Seit dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung sinkt der Wert des Euro gegenüber dem US-Dollar. Euro-Kritiker fordern nun das Ende der Währungsunion – „kompletter Unsinn“, wie der Chef der Europäischen Zentralbank Claude Tichtet meint.

Seit dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung sinkt der Wert des Euro gegenüber dem US-Dollar. Euro-Kritiker fordern nun das Ende der Währungsunion – „kompletter Unsinn“, wie der Chef der Europäischen Zentralbank Claude Tichtet meint.

Lange galt der Euro als europäisches Vorzeigeprojekt. Doch das Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung nährt nun die Sorge über eine Krise des Einigungsprozesses in Europa. Insofern bewegt sich auch der Euro derzeit in unruhigen Fahrwassern.

Am internationalen Devisenmarkt büßte der Euro schon seit Wochen gegenüber dem US-Dollar an Wert ein. Die Währungshändler hatten sich auf das Nein Frankreichs und der Niederlande zur EU-Verfassung eingestellt.

Erhielt man für einen Euro vor rund drei Monaten noch rund 1,34 US-Dollar, so sind es derzeit nur noch etwa 1,22 US-Dollar. Von einem Absturz kann aber dennoch nicht die Rede sein: Der Euro bewegt sich immer noch auf recht hohem Niveau gegenüber dem US-Dollar.

So sieht auch Claude Trichtet, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), die momentane Abwertung als normale Marktreaktion an. Und mancher deutscher Exporteur kann sich sogar freuen. Werden doch deutsche Produkte in den USA nun billiger. Für die Exportwirtschaft eröffne der gesunkene Außenwert der europäischen Gemeinschaftswährung neue Absatzchancen, so der Bundesverband des Groß- und Außenhandels (BGA).

Die Ablehnung der EU-Verfassung durch zwei Kernnationen Europas bewegt jedoch nicht nur spekulierende Devisenhändler und die Exportwirtschaft – sie hat eine prinzipielle Diskussion über die Zukunft des Euros angestoßen. Der international renommierte Währungsexperte Paul de Grauwe forderte beispielsweise eine funktionierende politische Integration in Europa, damit die europäische Währungsunion überhaupt funktioniere. Ansonsten würden sich die nationalen Regierungen nicht an eine gemeinsame Wirtschaftspolitik halten.

Ökonomen diskutieren derzeit die theoretischen Folgen eines Scheiterns des Euro – mancher Politiker fordert gar das Ende der Währungsunion. Robert Maroni, Arbeits- und Sozialminister Italiens, sprach sich für den Austritt seines Landes aus der Eurozone und die Wiedereinführung der alten Landeswährung Lira aus. Der Euro habe sich angesichts der schwachen Konjunktur sowie der hohen Arbeitslosigkeit als unzureichend erwiesen, behauptete Maroni.

Der Chefvolkswirt der EZB (Europäische Zentralbank) Ottmar Issing räumte ein, dass die Eurozone kein optimaler Währungsraum sei. Die Notenbank wehrt sich jedoch berechtigterweise gegen den gegenwärtigen Druck auf ihre Zinssetzung und den Euro. Vor der Euro-Einführung war klar, dass bei einer gemeinsamen einheitlichen Währungspolitik der Leitzins weniger als Ausgleichsmechanismus für nationale wirtschaftliche Ungleichgewichte in Europa fungieren kann – zumal es flexible Wechselkurse innerhalb der Eurozone nicht mehr gibt.

Der Leitzins der EZB liegt nun schon seit einiger Zeit bei zwei Prozent – ein historischer und investitionsfreundlicher Tiefststand. Ohne einen Fortgang der politischen Einigung und einer Stärkung der wettbewerbswirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf Güter- und Arbeitsmärkten wird Europa jedoch keine spürbare Wachstumsdynamik und eine Senkung der Arbeitslosigkeit erreichen. Die Währungsunion hat hier noch einiges zu leisten. Forderungen nach deren Auflösung nannte der EZB-Präsident jedenfalls „kompletten Unsinn“. Ottmar Issing sprach gar von „ökonomischem Selbstmord“.

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