Die Weltwirtschaft hat die jüngste Finanz- und Wirtschaftskrise unerwartet schnell überwunden. Zwar gibt es nach wie vor große Disproportionen, vor allem im Handel zwischen den USA und China, doch insgesamt zeigen alle wesentlichen Konjunkturdaten nach oben. In den letzten Monaten wachsen jedoch bestimmte Risiken wieder und lassen Fragen zur Nachhaltigkeit des gegenwärtigen Aufschwungs aufkommen.
Die großen Wachstumsunterschiede zwischen den klassischen Industriestaaten und den aufstrebenden Schwellenländern sind eine normale Erscheinung. Vor allem Chinas Wirtschaftsleistung wächst mit fast dreifacher Geschwindigkeit Europas oder der USA. Dennoch bleibt China auf absehbare Zeit im Durchschnitt ein armes Land, und man sollte den Menschen dort eine Steigerung ihres Lebensniveaus gönnen. Chinas Wirtschaft steht vor einer Reihe großer Herausforderungen und Problemen, die im Angesicht der Exportstärke, der hohen Devisenreserven und ziemlich aggressiver Markteroberungsstrategien leicht aus dem Blickfeld geraten.
Zu den strategischen Problemen Chinas gehören insbesondere die bevorstehende Verschlechterung der Altersstruktur infolge der lange praktizierten Ein-Kind-Ehe, ein anstehender Mangel an billigen Arbeitskräften und folglich steigende Löhne und damit der Produktionskosten, eine Aufwertung der chinesischen Währung Renimbi und in der Folge eine relative Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Waren. Hinzu kommen ökologische und soziale Spannungen.
Aktuelle weltweite Gefahren für das Wirtschaftsgeschehen resultieren aus den wieder stark steigenden Rohstoffpreisen, den vor allem in den Schwellen – und Entwicklungsländern steigenden Inflationsraten, den Unruhen im arabischen Raum und natürlich der Katastrophe in Japan. Hier geht es nicht nur um den Rückgang der Produktion in Japan selbst, sondern um den Ausfall vieler Zulieferungen aus dem High-Tech-Bereich, von denen die Produktion in vielen Ländern abhängt.
Die größte Sorge bleibt jedoch die Schuldenkrise der eigentlich reichen westlichen Industriestaaten. Die USA wurden über die leichte Verschlechterung ihres Kreditratings gerade abgemahnt, die Eurozone scheint um eine Umschuldung Griechenlands und vielleicht auch anderer Problemstaaten nicht herumzukommen, Großbritannien kann froh sein, wenn das Land durch den notwendigen harten Sparkurs nicht in eine Rezession getrieben wird, Japan ist infolge der Kombination enormer Staatsschulden und Katastrophenfolgen sowieso nur mit Fragezeichen versehen.
Von den drei großen Problemschuldnern – Eurozone, Japan und USA – handelt im Moment nur Europa, wenn auch unter Schmerzen. Japan kann seine Verschuldung aus objektiven Gründen nicht abbauen – im Gegenteil, sie wird unweigerlich steigen müssen, um die Folgen der Natur- und Atomkatastrophe schnell zu überwinden. Die USA dagegen scheinen die kritische Lage noch gar nicht voll realisiert zu haben und machen trotz einiger Einsparungen mit ihrer Verschuldungspolitik forciert weiter. Wenn das Land nicht bald gegensteuert, wird das Defizit der öffentlichen Finanzen schnell außer Kontrolle geraten, was infolge der weltweit hohen Bedeutung des Dollar entsprechende Probleme mit sich bringen dürfte.
Diese Gemengelage aus positiven aktuellen Konjunkturdaten und wachsenden Grundsatzproblemen macht Investoren natürlich nervös, was ihre Investitionsbereitschaft verringert. Trotzdem ist im Moment kaum ein Rückfall in die Rezession zu befürchten, denn beim Abwägen aller positiver und negativer Faktoren, bleibt immer noch ein positiver Saldo, einschließlich psychologischer Art.