Der Internationale Währungsfonds (IWF) scheint ein Gewinner der Finanzkrise zu sein. Er wurde nach dem Ende des 2. Weltkrieges gegründet, um Ländern mit zeitweiligen Problemen in Fragen ihrer internationalen Zahlungsfähigkeit zu helfen. Dazu vergibt der Fonds, dem seit Anfang der 1990er Jahre auch Kasachstan angehört, spezielle Währungskredite zum Ausgleich stark negativer Zahlungsbilanzen und damit zur Stabilisierung der Wechselkurse.

In den Jahren vor der Krise hatte der Fonds stark an Bedeutung eingebüßt. Zum einen, weil sich viele Länder ihre eigenen Devisenreserven angelegt hatten, um im Ernstfall vom IWF unabhängig zu sein, zum anderen, weil der IWF selbst nicht immer glücklich agierte. Kaum ein größeres Entwicklungs- oder Schwellenland wollte noch Kredite vom IWF annehmen. Seine Empfehlungen galten als fragwürdig, die Kreditbedingungen als zu restriktiv. Soziale Einschnitte gehörten zu den Standardforderungen im Falle einer Kreditvergabe. Offen wurde sogar diskutiert, ob man den IWF nicht abschaffen oder wenigstens mit der Weltbank zusammenlegen könnte.

Doch der Fonds von heute ist mit dem von vor drei, vier Jahren nicht mehr zu vergleichen, weil sich fast alles geändert hat: er hat wesentlich mehr Geld als vorher, hat eine neue Führung, die nach neuen Prinzipien arbeitet. Im Frühjahr dieses Jahres haben ihm seine Mitglieder (darunter Kasachstan) viele Hundert Milliarden in die Hand gegeben, um die Welt vor dem Abgrund zu retten. Eine Reihe von Ländern wäre finanziell ohne die Hilfe des IWF in diesem Jahr wohl zusammengebrochen, darunter die Ukraine, Belarus und Polen.
Der Fonds von heute soll nicht nur Geld ausgeben, sondern auch die Geld- und Finanzmärkte im Auge behalten, um rechtzeitig vor dem Entstehen neuer Krisenerscheinungen warnen und gegensteuern zu können. Das ist sehr viel an Aufgaben, zumal die fast 200 beteiligten Länder ihm nicht genügende Kompetenzen und ein ausreichendes Instrumentarium zur Verfügung gestellt haben.

Bewusst oder unbewusst wurde es unterlassen, den Fonds mit wirksamer Sanktionsgewalt auszustatten. Ein fast zahnloser, aber im Moment reicher Tiger ist so eigentlich entstanden. Alleine kann der IWF fast nichts durchdrücken, er muss immer erst seine Mitglieder befragen. Diese aber sind sich in den meisten Fragen eher uneinig, bzw. die Prozesse der Entscheidungsfindung sind zu lang und zu umständlich.

Hat sich die Krise erst einmal entschärft, kann es sehr leicht eintreten, dass diese Uneinigkeit noch weiter zunimmt und der IWF wieder nach hinten rutscht. Im Moment aber ist der Fonds gefragt. In ziemlich großen Mengen wird Geld ausgegeben, und zwar an Länder und zu Konditionen, die noch vor kurzer Zeit undenkbar waren. Man kann sagen, dass das Geld fast schon aufgedrängt wird.

Doch allein der bloße Abfluss von Mitteln sagt noch gar nichts über den Effekt und die Richtigkeit der Kreditvergabe. So ist trotz der Zunahme der Bedeutung des Fonds die absolute Kritik an ihm nie verstummt. Sie wird im Moment hinter den Kulissen geäußert. Der IWF muss, wie fast alle Länder, nun mit Konsequenz eine Strategie des Ausstiegs aus der massenhaften Vergabe von Krediten suchen. Mittlerweile dürften die Gefahren zu hoher Liquidität die Notwendigkeit des Ertrinkens der Probleme mit Geld übersteigen.

Rückkehr zur Normalität ist also gefragt, darüber wird aber nicht geredet. Einschließlich der Sonderziehungsrechte (eine spezielle künstliche Form internationalen Geldes) hat sich das Finanzvolumen des Fonds innerhalb von nur ein paar Monaten auf 750 Milliarden Dollar aufgebläht. Eine solch gewaltige Summe kann nur schwer sinnvoll gemanaged werden. Schon bald wird der Fonds nicht nur Geld verteilen können, sondern daran harte Bedingungen knüpfen müssen, z. B. Defizitabbau und Steuererhöhungen. Dann wird der Fonds möglicherweise wieder in die Rolle des Buhmanns zurückkehren, der er schon mal war. Berechtigt oder unberechtigt – das ist eine andere Frage.

Bodo Lochmann

27/11/09

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