Mit einem Anstieg der Investitionen um 40% im vergangenen Jahr verdeutlicht die Eurasische Entwicklungsbank (EDB) ihr Vertrauen in die größte Volkswirtschaft Zentralasiens. Privatinvestoren und Finanzinstitute blicken optimistisch auf Kasachstans Zukunft – nicht zuletzt wegen der sich wandelnden geopolitischen Dynamik und der strategischen Projekte, die das Land zum Drehkreuz zwischen Europa und Asien machen.
Die EDB als Schlüsselpartner Kasachstans
Die EDB, die bereits 2006 von Russland und Kasachstan gemeinsam gegründet wurde, fungiert als Katalysator für regionale Integration und Infrastrukturentwicklung. Mit einem Gesamtkreditportfolio von 14,2 Milliarden US-Dollar (Stand per Ende 2023) finanziert die Bank Projekte in der Energiewirtschaft, im Verkehrswesen und der Industrie.
Kasachstan ist dabei der größte Kreditnehmer: 64,4% des Portfolios der EDB entfallen auf das Land, was etwa 9,1 Milliarden US-Dollar entspricht. Für 2025 plant die EDB, ihre Investitionen in strategisch wichtigen Sektoren weiter auszubauen, insbesondere im Bereich der digitalen Technologien. Die Erneuerung und der Ausbau von existierenden Wärmekraftwerken, wie die Modernisierung der Generatoren, sind dabei besonders gefragt.
Kasachstans geopolitische Brückenfunktion
In der gegenwärtigen geopolitischen Situation kann Kasachstan seine geografische Lage zunehmend als Wettbewerbsvorteil nutzen. So ist das Land nicht nur die größte Volkswirtschaft in Zentralasien, sondern es hat auch den Vorzug langer gemeinsamer Grenzen mit Russland und China. Die Bedeutung Kasachstans als Transitkorridor zwischen Russland und China sowie als zentralasiatisches Distributionszentrum, die in den nächsten Jahren weiter wachsen wird, wird nicht zuletzt durch multilaterale Projekte im Transport- und Logistiksektor befeuert. Zu letzteren zählt auch der Transkaspische Internationale Transportroute (TITR), welcher auch Mittlerer Korridor genannt wird.
Trotz der erheblichen Herausforderungen, die Kasachstan als größtes Binnenland der Welt hat, setzt das Land auf multilaterale Logistikprojekte, um seine Handels- und Transportrouten weiter zu diversifizieren. Dabei spielen Projekte, die im Rahmen der chinesischen „Belt-and-Road“-Initiative realisiert werden, eine zunehmende Rolle, um die Handelswege zu diversifizieren und Transportrouten über Russland zu entlasten.
Energie, Digitalisierung und grüne Transformation
Ein Schwerpunkt der EDB-Investitionen liegt auf der Energiesicherheit. Kasachstan, das bisher stark von Kohle und Gas abhängig ist, will bis 2030 15 % und bis 2050 sogar 50 % seines Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen decken. Die EDB unterstützt dies durch Kredite für Solar- und Windparks, darunter eine Finanzierung der Windkraftanlage in Shelek nahe Almaty. Gleichzeitig treibt die Bank die Digitalisierung voran: Bisher sind 500 Millionen US-Dollar für Investitionen in smarte Stromnetze und IT-Infrastruktur eingeplant.
Auch staatliche Subventionen spielen eine Rolle. Die kasachische Regierung investiert jährlich 1,2 Milliarden US-Dollar in die Förderung grüner Technologien und digitaler Start-ups. Diese Zahl schließt direkte Subventionen, Infrastrukturausgaben, Forschungs- und Entwicklungsförderung sowie Kofinanzierungen mit ein.
Wachstum durch Diversifizierung
Neben der EDB investieren weitere multilaterale Entwicklungsbanken in Kasachstan und die Regierung ist weiterhin aktiv bestrebt, den Kontakt zu internationalen Finanzinstituten auszubauen. Die EBRD, die schon seit 1992 im Land tätig ist, hat bisher über 11 Milliarden Euro in 300 Projekte investiert.
Die Asiatische Infrastrukturinvestitionsbank (AIIB) mit Sitz in Peking finanziert gemeinsam mit der EDB den Ausbau des Flughafens Nur-Sultan in Astana, während die deutsche GIZ unter anderem Projekte zur nachhaltigen Landwirtschaft unterstützt. Die EU-Kommission beteiligt sich an der Finanzierung des Zentralasiatischen Wasserstoffkorridors, der sogenannten „grünen“ Wasserstoff nach Europa liefern soll.
Die internationale Rating-Agentur Moody gab Kasachstans Wirtschaftskurs zuletzt die höchste Bewertung seit der Erringung der Unabhängigkeit und hob damit die wachsende Kreditwürdigkeit des Landes hervor. Kritiker warnen jedoch vor einer zu großen Abhängigkeit von russischem und chinesischem Kapital.
Die EDB prognostiziert für Kasachstan ein jährliches Wirtschaftswachstum von 4,5–5% zwischen 2023 und 2026. Der Schlüssel hierfür sind die weitere Diversifizierung der Handelsrouten, die „grüne“ Transformation der Wirtschaft und die Stärkung des Privatsektors.
Kasachstan positioniert sich als Brückenbauer zwischen Ost und West. Präsident Tokajew betonte kürzlich: „Unser Ziel ist es, nicht nur Rohstoffe, sondern auch Innovationen zu exportieren.“ Mit Projekten wie dem Astana International Financial Centre (AIFC), das bereits 300 Fintech-Firmen angelockt hat, könnte das Land zum Silicon Valley Zentralasiens werden.