Wer kennt nicht die allseits beliebten Gerichte, die man auf jeder Speisekarte findet: Wiener Schnitzel, Schweinsbraten, Wildgerichte, Currywurst und mehr. Dennoch nehmen vegetarische, selbst vegane Angebote immer mehr zu. Vor allem in den Städten gibt es bereits neben den traditionellen Speisen meist eine Auswahl an fleischlosen Gerichten in Restaurants. In Almaty ist man davon noch weit entfernt. Jeder Vegetarier oder Veganer wird sich früher oder später informieren, ob denn keine rein vegetarischen oder veganen Restaurants in der Stadt existieren. Dabei stößt man unter anderem auf das TheGreenHouse, eine vegane Bar, die sich in einem Wellnessklub befindet. Bei einem Detox-Smoothie und kleinen veganen Leckereien spricht Geschäftsführerin Jelena Achmetowa über ihr Konzept.

Eine innovative Veganerin

Burger
Ein veganer Burger. | Foto: GreenHouse

Achmetowa ist im Osten Kasachstans geboren. Als sie klein war, zog ihre Familie nach Almaty. Die studierte Juristin und Ökonomin hat nach der Universität als Marketingdirektorin in einem Modemagazin gearbeitet, bevor sie die Bar 2013 eröffnete. Sie ist bereits seit neun Jahren Veganerin, ihre beiden erwachsenen Kinder ernähren sich ebenfalls vegan. Achmetowa hat immer zuhause für sich gekocht. Natürlich hat dies viel Zeit in Anspruch genommen, und ihr wurde bewusst, wie schwierig es für andere vollberufstätige und sich vegan ernährende Menschen sein muss, jeden Tag die Zeit zu finden, aufwendige Gerichte zu kochen: „Ich dachte mir eines Tages, ich liebe es zu kochen. Ich kann nicht als Direktor einer Marketingabteilung arbeiten und gleichzeitig all diese guten Gerichte kochen. Es gibt auch andere Leute, die ebenfalls gerne vegan kochen, aber keine Zeit dafür haben. Für sie habe ich die Bar eröffnet. Jetzt können sie ihrem Alltag nachgehen und hier essen, alles steht bereit.“

TheGreenHouse – die erste vegane Bar in Almaty

Ihre Kunden sind meist Besucher des Wellnessklubs oder Ausländer, die nach Almaty kommen und bereits im Vorfeld nach veganen Restaurants suchen. Einige finden sie auch über Instagram. Für die breite Masse ist das Angebot jedoch überdurchschnittlich teuer. Daher kommt man – wenn überhaupt – nur selten zu ihr. Achmetowa kennt fast alle ihre Kunden persönlich. Einige kommen und gehen während des Interviews, und es herrscht eine freundschaftliche Stimmung. In der Küche sind zwei Köchinnen beschäftigt, eine davon ist ebenfalls Veganerin.

FitgrasDas besondere an der Bar ist, dass es nicht nur veganes Essen bietet, sondern „raw vegan food“. „Raw“ bedeutet roh, ist aber nicht bloße Rohkost. Es ist ein Trend, bei dem Produkte mit nicht mehr als 40 Grad behandelt werden. Dabei sollen alle wichtigen Nährstoffe und Vitamine erhalten bleiben, die ansonsten beim Braten, Grillen und Kochen verloren gehen. Der Grundgedanke dahinter ist der, dass sich Menschen schon immer roh ernährt haben. Zudem ist es eine Gegenbewegung gegen die industriell verarbeiteten Lebensmittel, die immer mehr Überhand nehmen. Außerdem sind alle Speisen glutenfrei, zuckerfrei und ohne Gentechnik.

Obst und Gemüse beziehen sie von Bauern aus umliegenden Dörfern wie Talgar. Sie haben eine Vereinbarung und werden mit frischen Produkten beliefert. In der Speisekarte finden sich auch sogenannte „Superfoods“. „Superfoods“ ist eine Bezeichnung für äußert gesunde Lebensmittel, darunter fallen heimische Produkte, wie Sprossen oder Heidelbeeren sowie auch teure exotischere Varianten, wie Acai-Beeren, Chiasamen oder Rohkakao. Früher bestellten sie diese in Amerika, inzwischen findet man sie auch in lokalen Ökogeschäften, die es seit neuestem in Almaty gibt. Getreide, wie Quinoa, Bulgur, Reis, Weizen kaufen sie in Russland.

Gründe für den Fleischverzicht

Warum ist Achmetowa Veganerin? „Erstens liebe ich Tiere. Zweitens leben wir Menschen auf der Erde genauso wie Tiere auch auf der Erde leben. Sie sollen genauso wie wir Menschen hier leben können. Sie sind nicht hier, damit wir sie essen, damit wir Kosmetik an ihnen testen, dass wir aus ihrem Fell Pelze nähen. Sie leben hier genau wie wir und sollen das Leben genießen“, beteuert sie. Andererseits ist es der gesundheitliche Aspekt. „Wenn man Tiere tötet, fühlen sie es. Die Angst geht ins Blut über. Isst du dann das Fleisch, geht die Angst, die Aggression in dich über. Die Menschen erkranken an Krebs und anderen schlimmen Krankheiten. Zudem ist die Viehzucht schlecht für unseren Planeten.“

Röllchen
Veganes Sushi. | Foto: GreenHouse

Der Fleischkonsum in Deutschland beträgt 60 kg pro Kopf und Jahr und in Österreich sogar mehr als 100 kg. Bei diesen Mengen ist die Überlegung einer Einschränkung von Fleisch nicht verkehrt. Denn die meisten Menschen konsumieren nicht nur das frische Filet vom heimischen Metzger, sondern greifen gerne zu verarbeiteten Fleischprodukten wie Wurstwaren und Schinken, und diese sind meist mit vielen chemischen Zusatzstoffen versehen, die auf lange Sicht zu Krebs führen können. Zudem sind diese Produkte meist sehr kalorienhaltig und fördern so Übergewicht, das wiederum der Auslöser von Diabetes und Herzproblemen sein kann.

Die Tierhaltung ist oft auch ein ausschlaggebendes Argument. „Die Tierhaltung hier ist gleich wie in Europa, wenn nicht schlimmer“, sagt Achmetowa: Obwohl in Kasachstan genug Platz sei, lasse die Tiere niemand weiden. „Hühner sind auch in den kleinen Eisenkäfigen eingepfercht, weil sich so niemand um sie kümmern muss, niemand muss sie einsammeln. Das wäre sonst teurer. Und so sitzen sie in den Käfigen und werden mit Hormonen und Antibiotika gefüttert. Natürlich gibt es auch Leute, die zuhause mit ihren Tieren leben und wo die Hühner frei herumlaufen und Körner picken. Aber diese Erzeugnisse werden dann auf Märkten verkauft, im konventionellen Supermarkt findet man lediglich die Fabrikprodukte“, erklärt sie.

Tendenzen in Kasachstan

Ein Fazit kann aus diesen Fakten und Argumenten nun jeder für sich selbst schließen. Menschen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, seien laut Achmetowa „aufgewacht“. „Das sind Menschen, die nicht krank werden wollen, die nicht wollen, dass ihre Kinder krank werden und die Tiere lieben. Das sind gute Menschen!“ Noch gibt es nicht viele Vegetarier oder Veganer in Almaty oder Kasachstan allgemein. Das liege an der Mentalität: Kasachen waren Nomaden, die über die Steppe zogen, keinen Ackerbau betrieben, sondern sich vom Fleisch ihrer Tiere ernähren. Diese Ernährungsform ist bis heute erhalten geblieben. Doch auch hier in Kasachstan werden immer mehr Menschen krank. Deshalb beginnen sie allmählich, ihre Einstellung zum Essensverhalten zu verändern.

Empfehlungen und Tipps für Almaty

Da es in Almaty oft schwer ist, sich als Neuankömmling zurechtzufinden, vor allem, wenn man die Sprachen und Schriften nicht beherrscht, folgt eine kleine Übersicht an Essensmöglichkeiten für Vegetarier und Veganer:

  • Neben dem TheGreenHouse gibt es noch zwei Restaurants, die fleischlose Speisen anbieten: Das Govinda (просп. Абылай Хана 39) ist ein im indischen Stil gehaltenes Restaurant, das allerhand herzhafte, gut gewürzte sowie süße Speisen anbietet – ganz ohne Fleisch. Falafel ist inzwischen in aller Munde und der Fleischersatz schlechthin. Im Falafel forever (просп. Абая 89) kann man die beliebten Kichererbsenlaibchen ausprobieren.
  • Ansonsten finden sich auch einige Restaurants ausländischer Küchen, die viele vegetarische Angebote haben. Indische und asiatische Restaurants bieten neben Hauptgerichten mit Fleisch auch meist eine gute Auswahl an Hauptgerichten mit Gemüse an. Auch israelische Restaurants bieten traditionell eine weniger fleischbezogene Küche an. Die allseits bekannte und beliebte georgische Küche tischt auch vegetarische Spezialitäten auf: Chatschapuri in allen Variationen, dazu z.B. Pchali, eine kalte Vorspeise aus Gemüse und Nüssen, sowie die berühmten Auberginenröllchen mit Walnusspaste, oder Lobio, ein Gericht aus Bohnen und frischem Koriander.
  • Neben Restaurantbesuchen kann man sich auch leicht selbst mit fleischlosen Speisen und „Streetfood“ versorgen. In der kasachischen Nationalküche gibt es kaum Hauptgerichte ohne Fleisch. Dennoch bietet sich Shashlyk mit Kartoffeln und Gemüse und Brot an, sowie Samsa mit Kartoffelfüllung. Oder man weicht auf eine andere Küche aus und probiert ukrainische Vareniki aus dem Tiefkühlregal, wahlweise süß oder pikant, ebenfalls mit Kartoffeln gefüllt oder den russischen Kebab Schawerma oder Döner in der vegetarischen Variante. Auch Kascha, ein in Russland beliebtes Frühstück, ist sehr vielseitig: Flocken aus Hafer, Gerste, Weizen, Mais, Buchweizen oder sogar Reis lassen sich ebenfalls entweder mit Milch und gesüßt oder pikant mit Salz und einem Stückchen Butter zubereiten. Kasachstan ist auch bekannt für seine Sauermilcherzeugnisse sowie die Teekultur. Im Supermarkt finden sich meist viele frisch zubereitete Salate aus verschiedenem Gemüse in der Kühltheke und am Markt kann man sich mit einer gut bestückten Auswahl an frischem Obst und Gemüse versorgen. Verhungert ist hier wohl noch kein Vegetarier.

Folgende Geschäfte erinnern eher an Reformhäuser mit allerhand Lebensmitteln: ЭкоМагазин Biorganic.kz (ул. Гоголя 99/105) und Eco Food (ул. Брусиловского 247).

Für nähere Informationen siehe: https://www.facebook.com/thegreenhousekz/

Lisa Marie Lang

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