BKDR-Bildungsreise 2024
In der letzten Septemberwoche fand zum zweiten Mal in Folge die BKDR-Bildungsreise nach Georgien statt. Dabei konnte die etwa zwanzigköpfige Reisegruppe unter der Leitung von Mitarbeitern des Bayerischen Kulturzentrums der Deutschen aus Russland (BKDR), Olga Litzenberger und Waldemar Eisenbraun, zahlreiche Orte und Kulturstätten besuchen, die das kulturelle Erbe der ehemaligen deutschen Siedler nach wie vor in eindrucksvoller Weise präsentieren.
Mehrere deutsche Siedlungen, die im frühen 19. Jahrhundert in Georgien von vornehmlich schwäbischen Umsiedlern gegründet worden waren und bis zur Deportation der deutschstämmigen Bevölkerung nach Sibirien und Kasachstan im Jahre 1941 Bestand hatten, sind bis heute erhalten geblieben und werden von verschiedenen Förderern und Enthusiasten teilweise wiederaufgebaut. Die Exkursionsteilnehmer konnten schon am ersten Programmtag während der Rundfahrt durch Tbilissi die ehemaligen deutschen Siedlungen Neu-Tiflis und Alexandersdorf, die mittlerweile in die heutige Hauptstadt integriert sind, besichtigen.
Im Anschluss daran besuchten die Reiseteilnehmer zwecks Austausches die Interessenvertretung der Deutschen Georgiens „Einung“ und wurden vom Vorstand dieser Organisation und deren Projektleitern, die ausführlich über ihre Arbeitsfelder berichteten, freundlich in Empfang genommen.
Religion als Halt für die Kaukasusdeutschen
Den letzten Tagespunkt bildete der Besuch der evangelisch-lutherischen Versöhnungskirche, wo die Reisegruppe einen Kranz im Gedenken an die sowjetdeutschen Opfer während des Zweiten Weltkrieges niederlegte. Dort im Vorhof der Kirche befindet sich eine Gedenktafel, die an die evangelischen Christen und deren Deportation und Enteignung in der Zeit des Stalinismus erinnert. Initiiert und organisiert wurde die Kranzniederlegung von den Reiseleitern Olga Litzenberger und Waldemar Eisenbraun in Kooperation mit dem Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche von Georgien und dem südlichen Kaukasus Rolf Bareis.
Auch Pastorin Irina Soley erinnerte in ihrer Andacht an das tragische Schicksal der Kaukasusdeutschen, äußerte Dankbarkeit und Wertschätzung und vermittelte Hoffnung und Zuversicht. Sie hätten in vielen Bereichen wie der Landwirtschaft, dem Handwerk und der Wissenschaft bedeutende Beiträge geleistet. Ihre Geschichte sei geprägt von Herausforderungen, aber auch von einer bemerkenswerten Resilienz und einem starken Gemeinschaftsgefühl. Ihr Glaube habe diesen Menschen bis heute einen festen Halt gegeben, so die Pastorin.
Weinanbau nach deutscher Tradition
In den darauffolgenden Tagen fanden weitere Fahrten in ehemalige deutsche Siedlungen statt, wie nach Tamarissi (ehemals Traubenberg), Bolnissi (ehemals Katharinenfeld), wo heute noch Weinbetriebe weiterhin nach deutscher Tradition tätig sind. Im Zuge dessen wurde ebenfalls das vor einigen Jahren restaurierte und neu eingerichtete Emmanuel-Walker-Haus, das als Museum genutzt wird, in Bolnissi besichtigt. Gleichermaßen war ein Besuch des Nationalmuseums Bolnissi Teil der umfangreichen und vielseitigen Programmpunkte. Einige Reiseteilnehmer fanden sogar die ehemaligen Häuser ihrer Eltern sowie Großeltern und ließen sich davor fotografieren.
Darüber hinaus besuchte die Reisegruppe die Siedlungen Trialeti (Alexanderhilf) und Assureti (Elisabethtal), die unweit Nähe von Tiflis in der georgischen Verwaltungsregion Niederkartlien liegen, und besichtigte dabei die alten deutschen Baudenkmäler und Friedhöfe. Weitere beeindruckende Reiseziele an den Programmtagen waren unter anderem die Swetizchoweli-Kathedrale sowie das Kloster Dschwari, die zum UNESCO-Welterbe gehören.
Am Tag ohne feste Programmpunkte fand ein gemeinsamer Ausflug zur Burg Ananuri, die an der Georgischen Heerstraße, einer Fernstraße entlang der größten Gebirgskette des Kaukasus, liegt.
Am letzten Tag vor der Rückreise nach Deutschland suchte die Reisegruppe Sartitschala auf, ebenfalls eine der ehemaligen schwäbischen Siedlungen, die bis 1944 Marienfeld hieß. Den Abschluss bildete der Besuch eines deutschen Weinbetriebs in Sighnaghi, der mit einer Führung zur Historie des deutschen Weinanbaus verbunden war.
Deutsche Spuren in Georgien noch gegenwärtig
Die Reiseteilnehmer fanden schlussendlich noch sehr viele Spuren deutscher Kultur und Architektur in Georgien. Die alten Häuser sind zum Glück nicht alle dem Verfall preisgegeben. Es gibt zwar eine ganze Reihe von Gebäuden, die ganz dringend einer Restauration bedürfen, gleichzeitig gab es aber in den letzten dreißig Jahren ebenfalls einige beispielhafte Projekte des Wiederaufbaus und der Bewahrung deutscher Kulturobjekte in Tiflis (Tbilissi) sowie anderen Orten. Eines der Objekte ist die oben erwähnte neue evangelisch-lutherische Versöhnungskirche in Tiflis, die dank einer Privatinitiative des bereits verstorbenen deutschen Professors Gert Hummel (1933-2004) im Jahre 1997 gebaut und geweiht werden konnte. Auch das dazugehörige Altenheim sowie die Diakoniestation gehen auf seine Bemühungen zurück.
Die evangelisch-lutherische Gemeinde von Tiflis kümmert sich gegenwärtig um die Pflege der alten deutschen Friedhöfe in der Umgebung. Der im Jahre 2015 von Professor Oliver Reisner gegründete Verein zur Bewahrung des deutschen Kulturguts im Südkaukasus erhebt regelmäßig Daten zum Zustand mancher Gebäude und initiiert Projekte, die unter anderem den Wiederaufbau und Erhalt des alten architektonischen Erbes als Ziel haben.
Wenn Sie sich für weitere Details einer solchen Georgienreise sowie für das Kulturerbe der Kaukasusdeutschen interessieren, können Sie sich den Kurzfilm unter dem Titel „Auf deutschen Spuren in Georgien“ über die Bildungsreise im Jahr 2023 auf dem YouTube-Kanal „BKDR Kulturzentrum“ anschauen. Siehe dazu auch den QR-Code.