Es geht im Moment unruhig zu im Bankensektor Kasachstans. Vor allem um die BTA-Bank hält der Wirbel an, der im Februar durch den Vor-Bankrott-Zustand der größten heimischen Bank und die kurzfristige staatliche Aktion zu ihrer Rettung ausgelöst wurde.
Damals hatte der Staat durch die Ausgabe zusätzlicher, durch ihn aufgekaufter Aktien, das Bankunternehmen mit frischem Geld versorgt und so vor dem finanziellen Kollaps gerettet. Zumindest vorerst einmal, denn das Grundproblem der Bank – die hohe, im Moment nicht begleichbare Außenschuld und das schlechte Kreditportfolio – sind damit nicht nachhaltig gelöst. Die ursprünglichen Aktionäre der BTA wurden nicht enteignet, aber ihr Aktienanteil hat sich deutlich verringert. Dafür möchten sie jetzt vom Staat entschädigt werden. Die Chancen dafür dürften wohl eher schlecht stehen, doch der jetzt ausgelöste juristische Streit kann sich Jahre hinziehen. Das ist sicher nicht gerade förderlich für die Lösung der Grundprobleme der Bank. Sie hat in den nächsten Tagen einen Plan zur Restrukturierung der Auslandsverbindlichkeiten vorzulegen, die allein für dieses Jahr 1,5 Milliarden Dollar betragen. Wenn es der neuen Leitung der Bank gelingt, einen alle Gläubiger überzeugenden Plan vorzulegen, dürfte die BTA-Bank (fast) aus eigener Kraft überleben. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass diese Bank für den Staat ein Fass ohne Boden werden könnte. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass man die größte Geschäftsbank des Landes in einem noch immer stark auf den Staat fixierten Wirtschaftssystem pleite gehen lässt, ist eher gering.
Andererseits ballen sich im gesamten Bankensektor Kasachstans mit bedrohlicher Geschwindigkeit Probleme zu einer gefährlichen Mischung zusammen. Das drückt sich in der Veränderung der Struktur des Kreditportfolios aus. Das ist die Struktur der durch den gesamten Bankensektor an die Wirtschaftssubjekte ausgegebenen Kredite aus Sicht der Wahrscheinlichkeit ihrer Rückzahlung an die Banken. Die erste Gruppe – Standardkredite, deren Anteil hierzulande im Moment etwa 43 Prozent beträgt, macht keine Probleme, das heißt, das Geld kommt an die Banken zurück. Die zweite Gruppe – zweifelhafter (Deutsch: „fauler“) Kredite“ ist mit Fragezeichen unterschiedlicher Art versehen. Hier ist in unterschiedlichem Maße unsicher. Ob das ausgeliehene Geld wirklich zurückgezahlt werden wird. Dieser Anteil beträgt in Kasachstan momentan enorme 49 Prozent. Im Vergleich zum Jahresbeginn ist das zwar ein Rückgang um 6 bis 7 Prozent – dummerweise zugunsten der dritten Kategorie der verlorenen Kredite. Das sind Kreditsummen, die abgeschrieben werden müssen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit beträgt hier 100 Prozent. Das sind im Moment 7,5 Prozent der Kreditsummen, was eine drastische Erhöhung von etwa 3 Prozent zu Beginn des Jahres darstellt. Da die Wirtschafts- und damit auch Einkommenskrise mitten im Gange ist und wir möglicherweise die Talsohle noch nicht erreicht haben, ist eher von einer weiteren Verschlechterung der Kreditstruktur auszugehen. Dazu trägt auch die Tengeabwertung vom Februar bei, die die Devisenkredite in Tenge um etwa 25 Prozent verteuert hat. Die Kreditnehmer haben also etwa 25 Prozent mehr Tenge aufzubringen, um ein guter Schuldner zu bleiben. Das fällt zunehmend schwerer, und die staatlichen Maßnahmen werden dieses Problem nur teilweise ausgleichen können. Um die Kreditrisiken einigermaßen unbeschadet zu überstehen, schaffen die Banken jetzt eilig Reserven für die Kompensation zu erwartender Kreditausfälle. Dadurch aber verringert sich der Gewinn, was dann weder den Aktionären noch den sonstigen Geldgebern – wie Käufer von Bankanleihen direkten Kreditgebern – oder dem Staat gefallen kann. Von den 37 in Kasachstan tätigen Geschäftsbanken weisen in den ersten vier Monaten des Jahres noch 24 einen Gewinn aus. Das ist auf den ersten Blick nicht schlecht, schließlich haben wir eine veritable Krise. Doch diese Gewinne gleichen die Verluste der anderen Banken nicht aus, so dass der Bankensektor insgesamt ein Verlustbringer ist. Damit sind Konsequenzen verbunden, die von restriktiverer Kreditvergabe für den realen Sektor, über die Notwendigkeit weiterer staatlicher Rettungsmaßnahmen bis zur Übernahme durch andere Banken, darunter auch ausländische, reichen können.
Insgesamt steht wohl die nächste Welle der Konsolidierung des Bankensektors ins Haus, die wahrscheinlich zu einer wesentlichen Umstrukturierung dieses Sektors führen wird. Wir werden uns sicher in Zukunft an neue Eigentümer und vielleicht auch andere Bankennamen gewöhnen müssen.
Bodo Lochmann
05/06/09