Vor zwanzig Jahren wurde Kasachstan unabhängig. Viel hat sich im Leben der Menschen und im Land seither verändert. Die 57-jährige Ludmilla Tschernischowa und die 27-jährige Kunsulu Scharipowa sind in zwei verschiedenen Systemen groß geworden. Sie erzählen über neue Schulen, Auslandsreisen und Coca Cola.

/Bild: ZAM. ‚Junge Journalisten in der Zentralasiatischen Medienwerkstatt.’/

Kunsulu Scharipowa, 27. Es fällt mir schwer, diese Zeiträume zu vergleichen. Ich war damals sieben Jahre alt. Das Erste, an was ich mich erinnere, sind Snickers, verschiedene Kaugummis und Coca-Cola. Das war für uns etwas Neues.

Auch das Schulsystem hat sich verändert: Unsere Regierung hat für die zukünftigen Studenten neue Schulprogramme geschaffen. Aber mich beunruhigt dieses Experimentieren im Hochschulbereich. Es gab immer mehr Klassenstufen, die Schulzeit wurde immer wieder verlängert: Am Anfang waren es zehn Jahre, dann elf Jahre, zwölf Jahre. Aber wenn diese Versuche, ein gutes Schulsystem zu erschaffen, schiefgehen, leiden letztendlich die Kinder.
Ich hatte immer ein klares Ziel: Deutsch lernen. Wer sich nicht scheut, nach Arbeit zu suchen und sich zu engagieren, der kann alles erreichen. Dann gibt es auch keine Probleme, eine Wohnung zu finden: Die Banken bieten uns bessere Bedingungen an, man kann Kredite in drei Jahren zurückbezahlen. Früher war man jahrelang gebunden.

Kunsulu Scharipowa ist 1984 in Kasachstan, in der Stadt Petropawlowsk, geboren. In ihrer Kindheit wohnte nebenan eine deutsche Familie. Deshalb hat sie sich entschieden, Deutsch zu lernen. Kunsulu hat schon als PR-Managerin und als Dolmetscherin in Firmen gearbeitet. Zurzeit arbeitet sie als Manager in der Personalabteilung der Deutsch-Kasachischen Universität.

Ludmilla Tschernyschowa, 57. In unserer Schule arbeiteten Lehrer, an die ich mich mit Freude erinnere. Sie haben mir so viele Kenntnisse mitgegeben, dass ich an einer der besten Universitäten in Moskau studieren konnte. Die Schule hat für mich die wichtigste Rolle gespielt. Aber heute hat sich die Situation in der Schule und an der Universität stark verändert. In Vergangenheit sorgten sich die Lehrer um jeden Schüler.

Wenn es den Schülern nicht gelang, gute Zensuren zu bekommen, blieben die Lehrer länger in der Schule, um mit diesen Schülern nach dem Unterricht Fragen zu klären. Heute haben die Schüler keinen Respekt vor ihren Lehrern. Sie sagen: „Wer sind die schon? Warum brauchen wir diese Leute? Lehrer können mir nicht das geben, was mir im Berufsleben helfen könnte!“ Lehrer haben keine Autorität mehr. Wenn Eltern ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen wollen, schicken sie ihre Kindern ins Ausland oder sparen, um die teuren Studienkosten bezahlen zu können. Die schwache Vorbereitung in der Schule und der große Einkommensunterschied geben nicht jedem die gleichen Bedingungen zum Studium.
Ludmilla Tschernischowa stammt aus einer kleinen Stadt, nördlich von Almaty. Sie hat dort die Hauptschule absolviert, wo sie gute Kenntnisse der deutschen Sprache erworben hat. Nach dem Schulabschluss hat sie an einer der besten Universitäten des Landes studiert. Zur Zeit arbeitet sie als Deutschlehrerin am Goethe-Institut.

Dieser Text entstand im Rahmen der V. Zentralasiatischen Medienwerkstatt (ZAM), die in einem gemeinsamen Projekt vom Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), dem Goethe-Institut Kasachstan und der Deutschen Allgemeinen Zeitung mit dem deutsch-russischsprachigen Jugendportal To4ka-Treff veranstaltet wurde. Eingeladen wurden zehn junge Deutschlerner aus den fünf zentralasiatischen Ländern und fünf junge Journalisten aus Deutschland.

Von Mahlijo Karimowa, Maxim Sokolow, Benjamin Dürr

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