Er ist über die Stadtgrenzen hinaus berüchtigt: Der „Grüne Basar“ in Almaty – ein Ort, an dem sich nicht nur Händler und Käufer, sondern auch zu aller Stunde Schaulustige tummeln. Was jedoch selbst Ortskenner nicht immer wissen, ist, dass es den „Grünen Basar“ in Almaty gleich zweimal gibt. Denn so lautet auch der Name einer lokalen Künstlergruppe. Dass deren Treiben allerdings nicht weniger geschäftig ist als das eines orientalischen Marktes, bewiesen die 15 Kunstschaffenden Ende März mit einer schwungvollen Vernissage im Kunstsalon „artfoglio“. Grund zum Korken-Springen-Lassen gab es genug: Denn es war gleichzeitig auch die Geburtsstunde einer neuen Galerie in Almaty.

/Bild: Andrea Rüthel. ‚Grün, grün, grün, wohin das Auge fällt. Die Farbe steht für Hoffnung und Leben. ‚/

„Den Grünen Basar kennen alle, nicht nur in Almaty! In erster Linie ist er ein Ort der Begegnung.“ Mit einem Schmunzeln erklärt Jelena Grigorjan, wie es zu dem Namen der Künstlergemeinschaft „Der Grüne Basar“ kam. Die schüchterne Frau im roten Filzkleid ist nicht nur eine der 15 Künstler, die in der Galerie „artfoglio“ ihre Arbeiten zeigen. Sie ist auch die Kuratorin der Ausstellung – auch wenn sie sich selbst nicht so nennen will. „Wir sind kein Künstlerverein, sondern eine Künstlergemeinschaft! Wir arbeiten seit etwa sechs Jahren zusammen, einfach nur, weil wir uns lieben und unsere Arbeit schätzen“, widersetzt sie sich allen Hierarchievorstellungen, nun in bestimmtem Tonfall.

Unter den Besuchern der Vernissage Ende März sind die anderen 14 Künstler leicht auszumachen. Entweder stechen sie durch extravagante Kleidung hervor, meist aber noch eher durch eine bisweilen recht laute Geschäftigkeit. Besonders der italienische Aktionskünstler Karmine Barbaro bringt das Publikum über den Abend hinweg zum Lachen: Umringt von fünf Damen in mediterraner Tracht, tänzelt er durch den hellen Saal und gibt italienische Operetten zum Besten.

Ein Hauch von Welt in der lokalen Kunstszene

An einem Doppelgeburtstag ist ausladende Freude auch angebracht. Denn nicht nur die Künstlergruppe „Der grüne Basar“ zeigt ihre neuesten Werke, auch der Kunstsalon „artfoglio“ selbst öffnet mit der Ausstellung zum ersten Mal seine Pforten. „In Almaty gibt es schon genügend Galerien, die die lokale Kunstszene präsentieren. Für mich ist es deshalb allererste Aufgabe, Künstler aus dem Ausland hierher zu holen. Ich möchte, dass sich in „artfoglio“ internationale und lokale Kunstschaffende treffen und sich voneinander anregen lassen“, erklärt Galeriedirektorin Scharbat Barbaro. Als Ehefrau von Karmine Barbaro sind die Beziehungen zumindest nach Italien sicher schon geknüpft. Aber auch Künstler aus Deutschland wolle sie natürlich hier zeigen, betont sie.

Die international-italienische Ausrichtung der Galerie spiegelt sich schon im Namen wider: „artfoglio“ bedeutet in Italien etwa soviel wie „ein leeres Blatt Papier für die Kunst“. Dafür, dass das Papier jedoch nicht weiß bleibt, sorgt zum Auftakt „Der grüne Basar“ – eher ist das Gegenteil der Fall: Der bunte Mix aus Gemälden, Grafiken und Skulpturen wirkt technisch wie thematisch – abgesehen von den sakral anmutenden Basar-Attributen in einigen, längst nicht allen Arbeiten – auf den ersten Blick fast etwas strukturlos. Doch so hat es auf einem orientalischen Markt wohl auch zu sein. Ein verbindendes Element gibt es allerdings: Alles ist grün.

Akademisch gegen abstrakt – Almatys Künstler im Klinsch

„Das sind halt Symbolisten! Im Frühjahr letzten Jahres hat eine andere lokale Künstlergruppe namens Scharschy (Quadrat) in Almaty ausgestellt. Die verfolgen mehr den akademischen Stil, wie er nach sowjetischer Tradition noch immer an kasachstanischen Kunsthochschulen gelehrt wird. Ich könnte wetten, dass von Scharschy heute keiner zu der Ausstellung gekommen ist“, bemerkt die Kunstkritikerin Marija Tulegenowa, die die Kunstszene in Almaty schon lange beobachtet. Ob eine Künstlergruppe, die sich vor allem über Freundschaft definiert, auf die Dauer überhaupt Erfolg haben kann? „Die Zeit wird es zeigen! Jedenfalls sympathisch sind sie ja, ich wünsche ihnen viel Glück!“

Übrigens, die buchstäbliche Markt-Orientiertheit steckt der Künstlergruppe „Der Grüne Basar“ nicht nur im Namen: „Unsere Kunst kann man auch kaufen!“ ruft Karmine Barbaro lachend, bevor er weiter die Hüften schwingt.

Von Andrea Rüthel

02/04/10

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