Die Weltwirtschaft hängt trotz eines deutlichen Rückgangs des relativen Verbrauchs nach wie vor am Öl, ohne das nichts läuft. Zwar ist der Anteil des Ölverbrauchs am Weltverbrauch von Primärenergieträgern von über 70 % zu Beginn der 1970er Jahre auf heute etwa 40% zurückgegangen, dafür hat sich der absolute Verbrauch in diesem Zeitraum aber fast verdreifacht und steigt unvermindert weiter an.

In den meisten westlichen Industriestaaten hat nach den großen Energiekrisen der 1970er Jahre eine mehr oder weniger konsequente Hinwendung zu energiesparenden Technologien der Energienutzung eingesetzt, die hier erzielten Einsparungen werden jedoch durch den rasant zunehmenden Verbrauch von Schwellenländern mehr als überkompensiert. Insbesondere die Milliardenvölker China und Indien haben sich mittlerweile zu den am dynamischsten wachsenden Nachfragern nach Öl entwickelt, und ihr Ölhunger ist auf absehbare Zeit kaum zu stillen.

Zwar konnte bisher die wachsende Nachfrage befriedigt werden, aber immer nur durch steigende Ölpreise, hinter denen vor allem objektiv steigende Förderkosten stehen. Wenn z. B. Ende der 1990er Jahre der Exportpreis für kasachisches Erdöl bei etwa 10 Dollar pro Barrel lag (womit kaum die Selbstkosten gedeckt wurden), erlöst man heute etwa das Zehnfache davon, natürlich mit ordentlichem Gewinn.

Nun gibt es seit vielen Jahren Berechnungen, wie lange die bekannten und mit kurz- und mittelfristig verfügbaren Technologien förderbaren Erdölmengen noch reichen könnten. Allgemein anerkannt ist dabei die Aussage, dass wir uns gegenwärtig in der Phase der höchsten Erdölförderung befinden, die sich aber ab sofort aus objektiven Gründen schrittweise reduzieren wird. Beides zusammen – die steigenden Ölpreise und die Aussicht auf eine längerfristig versiegende Förderung – hat u.a. die Entwicklung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen deutlich vorangebracht. In einer Reihe von in diesem Bereich technologisch hochentwickelten Länder steht die Wind- und Biogasnutzung unmittelbar davor, eine wirtschaftliche Alternative zu den klassischen Energieträgern – darunter Erdöl – zu werden; der Sonnenenergie zur Stromgewinnung könnte das mittelfristig gelingen. Eine wesentliche Bedingung dafür ist aber, dass die Preise für traditionelle Energieträger hoch bleiben, damit sich die hohen Anfangsinvestitionen in die neuen Energiequellen auch lohnen. Bisher sah es in dieser Hinsicht auch günstig aus, nun aber könnte sich das Blatt wenden. Ursache dafür ist die sogenannte Fracking-Technologie, eine in den USA entwickelte neue Bohrtechnik, mit der bislang nur schwer und wirtschaftlich gar nicht erschließbare Erdölvorräte erschlossen werden können, die in Schiefergestein-Formationen gebunden sind. Diese Technologie beschert den USA im Moment einen unverhofften Öl- und Erdgassegen, der die Energiewelt auf den Kopf stellen könnte. Die USA haben bis etwa 1950 Öl und Ölprodukte exportiert, seither war das Land aber trotz hoher Eigenförderung immer auch auf wachsende Ölimporte angewiesen, die etwa 60% des Verbrauchs betrugen. Das ändert sich jetzt, denn erstmals exportieren amerikanische Unternehmen wieder Öl, denn der Importbedarf ist auf etwa 40% des Gesamtbedarfs gesunken. Beigetragen hat dazu auch eine Verbrauchsverringerung im Inland, u.a. durch staatliche Auflagen, die den Benzinverbrauch für Neuwagen auf 6,6 Liter begrenzen. Die amerikanischen Autokonzerne haben dabei aus der jüngsten Krise gelernt und bieten solche spritsparenden Autos auch aus eigener Produktion an. Der Preis für Erdgas, das meist als Nebenprodukt der Ölförderung abfällt, ist infolge des großen Aufkommens schon soweit gesunken, dass es manchmal schon nicht mehr lohnt, es zu verkaufen.

Damit ist zu erwarten, dass sich der Siegeszug der erneuerbaren Energieträger verlangsamen wird. Weitsichtig handeln aber dennoch die Länder, die sich nicht allein vom Preis des Öls beeindrucken lassen, sondern auf solche strategischen Vorteile der erneuerbaren Energien, wie innovative und ökologische Effekte sowie Schaffung progressiver Produktionsstrukturen setzen. Nicht zuletzt tragen die neuen Energiequellen auch dazu bei, die Welt sicherer zu machen. Schließlich weht der Wind überall, während Öl nur in begrenzten Regionen vorkommt, so dass das Konfliktpotential rund um das schwarze Gold erhalten bleibt.

Bodo Lochmann

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