Um 22 Prozent sei der Anteil der erneuerbaren Energien 2017 in Kasachstan gestiegen, teilte das kasachische Energieministerium kürzlich mit. Die Zahl klingt erst einmal gut, doch beträgt der Anteil der regenerativen Energien in Kasachstan momentan gerade einmal ein Prozent. Dabei hat das Land ehrgeizige Ziele: Bis 2030 soll der Anteil 30 Prozent betragen, 2050 soll die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien kommen.
Im Zuge der EXPO 2017 in Astana hat sich Kasachstan den Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Fahnen geschrieben. Momentan wird jedoch gerade einmal ein Prozent der Stromerzeugung aus Solar-, Windkraft- und Biogasanlagen gewonnen. 2017 entsprach dies 1,1 Milliarden Kilowattstunden (kWh) – ein Anstieg um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie das kasachische Energieministerium Anfang Januar mitteilte.
Momentan gibt es 55 Windkraft-, Solar- und Biogasanlagen in Kasachstan mit einer Produktionsleistung von 335 Megawatt. Das reicht, um ungefähr 230.000 private Haushalte mit Strom versorgen zu können. Für ein Land mit über 18 Millionen Einwohnern klingt das wenig. Eines der größten Hindernisse, um den Anteil der regenerativen Energien zu steigern, seien die hohen Kosten, heißt es aus dem Energieministerium.
Lesen Sie auch: „Die Energiewende ist auch eine Lebensstilwende“
Realistische Ziele?
2013 verabschiedete Kasachstan das „Nationale Konzept für den Übergang zu einer Grünen Wirtschaft bis 2050“, welches die zukünftige Entwicklung durch umweltfreundliche Politik skizziert. Der ehrgeizige Plan sieht einen Anstieg des Anteils erneuerbarer Energien in der Stromerzeugung auf 30 Prozent bis 2030 und 50 Prozent bis 2050 vor.
2018 sollen 1,7 Milliarden kWh aus erneuerbaren Energien produziert werden. Wurden im vergangenen Jahr drei neue Wasserkraftwerke, eine Windkraftanlage und eine Solaranlage in Betrieb genommen, ist in diesem Jahr die Installation von zehn weiteren Anlagen mit einer Kapazität von 123 Megawatt geplant. Die Energieeffizienz soll bis 2020 um 25 Prozent steigen. Mitte Januar nahm Energieminister Kanat Bosumbajew an der Versammlung der Internationalen Organisation für erneuerbare Energien (IRENA) in Abu-Dhabi teil. Dort kündigte er an, eine Auktion durchführen zu wollen. Sie soll internationale Investoren anlocken, den Wettbewerb erhöhen und so die Kosten des Ausbaus der erneuerbaren Energien um die Hälfte reduzieren. Damit soll die Energiekapazität auf ein Gigawatt erhöht werden.
Lesen Sie auch: Ideen zu Kasachstans Energiewende
Kohle liegt vorn
In Kasachstan werden mehr als 70 Prozent des Stroms durch Kohlekraftwerke erzeugt, rund 13 Prozent durch Wasserkraftwerke, zehn Prozent von Erdgas und knapp fünf Prozent durch Öl. Obwohl Kasachstan der größte Uranproduzent weltweit ist, wird keine nukleare Energie in dem Land genutzt. Schon im Jahr 1999 hat Kasachstans einziges Atomkraftwerk in Aktau die Arbeit eingestellt.
Gemessen an der Einwohnerzahl, gehört Kasachstan zu den größten CO2-Emittenten der Welt. 2016 hat Kasachstan das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet, das vorsieht, die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Deshalb soll in diesem Jahr ein Quotensystem eingeführt werden, ähnlich dem Emissionshandel in der Europäischen Union: Wer mehr Kohlendioxid ausstößt als von der Quote vorgesehen, muss extra Zertifikate kaufen. Wer weniger CO2 produziert, kann seine Zertifikate verkaufen.
Veraltete Infratsruktur
Aufgrund zu vieler Zertifikate und eines damit einhergehenden Preisverfalls stand der EU-Emissionshandel lange Zeit in der Kritik und wurde als nicht wirksames Instrument im Kampf gegen den Klimawandel angesehen. Zudem gehen Schätzungen davon aus, dass Kasachstans Kohlevorkommen noch für die nächsten 150 Jahre reichen. Außerdem nimmt der Stromverbrauch in der Republik zu. Allein im Januar sei der Energieverbrauch um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen, teilte Vize-Energieminister Gani Sadibekow Ende Januar mit.
Diesen Anstieg können erneuerbare Energien zumindest im Moment kaum auffangen. Dabei hat das Land eigentlich die besten Vorraussetzungen hierfür: In der Steppe gibt es schließlich genug Wind und Sonne.
Ein weiteres Problem des kasachischen Energiesektors: Das Alter vieler Kraftwerke und des Stromnetzes. Ein Großteil der Infrastruktur stammt noch aus der Sowjetunion und ist über 35 Jahre alt. Veraltete Leitungen führen zu einem Verlust von durchschnittlich 18 Prozent des produzierten Stroms, während er vom Kraftwerk in die Haushalte fließt.
Lesen Sie auch: Auf dem richtigen Weg? Kooperation zur Energiewende
Unterstützung aus Europa
Am Ausbau der erneuerbaren Energien sind auch europäische Unternehmen beteiligt. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) fördert mehrere große Projekte in Kasachstan. Nach eigenen Angaben ist sie der größte institutionelle Investor in Kasachstan mit bisher mehr als 7,3 Millionen Euro. Novastan.org berichtete in der vergangenen Woche, dass das Unternehmen Urbasolar aus Montpellier mit Hilfe der EBWE eine Solaranlage mit einer Kapazität von 14 Megawatt in Südkasachstan bauen wird. Der kasachische Windpark Jerementau 1 wurde bereits mit deutscher Hilfe errichtet. Das deutsche Logistikunternehmen EuroGUS hat schon mehrmals Windkraftanlagen von Deutschland nach Kasachstan transportiert. Dabei handelt es sich um gebrauchte Windkraftanlagen, die „repowert“, also aufgerüstet werden, um eine höhere Leistung zu erbringen.
Zudem führen die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ebenso wie die EU in Kasachstan regelmäßig Schulungen zu den Themen „grüne Wirtschaft“, erneuerbare Energien oder Energieeffienz durch. Die Handyapp „Urbane Ecken“ des Goethe-Instituts führt Kinder und Jugendliche spielerisch an die Themen Erneuerbare Energien und Umweltverschmutzung heran.
Zusammen mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat das Energieministerium eine Arbeitsgruppe gegründet, um ein neues Umweltgesetzbuch auszuarbeiten. Das neue Gesetzbuch soll spätestens im Dezember 2019 dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden, sagte Sadibekow am 26. Januar.
Es geht um ressourceneffizienteres Wirtschaften und die Einführung des Verursacherprinzips. Das heißt: Die Kosten zur Vermeidung und Beseitigung sowie zum Ausgleich von Umweltverschmutzungen soll künftig auch in Kasachstan der Verursacher tragen.