Kasachstan bringt sich schon länger als möglicher alternativer Energielieferant für den Westen ins Spiel. Nun könnte kasachisches Öl die PCK-Raffinerie in Schwedt am Laufen halten, die durch den freiwilligen Verzicht der Bundesregierung auf russisches Öl größeren Schaden fürchtet.
Die Tochterfirma des Rosneft-Konzerns, Rosneft Deutschland, hat dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Rohöl aus Kasachstan als Alternative zu Lieferungen aus Russland ab dem kommenden Jahr angeboten. Das geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung der Interessengemeinschaft der Unternehmerverbände Ostdeutschlands und Berlin, der Unternehmervereinigung der Uckermark und des Unternehmerverbands Brandenburg-Berlin e. V. hervor.
Demnach gab es am 14. Juli ein Gespräch der Unternehmerverbände mit dem Staatssekretär aus dem BMWK Jens Keller (Bündnis 90/Die Grünen). Anlass war, dass die Verbände wirtschaftliche Schäden für Schwedt, die Uckermark und die PCK-Raffinerie in Schwedt durch den freiwilligen Verzicht der Bundesregierung auf russisches Öl beklagen. Die Alternative würde nun vorsehen, dass kasachisches Erdöl über die Druschba-Pipeline nach Schwedt transportiert wird, ohne Embargobestimmungen zu unterliegen. „Zusammen mit Rohöl-Lieferungen über die Pipeline aus Rostock könnte der Weiterbetrieb der PCK-Raffinerie in Schwedt so voraussichtlich zu 100 Prozent sichergestellt werden“, heißt es weiter in der Mitteilung.
Sollten „alle Stricke“ reißen, fordern die Interessengemeinschaft der Unternehmerverbände Ostdeutschlands und Berlin, der Unternehmerverband Brandenburg-Berlin und die Unternehmervereinigung Uckermark allerdings, dass weiterhin russisches Erdöl durch die Druschba-Pipeline fließen solle. Letztlich sei es niemandem zu vermitteln, warum Erdgas aus Russland importiert werden dürfe, das Gleiche aber für Erdöl nicht gelten solle.
EU-Sanktionen betreffen bislang nur Öllieferungen auf dem Seeweg
Im Zusammenhang mit den Kampfhandlungen in der Ukraine haben die westlichen Länder zahlreiche Sanktionen gegen Russland verhängt, darunter auch gegen Energieträger aus dem größten Land der Erde. Das sechste Sanktionspaket beinhaltet ein vollständiges Verbot der Einfuhr von russischen Erdölerzeugnissen auf dem Seeweg, was derzeit etwa 90 Prozent der Ölimporte der EU aus Russland entspricht. Pipeline-Rohöl ist davon vorübergehend ausgenommen, „um sicherzustellen, dass die Nutzung russischen Öls in geordneter Weise auslaufen kann“, heißt es von Seiten der EU. Die Bundesregierung hat dennoch ihrerseits einen freiwilligen Verzicht auf russisches Öl angekündigt.
Hoffnungsvolle Blicke in Deutschland und der EU richten sich deshalb schon länger nach Kasachstan, das in dem kriegerischen Konflikt neutral bleibt und mehrfach bekundet hat, sich an die westlichen Sanktionen gegen Russland halten zu wollen. Am 4. Juli verkündete etwa Präsident Tokajew zur Überraschung vieler Beobachter, dass Kasachstan die EU bei der Überwindung seiner Energieknappheit unterstützen wolle. Wenige Tage später setzte ein russisches Gericht die Tätigkeit der wichtigsten kasachischen Ölpipeline Richtung Westen wegen angeblicher Umweltbedenken für zunächst 30 Tage aus. Auch wenn ein höheres Gericht das Urteil später gegen eine symbolische Strafzahlung aufhob, wurde die Maßnahme als Warnung und Strafe für Kasachstans freundlichen Kurs gegenüber dem Westen in Energiefragen interpretiert.
cstr.