der vergangenen Woche an der Jessenow-Universität in der westkasachischen Stadt Aktau eine Wanderausstellung des Auswärtigen Amtes eröffnet. Sie bietet einen Einblick in den globalen Dialog zur Energiewende aus der Sicht von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.
Initiatoren und Organisatoren der Veranstaltungen waren die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Auswärtigen Amtes (AA), das im März 2023 eröffnete Büro des AA für Wasserstoffdiplomatie in Astana (H2Diplo) sowie das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Almaty, welches vor Ort von Wolfgang Faust aus dem Referat für Presse, Kultur und Wirtschaft vertreten wurde.
An der Eröffnungskonferenz nahmen zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft und dem Bildungssektor teil, darunter Abbat Urisbajew, Stellvertretender Akim der Region Mangystau, sowie Askar Serjdarijew, Stellvertretender Direktor der Jessenow-Universität.
Aktau bewusst auserwählt
Mit Blick auf die Themen nachhaltiger Mobilität, erneuerbarer Energien und einer gerechten Energiewende unterstreicht die Ausstellung die entscheidende Rolle der Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft, den Hochschulen, der Wissenschaft und der Öffentlichkeit bei der erfolgreichen Abkehr von fossilen Brennstoffen. Den Besucher erwartet eine virtuelle Reise in die Welt von 2045, welche die vielschichtige Rolle von Strom aus erneuerbaren Energiequellen und dessen Umwandlung in Produkte mit hohem Energiespeichervermögen für eine erfolgreiche Dekarbonisierung aufzeigt. In dieser Form ist die Ausstellung bereits seit 2020 unterwegs und war vor Kasachstan bereits in 19 Ländern der Welt zu sehen, darunter auch in anderen Ländern der Region Zentralasien.
Der aktuelle Ausstellungsort am Kaspischen Meer wurde nicht zufällig auserwählt: Die Stadt Aktau liegt in der Region Mangystau, einem wichtigen Zentrum für die Produktion fossiler Brennstoffe, und ist ein geeigneter Ort, um darüber zu diskutieren, wie die Region den Übergang von konventionellen Energieressourcen zu einer nachhaltigen, grünen Zukunft in Angriff nimmt. Eine der größten Industrieanlagen der Welt zur Herstellung von grünem Wasserstoff soll genau dort entstehen. Mit seiner kasachstanischen Tochter Hyrasia Energy will das deutsch-schwedische Unternehmen Svevind Energy Group ab 2030 jährlich etwa 2 Mio. Tonnen grünen Wasserstoff bzw. 11 Mio. Tonnen grünen Ammoniak produzieren.
Denkanstöße für Energie-Dialoge
Eine kurze Führung durch die Ausstellung gab Yasemin Dere von der GIZ. So können fünf unterschiedliche Ausstellungswürfel besichtigt werden, die die Themen der Energiewende aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Interaktive Displays, Anschauungsmaterialien und Interviews mit Expertinnen und Experten bieten die Möglichkeit, tief in das wichtige Thema der Energiewende einzutauchen. Die Besucherinnen und Besucher haben die Möglichkeit, die Sprache der Texte und Videos auszuwählen, um Verständnisbarrieren auf das Minimum zu reduzieren. Mit der Ausstellung erhoffen sich das Auswärtige Amt und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, die nötigen Denkanstöße für Diskussionen und Debatten zum Thema Energiezukunft zu liefern.
Die anschließende Konferenz behandelte die Rolle der erneuerbaren Energien bei der Verbesserung der Konnektivität sowohl innerhalb der Region als auch darüber hinaus. Dabei wurde vielseitig erörtert, wie die Region grünen Wasserstoff und erneuerbare Energiequellen integrieren kann, um die Energienetze zwischen Zentralasien und Europa zu stärken. Hauptthemen waren Innovationen im Bereich grüner Wasserstoff und erneuerbare Energietechnologien sowie die für den Ausbau der Energienetze zwischen Zentralasien und Europa erforderlichen Kompetenzen und Forschungsarbeiten.
Duale Ausbildung für Energiewende wichtig
In der ersten Sitzung wurde die Bedeutung von Bildungsprogrammen und Ausbildungsinitiativen für den Aufbau, der für die Energiewende des Landes erforderlichen Kompetenzen untersucht. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde die Rolle von Institutionen wie dem Kasachisch-Deutschen Institut für Nachhaltige Ingenieurwissenschaften (KINI) sowie Partnerschaften mit internationalen Universitäten dargelegt und aufgezeigt, wie die Zusammenarbeit mit deutschen akademischen Einrichtungen zum Aufbau von Fachkräften für grüne Energie in Kasachstan beitragen kann.
So sprach etwa Galina Falfuschinskaja von der Hochschule Anhalt über die Tatsache, dass allein in Deutschland im Jahr 2022 durch die zukünftige Energiewende 400.000 neue Arbeitsplätze entstanden sind. Dabei wies sie darauf hin, dass aktuell große Lücken im Bereich Fachkenntnisentwicklung für in der Zukunft gefragte Jobs bestehen würden. Es gehe mit der Internationalisierung von Hochschulen auch darum, diese Lücken gemeinsam zu schließen und die nötige Ausbildung für zukünftige Spezialistinnen und Spezialisten auf einem hohen Niveau zu gewährleisten.
In diesem Zusammenhang sprach Falfuschinskaja über die Besonderheiten des dualen Ausbildungssystems in Deutschland, welche den jungen Studierenden die wichtige Möglichkeit bieten, Theorie und Praxiserfahrungen während des Studiums zu vereinen. Dabei würden die praxiserfahrenen Absolventinnen und Absolventen anschließend attraktiver als andere auf dem Arbeitsmarkt gelten. Dieses System müsste daher auch in Kasachstan weiter ausgebaut werden.
Zum Abschluss der ersten Sitzung betonte Akjerke Abylaichan, Stellvertretende Vorsitzende des Komitees für Hochschul- und Postgraduale Bildung im Ministerium für Wissenschaft und Hochschulausbildung, die Tatsache, dass Kasachstan als einziges Land in Zentralasien seit 2010 Teil des Bologna-Prozesses ist und somit die Universitätsbildungen im Lande nach europäischem Standard erfolgen und anerkannt werden. Nach aktuellem Stand studieren etwa 40.000 Studenten in Kasachstan in technischen Berufen und im Ingenieurswesen. Auch rund 60 Prozent der staatlichen Stipendien werden für technische Ausbildungen und im Ingenieurswesen vergeben.
„Das Wichtigste dabei ist jetzt, die Zusammenarbeit mit anderen Hochschulen und Universitäten weiter zu vertiefen, um die Qualität der Ausbildung im technischen Bereich zu verbessern. Das KINI an der Jessenow-Universität ist ein glorreiches Beispiel dafür, dass wir diese Vorhaben bereits erfolgreich in die Praxis umgesetzt haben“, so Abylaichan abschließend.
H2Diplo in der Schlüsselrolle
Im Anschluss beleuchtete die zweite Sitzung die jüngsten Fortschritte im Bereich grüner Wasserstoff und erneuerbare Energietechnologien. Moderiert wurde die Sitzung von Alexej Kobsew, dem Leiter für Projekte für erneuerbare Energien an der DKU. Die Sitzung zielte darauf ab, jene Schlüsselbereiche zu identifizieren, in denen die Forschung zu weiterem Wachstum und zur Unterstützung der Energiewendeziele des Landes beitragen kann. Dabei präsentierten Vertreterinnen der Energo University in Almaty und der Firma KazMunayGas Engineering ihren aktuellen Forschungsstand in Fragen der Energiewende.
Alexej Kobsew wies in diesem Zusammenhang auf das Büro für Wasserstoffdiplomatie in Astana hin, welches auch im Bereich der Forschung eine überaus wichtige Rolle einnimmt. Gleichzeitig würde das Büro Impulse geben für Partnerinstitutionen mit gesetzgebenden und gesetzausführenden Positionen, die ebenfalls an der Energiewende mitwirken müssen, um sie erfolgreich zu gestalten. Zum aktuellen Zeitpunkt arbeitet das Wasserstoffbüro in Astana an einer Studie zum Potenzial für die Erzeugung von grünem Wasserstoff in ganz Zentralasien, womit die Basis für weitere konkrete Projekte geschaffen werden soll.
„Solche Veranstaltungen sind eine gute Möglichkeit, nicht nur oberflächlich jene Themen anzusprechen, die uns alle in der Zukunft betreffen werden. Ich glaube, dass diese Ausstellung ein tolles Beispiel dafür ist, was wir heute bereits von allen Rednern gehört haben: die Energiewende ist wichtig, nötig und steht, gerade in Aktau als einer Stadt, die als Tor zu Öl- und Gasressourcen gilt, noch vor einigen Herausforderungen“, schloss Wolfgang Faust vom Deutschen Generalkonsulat die Veranstaltung ab.
Die Wanderausstellung wird noch bis zum 12. November an der Jessenow-Universität für Technologie und Ingenieurwesen gezeigt und ist bis dahin für die Öffentlichkeit zugänglich. Anschließend wird die Ausstellung in die kasachische Hauptstadt Astana umziehen.