„Deutsche singen kasachische Lieder“ – geben Sie diesen Satz in eine Internet-Suchmaschine ein und Sie werden die bunte Kreativität eines interessanten und talentierten Paares aus Deutschland kennenlernen.

Wo fängt die Heimat an?

Paul Friedrich und Olga Kasper stammen aus Kasachstan, sind aber in den schwierigen 90er Jahren, wie die meisten Deutschstämmigen, nach Deutschland gezogen. Doch auch wenn sie ihren Wohnort gewechselt haben, so sind ihre Herzen dennoch ihrer Heimat treu geblieben: Kasachstan, die Heimat, nach der sich ihre Seele sehnt, lebt immer noch in ihnen. 2022 wurde ihr kreatives Kollektiv „OPM-musikevent“ mit dem Orden „Dostyk“ II. Grades und der Medaille „Shapagat“ für den Beitrag zur Entwicklung der interkulturellen Beziehungen und zur Popularisierung der kasachischen Popmusik in Deutschland ausgezeichnet. Die hohe Auszeichnung wurde Paul Friedrich und Olga Kasper in einer feierlichen Atmosphäre in der Botschaft der Republik Kasachstan in Deutschland überreicht.

Paul und Olga sind in der Lage, alte und moderne Lieder in kasachischer Sprache zu singen, eine Hochzeit in bester kasachischer Tradition zu organisieren sowie eine Party im kasachischen Stil zu veranstalten. Veranstaltungen zur Bewahrung und Entwicklung der nationalen und kulturellen Identität Kasachstans sind in Deutschland sehr beliebt. Nicht nur Einheimische aus Kasachstan, sondern auch einheimische Deutsche versuchen, sie zu besuchen. Dabei ist anzumerken, dass die Feste oft nur in kasachischer Sprache abgehalten werden – Paul spricht sie fließend. Er betrachtet Kasachisch als seine Muttersprache, die er in seiner Kindheit im Dorf Aksuat, Region Semipalatinsk (heute Region Ostkasachstan, – Anm.) erlernt hat.

Die Coverversionen von so berühmten Liedern wie „Almatynyn tunderi-ai“, „Seni Suyem“ und „Shudyn Boyynda“, die das Duo „OPM-musikevent“ in kasachischer, russischer und deutscher Sprache häufig vortragen, machten Paul Friedrich und Olga Kasper im kasachstanischen Internet sofort berühmt. Der Videoclip zum Lied „Almatynyn tunderi-ai“, der auf YouTube mit der Bildunterschrift „Wir widmen dieses Lied unserer Heimat Kasachstan“ veröffentlicht wurde, erreichte Millionen von Aufrufen.

„Man kann seine Heimat nicht aus dem Herzen verdrängen“, sagte Olga und erklärte, dass man weggehen, Orte verlassen kann, die einem am Herzen liegen, aber man kann sie nicht aus seinem Herzen löschen. „Die Schönheit und Weite der kasachischen Steppe ist für immer in uns geblieben. Von ihnen geht unsere Heimat aus. „Die Lieder, die wir an Feiertagen in kasachischer Tracht und in kasachischer Sprache vortragen, werden von den Menschen sehr positiv, fröhlich und manchmal sogar enthusiastisch aufgenommen. Das inspiriert uns zu weiterer Kreativität.“

Nach Angaben der Musiker hatte Paul vor zwölf Jahren die Idee zu einem Projekt, das die ursprüngliche spirituelle Kultur des kasachischen Volkes in Deutschland bewahren und popularisieren sollte. Im Jahr 2011 sang er ein Lied von Dos-Mukasan mit dem Titel „Toi Zhyry“, das im Internet und in den sozialen Netzwerken buchstäblich sofort viral ging. Erst ein paar Jahre später erfuhr Paul Friedrich zufällig, dass er in Kasachstan eine ganze Armee von Fans hat und dass ein Videoclip, den er auf seinen Knien geschnitten hatte, vier Millionen Aufrufe hatte.

„Die Komposition ‚Toi Zhyry‘ war, glaube ich, der Ausgangspunkt, an dem die Idee entstand, die kasachische Nationalkultur in Deutschland zu fördern. Ich habe Olga meinen Vorschlag unterbreitet, und sie hat ihn unterstützt“, gab Paul Friedrich im Gespräch zu. „Auf unseren Festveranstaltungen geben wir den Menschen die Möglichkeit, sich an ihre Ursprünge zu erinnern, in die Geschichte, Kultur, nationalen Traditionen und Bräuche Kasachstans einzutauchen. Und unsere Seiten in den sozialen Netzwerken sind Plattformen, auf denen sich Deutsche, Kasachen, Russen, Ukrainer, Tschetschenen und Vertreter anderer Nationalitäten im Zeitalter der weltweiten Kommunikation an den Liedern erfreuen können, nicht zögern, Emotionen auszudrücken, sich zu erinnern… Schließlich, so geht aus den Kommentaren hervor, vermissen viele Kasachen die Deutschen, die abgereist sind, die Deutschen wiederum vermissen die Kasachen und ihre heimatliche kasachische Steppe…“

Auf die Frage: „Wie haben Sie es geschafft, die kasachische Sprache perfekt zu beherrschen?“, antwortete Paul, dass es ganz einfach war – er wuchs in einem kasachischen Dorf auf. Für viele Mitglieder der Familie Friedrich war die Sprache ein Kinderspiel. Pauls Vater zum Beispiel konnte Kasachisch genauso gut wie Deutsch und Russisch.

„Mein Großvater und meine Großmutter wurden 1941 mit ihrer Familie von der Krim nach Kasachstan deportiert. Das gemeinsame Unglück brachte uns näher zusammen… Nach und nach lernten viele der Deutschen die kasachische Sprache, und einige Kasachen sprachen sogar Deutsch“, so Paul. „Wenn wir bei unseren Auftritten in Deutschland auf Kasachisch singen und sprechen, freuen sich viele der Anwesenden, denn die meisten von ihnen haben Sehnsucht nach Kasachstan.“

Ethnizität ist modern

Das ungewöhnliche und charismatische Repertoire der Musikgruppe OPM-musikevent ist auch für einheimische Deutsche interessant – sie sind fasziniert von den Stimmen, der Art des Auftritts und den orientalischen Melodien, wie Paul betont. Heute ist Ethnizität in Kleidung, Musik und anderen Dingen überall auf der Welt beliebt. Europa und Deutschland bilden da keine Ausnahme. Die Verbindung von alten volkstümlichen nationalen Traditionen und Modernität in Liedern und Melodien ist exklusiv, besonders individuell. Originalität findet zunehmend Beachtung. Und Europa wiederum setzt zunehmend auf Multikulturalität.

Autorin: Marina Angaldt.

Übersetzung: Annabel Rosin.

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