Der russlanddeutsche Schriftsteller, Literaturkritiker und Übersetzer Herold Belger ist 80 Jahre alt geworden. Sein Schicksal prägte sein Leben und bereicherte es gleichzeitig. Nach wie vor glaubt er an die Kultur der Russlanddeutschen. Zum Jubiläum widmet ihm die DAZ diese Ausgabe.
Er ist Träger des Bundesverdienstordens für seine Verdienste um die Völkerverständigung zwischen Deutschland und Kasachstan und ist eine Symbolfigur: Der Schriftsteller, Übersetzer, Publizist und Literaturkritiker Herold Belger feiert seinen 80. Geburtstag.
Träger dreier Kulturen
Er ist in Kasachstan und Deutschland als Mittler zwischen drei Kulturen bekannt – der deutschen, dasachischen und russischen. Denn er ist als ethnischer Deutsche im Kasachischen Umfeld aufgewachsen. Geboren wurde er am 28. Oktober 1934 in Saratow. Von seinen Großeltern lernte er den Hessischen Dialekt. 1941 wurde er mit seinen Eltern nach Kasachstan deportiert.
Dort wuchs er in einem Aul auf und begann dort Kasachisch zu lernen. Diese Zeit hat sein Leben und Schaffen bis heute geprägt. „Die Verflechtung dreier Kulturen ist mein größter Reichtum. Ich trage mit mir drei Säcke herum: einen russischen, einen kasachischen und einen deutschen. Wenn man nur einen davon entfernt, dann wird mich das verarmen“, sagt der berühmte Literaturkritiker über sich.
Nicht nur drei verschiedene Kulturen und Sprachen, sondern auch das Schreiben haben Belger geprägt. Schon als junger Schüler hat er Tagebücher und Gedichte geschrieben, zuerst in kasachischer, später während des Studiums, in russischer Sprache.
Vor allem seine Sprachkenntnisse verhalfen ihm damals dazu, sich an der Abai-Universität zu immatrikulieren. Für ihn als ethnischer Deutscher war ein Studium damals unerreichbar. Dies änderte sich erst mit dem Beginn der Chrutschew‘schen Tauwetterperiode. Er durfte sich erst im Jahr 1954 an der Abai-Universität in Alma-Ata immatrikulieren.
„Ich bin Fatalist“
Berühmt geworden ist Belger durch mit seiner Übersetzung des Werkes von Abai Kunanbajew aus dem Kasachischen ins Russische. Ebenso widmete er sich der Literatur der Russlanddeutschen, die er auch ins Russische übersetzte.
„Ich sage immer, dass die Russlanddeutschen eine besondere Ethnie sind. Das Volk der Russlanddeutschen hat seine eigene Kultur, seine eigene Literatur, seine eigene Charaktereigenschaften,“ sagt Herold Belger. Er glaubt fest an die Kultur der Russlanddeutschen und steht auch heute noch im ständigen Briefwechsel mit russlanddeutschen Schriftstellern, egal ob sie ausgewandert oder geblieben sind.
Das Leben des jungen Belger war gerpägt von Schicksalsschlägen. Mit zwölf Jahren ist er schwer erkrankt, musste auf Krücken in die Schule gehen. Er ließ sich jedoch nie unterkriegen. „Ich bin auf eine Art Fatalist“, gibt er zu.
Schreibend bleibt er sich selbst und seinen Lesern erhalten, auch im hohen Alter. „Nachdem ich einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall erlitten habe sagte mir eine Stimme: Solange du noch mit der Schreibfeder auf dem Papier herumkratzt, werde ich dich in Ruhe lassen. Sobald Du damit aufhörst, hole ich dich“. Belger schreibt und bleibt. Wenn es keine Prosa ist, dann arbeitet er an einer Kritik oder eben an einer Übersetzung.
Herold Belger war seit 1992 Herausgeber der Literaturzeitschrift „Phönix“ und von 1994 bis 1995 Abgeordneter im obersten Rat der Republik Kasachstan. Sein Roman „Haus der Heimatlosen“ erschien 2010 auch in deutscher Sprache. Er handelt vom Neuanfang der Russlanddeutschen in Kasachstan und ist gleichzeitig eine authentische Erzählung ihrer Geschichte.