Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Peter Bleser, befindet sich derzeit auf einer Delegationsreise in Nordkasachstan. Vorgesehene Programmpunkte sind unter anderem politische Gespräche in Astana, eine Sitzung der Steuerungsgruppe des Deutsch-Kasachischen Agrarpolitischen Dialogs (APD), die Eröffnung des sechsten Feldtages des Deutschen Agrarzentrums in Tschaglinka, eine Betriebsbesichtigung sowie ein Gespräch mit dem Rektor der Nationalen Kasachischen Sejfullin-Agraruniversität. Peter Bleser wird sich dabei mit Vertretern des APD, der Mitgliedsfirmen der Assoziation zur nachhaltigen Entwicklung moderner landwirtschaftlicher Methoden und Technologien in Kasachstan (AMTK), des Deutschen Agrarzentrums sowie mit ehemaligen kasachischen Praktikanten deutscher Unternehmen und weiteren Partnern aus Kasachstan treffen. Vor seiner Abreise stand Bleser, selbst Landwirt, der DAZ in einem Interview Rede und Antwort.

Herr Bleser, was versprechen Sie sich von der Reise nach Nordkasachstan?

Ich freue mich, nach 2011 zum zweiten Mal in Kasachstan zu sein. Mein Besuch unterstreicht die hohe Bedeutung, die wir der deutsch-kasachischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Agrarwirtschaft beimessen. Wir wollen sie dauerhaft sichern und vertiefen. Vor fünf Jahren habe ich das Deutsche Agrarzentrum in Tschaglinka eröffnet. Nun kann ich mir vor Ort selbst ein Bild davon machen, wie gut es sich entwickelt hat.

Welches Potential sehen Sie in der deutsch-kasachischen Agrarkooperation?

Kasachstan mit seinem enormen landwirtschaftlichen Potential und Deutschland mit seinem Know-how sowie den auf vielen Gebieten vorhandenen Erfahrungen sind ideale Partner. Von einer Zusammenarbeit profitieren beide Seiten. Wir können die kasachische Landwirtschaft dabei unterstützen, ihr Potential besser auszuschöpfen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um die wachsende Weltbevölkerung auch zukünftig mit ausreichend gesunden und sicheren Nahrungsmitteln zu versorgen.

Wie hat sich die Kooperation in den letzten Jahren entwickelt?

Wir sind auf einem guten Weg. Der Deutsch-Kasachische Agrarpolitische Dialog hat sich für das Landwirtschaftsministerium Kasachstans und das Parlament zu einem wichtigen Berater entwickelt. Das Deutsche Agrarzentrum ist in der Agrarszene mittlerweile bekannt, die angebotenen Kurse sind gut besucht. Ein wichtiger Baustein ist zudem die Kooperation mit mehreren Universitäten. Beide Projekte sind auf den wichtigen Agrarmessen in Kasachstan und in Deutschland präsent.

Manche Agrarbetriebe von Kasachstandeutschen sind in der ganzen Republik bekannt. Kennen Sie einige davon? Was meinen Sie, warum ausgerechnet Kasachstandeutsche zu landwirtschaftlichen Überfliegern tendieren?

Ich erinnere mich gut an den Besuch bei Iwan Sauer vor fünf Jahren, im Betrieb „Rodina“. Ich war beeindruckt, auf welch hohem Niveau gearbeitet wird. Über den Erfolg der kasachstandeutschen Landwirte freue ich mich sehr. Die Mehrzahl der Deutschen, die nach Kasachstan kamen, waren Bauern. Daher haben sie noch immer eine enge Beziehung zur Landwirtschaft. Möglicherweise liegt es auch daran, dass sie deutsche Erfahrungen und Technologien frühzeitig genutzt und diese für die Entwicklung ihrer Betriebe eingesetzt haben. Auf dem Erfolg sollten sich die Landwirte aber nicht ausruhen. Nun gilt es, sich beständig weiterzuentwickeln.

Was kann man nach fünf Jahren „Deutsches Agrarzentrum“ über die binationale Initiative sagen? Welche Erfolge wären zu verzeichnen bzw. vielleicht auch Schwierigkeiten?

Das Deutsche Agrarzentrum wurde erfolgreich als anerkanntes Zentrum zur Vermittlung von praxisnahem Know-how zu moderner Landwirtschaft, aktuellen Methoden und neuester Technologie etabliert. Die Zusammenarbeit mit den westlichen Wirtschaftspartnern klappt gut, und auch die kasachische Seite leistet wertvolle Unterstützung. An den ständig wachsenden Zahlen der Kursteilnehmer lässt sich ablesen, dass das Deutsche Agrarzentrum in der kasachischen Landwirtschaft angekommen ist und vom kasachischen Staat, der Wirtschaft sowie von Bildung und Wissenschaft geschätzt wird.

Die nächste Herausforderung wird es sein, das zu einem überwiegenden Teil aus Deutschland finanzierte Projekt zu einer sich selbst tragenden dauerhaften Einrichtung mit festem Platz im kasachischen Weiterbildungssystem fortzuentwickeln. Die nächsten Jahre sollen dazu genutzt werden, die Zukunft des Deutschen Agrarzentrums gemeinsam mit den beteiligten westlichen Unternehmen und den kasachischen Partnern nachhaltig zu sichern.

Funktioniert der angedachte Wissenstransfer von deutschen an kasachstanische Experten und findet er bereits Anwendung in der Agrarpraxis Kasachstans?

Zahlreiche Betriebe schicken ihre Mitarbeiter regelmäßig zu Veranstaltungen im Deutschen Agrarzentrum, weil sie dort wichtige Praxistipps für die Nutzung neu beschaffter westlicher Technik und Ausrüstung erhalten. Die ackerbaulichen Demonstrationen und Fachseminare werden von landwirtschaftlichen Betrieben sowie Hochschul– und Collegelehrern als Anregung genommen, um Neuerungen beispielsweise im Bereich der Futterproduktion, der Anbauverfahren oder der Sortenwahl einzuführen. Bereits ein Drittel der Seminare wird von kasachischen Fachkräften durchgeführt, die dafür vom Agrarzentrum zu Referenten ausgebildet wurden.

Wie ich verstanden habe, ist eine Abkopplung von der deutschen Förderung (BMEL) angedacht. Wie kam es zu diesem Entschluss und wann soll es umgesetzt werden?

Dieser Entschluss ist nicht neu. Alle Projekte des BMEL und die damit verbundene Förderung sind auf einen bestimmten Zeitraum angelegt. Ziel der deutschen Förderung ist es, mit dem Projekt nachhaltige Strukturen zu schaffen, die auch nach dem Auslaufen der Förderung einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Agrar– und Ernährungssektors im Partnerland leisten. Das BMEL plant derzeit, das Projekt noch bis zu drei weiteren Jahren finanziell zu unterstützen, um den Übergang zu einer selbständigen Institution sicherzustellen.

Vielleicht haben Sie die immer noch brisante Thematik um Ländereien-Verkauf in Kasachstan verfolgt. Was halten Sie von dem Vormarsch der Chinesen auf dem landwirtschaftlichen Parkett Kasachstans?

Das ist eine Frage, die allein in Kasachstan beantwortet werden muss. Ich hielte es für falsch, wenn Deutschland sich hier einmischen würde. Wenn wir gefragt werden, können wir die Strukturen der deutschen Landwirtschaft mit ihren Vor– und Nachteilen, mit ihren Erfolgen und Problemen darstellen. Aber die Gegebenheiten sind sehr unterschiedlich. Daher muss Kasachstan in dieser und auch in anderen Fragen stets Lösungen entwickeln, die der eigenen Situation angepasst sind.

Wie sieht Deutschland seine künftige Rolle und Zusammenarbeit mit Kasachstan und seinen großen Flächen?

Wir werden die Zusammenarbeit mit unseren kasachischen Partnern auch weiterhin so gestalten, dass sie für beide Seiten gewinnbringend ist. Deutschland ist weltweit eines der führenden Länder im Bereich der Agrartechnik. Entwickelt sich die kasachische Landwirtschaft positiv, wird auch die Nachfrage nach deutscher Technik steigen. Andersherum kann die deutsche Technik dabei helfen, Erträge zu steigern und die Landwirtschaft damit profitabler zu machen. Im politischen Bereich setzen wir auf eine Fortsetzung des Agrarpolitischen Dialogs, um Erfahrungen auch in Zukunft austauschen und Know-how vermitteln zu können.

Das Interview führte Julia Boxler

Deutsch-kasachische Zusammenarbeit im Agrarbereich

Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Peter Bleser, reist derzeit in Kasachstan, um politische Gespräche mit dem kasachischen Landwirtschaftsministerium zu führen. Zudem eröffnete er am 18. August 2016 den Feldtag des „Deutschen Agrarzentrums Kasachstan“, eines im Jahr 2010 vom BMEL und mehreren Unternehmen gemeinsam ins Leben gerufenen bilateralen Kooperationsprojekts. „ Kasachstan ist für Deutschland ein wichtiger Partner in Zentralasien. Das Land unternimmt große Anstrengungen, seinen landwirtschaftlichen Sektor weiterzuentwickeln und das enorme Potenzial mit nachhaltiger Landwirtschaft besser auszunutzen“, erklärt Bleser. Vorrangig unterstützt Deutschland Kasachstan dabei aktiv mit seinen Erfahrungen und Kenntnissen in diesem Prozess. Nach Bleser sei das Deutsche Agrarzentrum ein sehr gutes Beispiel für die Zusammenarbeit beider Länder sowie der Wirtschaft.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ist derzeit mit zwei bilateralen Kooperationsprojekten (APD und DAZ) in Kasachstan engagiert. Zum einen zielt der Agrarpolitische Dialog (APD) darauf ab, die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und dem kasachischen Agrarsektor zu fördern. Die Themenfindung des Projektes geschieht dabei grundsätzlich nachfrageorientiert. Aktuelle Themenschwerpunkte sind die Ausgestaltung der rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen für die landwirtschaftlichen Genossenschaften, der ökologische Landbau sowie die Neuorganisation der agrarwissenschaftlichen Strukturen. Darüber hinaus erprobt und vermittelt das Zentrum praxisnah effiziente und nachhaltige landwirtschaftliche Produktionsverfahren. Es kooperiert mit Institutionen der kasachischen Agrarausbildung und der Wissenschaft. Kasachische Praktiker aus landwirtschaftlichen Betrieben und Multiplikatoren, wie Lehrpersonal aus Hochschulen und Kollegs, nutzen das breite Kurs– und Weiterbildungsangebot. Am Deutschen Agrarzentrum Kasachstan beteiligt sind europäische Wirtschaftspartner, die Sach– und Geldleistungen sowie Expertise einbringen. Deutsche Botschaft Astana

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