Schönheitssalons finden sich in Almaty an jeder Ecke. Unser Autor hat einen von ihnen besucht und war mit dem Ergebnis mehr als zufrieden.

Es war mal wieder an der Zeit: Ich brauchte einen neuen Haarschnitt. Auf einem alten, durchgesessenen Frisierstuhl Platz nehmend, bekam ich den Umhang umgelegt. Auf den Fensterbänken standen Topfpflanzen von gewaltigem Ausmaß. Ein paar schon etwas vergilbte Poster an der Wand, herausgerupft aus Modemagazinen des Jahrgangs 2000, zeigten die neuesten, angesagten Frisurentrends. Es roch stark nach Haarspray, an der Decke summten leise ein paar Halogenröhren und erleuchteten den kleinen, ansonsten schmucklosen Raum in grellem Licht.

Das Geschäft mit der Schönheit ist in Kasachstan vermutlich ein unglaublich einträgliches. Kasachstanische Frauen wollen schön sein, die Haare hochgesteckt, die bunten Nägel atemberaubend lang herausmodelliert – ähnlich lang wie die Hacken der Schuhe, auf denen die Damen dann stolz wieder aus dem Salon herausspazieren und durch ihre übergroßen Sonnenbrillen beobachten, wessen Aufmerksamkeit sie bereits auf sich gezogen haben. Schönheitssalons gibt es schließlich an jeder Ecke, nicht selten auch mehrere Beauty-Studios direkt nebeneinander. Auch in Koktem reihen sich diverse Frisierstuben und Nagellackierereien mit so klangvollen Namen wie Salon Dinara oder Salon Aigul aneinander.

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Der neueste Trend in der Welt der Mode sind ja diese Männersalons, in denen vollbärtige Männer ihren Krausebart gewaschen und ihren Zopf gestriegelt bekommen. Rustikale Schuppen, in denen nicht selten schon vormittags Craft-Beer und Whiskey gereicht wird, und die Friseure wie tätowierte Holzfäller und Motorradfahrer aussehen. Ein echter Holzfäller im Wald dürfte bei solchen Kunstfiguren wohl laut lachen. Auch in Almaty existieren bereits solche Etablissements für den modebewussten, kosmopolitischen Mann. Westliche Modetrends werden in Zentralasien mit Leidenschaft aufgegriffen und gelebt.

All das ist jedoch nicht meine Welt. Meine Wahl fiel auf einen kleinen Friseurladen in einer Seitenstraße, im Erdgeschoss einer Chruschtschowka, eines fünfstöckigen sowjetischen Wohnblocks aus den 1950er Jahren. Dass sich hier ein Friseur befindet, ist von außen lediglich ersichtlich, da an der Innenseite einer schweren Metalltüre eine große, von der Sonne ausgeblichene Preisliste für die verschiedenen Haarschnitte angebracht ist. Freilich von der Straße aus nur während der Öffnungszeiten zu sehen, wenn die Türe nach außen offen steht. Pensionäre, Kriegsveteranen und Studenten bekommen Rabatt.

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Meine Instruktionen für den Haarschnitt waren kurz und knackig: „Hinten etwa so, oben ein bisschen weniger, vorne etwas mehr, aber nicht zu viel, so ungefähr, aber hier kann man ruhig ein ganzes Stück. Ebenso wie, naja, Sie wissen schon!“ „Ja, alles klar.“ Und los ging‘s. Mein fertiger Haarschnitt sah dem verdächtig ähnlich, den der Student neben mir kurz zuvor geschnitten bekommen hatte. Hier gibt es also Einheitshaarschnitte. Etwas kantig, hier ein bisschen zu lange, dort ein bisschen zu kurz, und, naja, diese Kante da… Also eigentlich gefiel ich mir ganz gut. Ziemlich schnittig! Und tragen hier ja alle so! Super!

Der Haarschnitt war überaus günstig. Beim Männerfriseur Schnipp-Schnapp hätte es wohl ein Vielfaches mehr gekostet. Im Beautysalon Dinara mit der blinkenden, rosanen Leuchtreklame und dem Fingernagel-Sonderangebot liegen die Preise eventuell im Mittelfeld. Die Welt der Mode ist schnelllebig. Modetrends sind mir oftmals völlig unverständlich. Bei dem, was in New York, Paris und Berlin gerade angesagt ist, steht mir nicht selten das lichte Resthaar zu Berge.
Mode ist eine Frage des Geschmacks, und mein Geschmack ist eher konservativ und schlicht. Bloß nicht zu sehr auffallen. Ich habe einen schneidigen, astreinen Haarschnitt bekommen, etwas ungewohnt im ersten Moment. Aber genau das, was viele junge Männer hier so tragen. Gut so! Mit meinem neuen Haarschnitt fügte ich mich wieder ein Stückchen mehr in mein Viertel Koktem ein!

Philipp Dippl

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