Aktuell wird die Frage der Inflation weltweit sehr heftig diskutiert. Die entsprechenden Zahlen sind auch alarmierend. Auf fast 7 Prozent ist im Durchschnitt die weltweite Rate angestiegen, so hoch wie seit den 1970er Jahren nicht mehr.

Aus territorialer Sicht sind die Inflationstreiber die Schwellenländer, vor allem die großen, wie China, Indien, Indonesien und Brasilien, während die Rate in den Industriestaaten bei 3 bis 5 Prozent liegt. Auch das ist im Schnitt immer noch doppelt so viel wie erwünscht. Das Besondere in den westlichen Staaten ist dabei, dass die für die Inflationsbekämpfung zuständigen Nationalbanken, vor allem in den USA, selbst einen Gutteil des Problems bewirkt haben. Um die nach heutigen Erkenntnissen längst nicht ausgestandene Finanzkrise einigermaßen in den Griff zu bekommen, wurden alle Geldschleusen geöffnet und konkursbedrohte Banken und Finanzinstitute mit billigen Krediten ausgestattet. Dieses im Vergleich zur Warenmenge viel zu hohe Wachstum der Geldmengen ist neben einer Reihe von Gründen aus dem physischen Bereich – hohe Preise für Energieträger und Nahrungsmittel – eine zentrale Ursache für das betrachtete Problem. Die Finanzkrise bewirkt also nicht unwesentlich die Beflügelung der Inflation. An diesen beiden Größen hängt natürlich auch die Dynamik einer Reihe weiterer volkswirtschaftlicher Größen. Die klassischen sind Nachfrage, Konjunktur, Beschäftigung und Staatseinnahmen, auf die hier jedoch nicht eingegangen werden soll.

Eine andere Größe im großen Ganzen hat mich in letzter Zeit mal wieder interessiert: der Goldpreis. Dieser hat sich von etwa 300 Dollar pro Unze Feingold zu Beginn dieses Jahrzehnts auf das Allzeithoch von 1.032 Dollar geschwungen. Auch wenn er in den letzten zwei Monaten wieder auf etwa 8oo Dollar abgesunken ist, bleibt er überdurchschnittlich hoch. Was hat nun Gold mit Inflation und Finanzkrise zu tun? Direkt eigentlich nichts. Schließlich ist Gold ein Metall, und unser heutiges Geld nur fast wertloses, wenn auch lustig bedrucktes Papier. Und dennoch gibt es natürlich sehr direkte Verbindungen, die dazu führen, dass im Moment die Rufe nach dem Gold als Währungsschutz wieder lauter werden. Klar, unser Papiergeld hat einen zentralen Nachteil: Es ist beliebig vermehrbar. Theoretisch kann die Nationalbank unbegrenzte Mengen davon drucken lassen. Das ist möglich, weil es eigentlich keinen eigenen Substanzwert hat.

Gold hatte etwa 100 Jahre lang (bis 1914) in vielen Ländern die direkte Geldfunktion übernommen und war danach ein Mittel der Wertsicherung („Reservefunktion“) des bedruckten Papiers. Erst seit 1972 haben wir als Geldhauptform Geldnoten. Der Glanz des Goldes im Geldbereich resultiert aber nicht aus seiner Historie, sondern weil es begrenzt ist und nicht beliebig vermehrbar. 160.000 Tonnen Gold hat die Menschheit bis heute gefördert. Schätzungen besagen, dass in der Erde noch 92.000 Tonnen schlummern, die Hälfte davon ist noch förderwürdig. Weiterhin ist Gold überall in der Welt auch als Zahlungsmittel anerkannt. Es hat keinen Wechselkurs, unterliegt zwar Preisschwankungen, aber keiner Inflation. Hundert Gramm sind auch nach zehn Jahren noch hundert Gramm. Lediglich der physikalische Abrieb kann ihm etwas antun, nicht aber andere chemische Substanzen. Nicht mal Mäuse knabbern es an, was bei im Kopfkissen versteckten Dollarscheinen ja schnell mal passieren kann. Das meine ich zwar eher spaßig, aber real erleiden die Besitzer von Aktien und Anleihen, aber auch die von klassischem Bargeld im Moment drastische Verluste, während sich die Goldbesitzer über tendenziell steigende Preise freuen.

Auch wenn Gold heute offiziell in der Geldwirtschaft der Welt keine Rolle als Reservemittel mehr spielt – die Notenbanken haben in ihren Tresoren aus Zeiten des Goldstandards (bis 1971) immer noch 29.821 Tonnen gelagert – ist es für viele kleine und große Investoren immer noch der heimliche Star. Hauptursache dafür ist eben seine Inflationssicherheit. Die Nachfrage nach ihm bleibt im Moment ungebrochen hoch, der Preis sinkt keinesfalls wegen gesunkener Nachfrage, sondern infolge spekulativer Einflüsse.

„Gutes Geld ist eines, das durch Gold oder Silber gedeckt ist.“ Auf diesen Satz bekamen meine Ökonomenkollegen vor 100 Jahren eine Bestnote im Examen. Heute schimpfe ich sie dafür aus. Allerdings manchmal auch mit leichten Zweifeln. Diese können nur die Nationalbanken durch eine Rückkehr zu einer konsequenten Politik der Inflationsbekämpfung ausräumen. Neben anderen Dingen müssen sie dazu der Versuchung wiedererstehen, die Papiergeldmenge leichtsinnig zu vermehren. Müssten die heutigen Notenbanker die entsprechende Goldmenge für die Ausweitung der Geldmenge bereitstellen, hätten wir längst keine Inflation mehr.

Bodo Lochmann

12/09/08

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