Auch die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Turkmenistan und Usbekistan nahmen an dem Gipfel teil

Am 16. März fand in der türkischen Hauptstadt Ankara ein Sondergipfel der Organisation der Turkstaaten anlässlich des Erdbebens im Südosten der Türkei statt. Anwesend waren neben der Führung des Gastgeberlandes die Staatsoberhäupter der Vollmitgliedsstaaten Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan. Mit Ungarns Premierminister Orban, Turkmenistans „nationalem Führer“ Berdimuhammedow und dem Präsidenten der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, Ersin Tatar, waren auch die beobachtenden Mitglieder hochrangig vertreten.

Mit dem Gipfel sollte in erster Linie die Unterstützung des Katastrophengebietes koordiniert, aber auch die Einigkeit und Verlässlichkeit der Organisation in Krisenzeiten demonstriert werden. So wurde auf dem Treffen die gemeinsame Deklaration von Ankara verabschiedet, welche neben der Bereitschaft der Mitglieder zur anhaltenden Hilfeleistung im Erdbebengebiet auch die geplante zukünftige Einrichtung eines gemeinsamen Reaktionsmechanismus auf Naturkatastrophen ankündigt.

Turkmenistan will Vollmitglied werden

Jedoch fanden sich auch jenseits der Erdbebenkatastrophe einige beachtenswerte Punkte auf der Tagesordnung. So wird die Organisation den gemeinsamen „Turk Investment Fond“ einrichten, welcher die ökonomische Integration der Turkstaaten miteinander stärken und deren wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben soll.

Außerdem wird die Vereinigung wohl demnächst ein weiteres Vollmitglied begrüßen. Der bisherige Beobachterstaat Turkmenistan bekräftigte seine Ambitionen auf die Statusaufwertung. Dies ist insofern bemerkenswert, da das streng autokratisch regierte Land seit 1995 eine Politik der unbedingten Neutralität und Blockfreiheit fuhr, welche sogar Verfassungsrang hat. Besonders die Türkei hatte seit 2018 verstärkt für ein Abweichen Turkmenistans von der Staatsdoktrin zu Gunsten der Organisation geworben. Wie es nun scheint, mit Erfolg.

Die Türkei gilt schon seit Gründung der Organisation 2009 – damals zunächst mit Aserbaidschan, Kasachstan und Kirgisistan als Urmitgliedern – als treibende Kraft hinter dem Projekt. Anfangs noch der Förderung internationaler Zusammenarbeit und dem Erhalt des turksprachigen kulturellen Erbes der Region verpflichtet, wächst in jüngerer Vergangenheit auch Kritik an der Organisation. Kritisiert wird vor allem, dass die Vereinigung nach Meinung von Beobachtern oft außenpolitische Positionen der Türkei einseitig übernimmt und verstärkt, ebenso wie eine in einigen Mitgliedsstaaten zu beobachtende Tendenz zur Nutzung der Organisation als innenpolitisches Instrument zum Machterhalt.

Wahlen in der Türkei stehen bevor

Für Gastgeber Erdoğan, welcher bereits im Mai Parlaments- und Präsidentschaftswahlen entgegensieht, diente der Gipfel zum Beispiel auch als Prestige-Boost. So rief Usbekistans Präsident Mirsijojew zur Wiederwahl des amtierenden Präsidenten auf und lobte dessen Leistungen überschwänglich. Die Unterstützung Erdogans durch die Organisation schlägt sich auch in der abschließenden Deklaration nieder, wo Punkt 11 ausschließlich dem türkischen Staatsoberhaupt und dem Lob seiner Leistungen gewidmet ist, natürlich nicht ohne abschließende Erfolgswünsche zu den bevorstehenden Wahlen.

Diese könnten sich im Mai für Erdogan als bitter nötig herausstellen, aktuellen Umfragen zufolge liegt er fast zehn Prozentpunkte hinter dem Kandidaten der Opposition, Kemal Kilicdaroğlu. Auch im Wahlkampf um das Parlament liefern sich Opposition und Regierungspartei ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Mit Spannung kann also im Oktober der nächste, reguläre Gipfel der Organisation der Turkstaaten im kasachischen Türkistan erwartet werden. Mit oder ohne Erdoğan, darf hier mit weiteren richtungsweisenden Entscheidungen zur zukünftigen Laufbahn des Vorhabens gerechnet werden.

dast.

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