Das vom Botschafter der Republik Kasachstan in der Bundesrepublik Deutschland, S. E. Nurlan Onzhanov, erfolgreiche, ins Leben gerufene Veranstaltungsformat „Stammtisch unterm Schanyrak“, fand zum dritten Mal zum Thema: „Heimat des Urapfels“, statt.
Beim Betreten des Eingangsbereiches der Botschaft strömte bereits ein verführerischer Duft den Gästen entgegen. So, dass diese schon erahnen konnten, dass die Äpfel aus Kasachstan eine ganz besondere, kulturelle Bedeutung für das Land besitzen.
Eingeladen hatte der Botschafter Gäste aus unterschiedlichsten Bereichen wie beispielsweise Experten aus der Botanik, Buchautoren, Filmregisseure, Freunde Kasachstans, des Tourismus, aber auch Medienvertreter und Mitglieder von „Willkommen in Berlin“, des einzigen Diplomatenclubs Deutschlands beim Auswärtigen Amt.
Begrüßt wurden die Gäste mit einführenden Worten des Botschafters, der zu Beginn seiner Ausführungen einen Kurzfilm über die 5. Weltnomadenspiele, die im September 2024 in Astana stattgefunden haben, vorgeführt hat. Mit den Nomadenfestspielen hat Kasachstan einmal mehr gezeigt, dass das Land ein Ort des friedlichen Miteinander und der Begegnung ist. Mit mehr als 100.000 internationalen Besuchern waren die 5. Weltnomadenspiele für Kasachstan ein voller Erfolg.
Der Botschafter sprach über das historische Erbe und die kulturelle Bedeutung von Äpfeln für Kasachstan. Er verwies auf die lange Geschichte des Apfels und die wissenschaftlichen erbrachten Nachweise, das Zentralasien, und hier hauptsächlich Kasachstan, der Ursprungsort des Apfels ist. Von wo aus er die ganze Welt eroberte.
Namensgebung
Mit dem Apfel ist auch unweigerlich die größte Stadt von Kasachstan, Almaty, verbunden. Der Name „Almaty“ ist eine Abwandlung von „Almaly“, was aus dem Kasachischen mit „Apfel“ übersetzt wird. So ist es kein Zufall, dass das Wahrzeichen der Stadt ein Apfel ist. Zu Sowjetzeiten war das heutige Almaty als Alma-Ata bekannt, der ehemaligen Hauptstadt der kasachischen SSR, was grob übersetzt „Großvater der Äpfel“ bedeutet. Der Name war willkürlich gewählt.
Die Stadt wurde nach dem Gebiet benannt, auf dem sie sich befindet: Früher befanden sich dort riesige Flächen mit Apfelgärten, die durch das Wachstum der Stadt und durch Industrialisierung auf ein Minimum reduziert wurden. Die Verwahrlosung und auch Rodung der ehemaligen Plantagen tat sein Übriges. Wo früher Apfelbäume in Reih und Glied standen, entstehen heute beispielsweise neue Hochhauskomplexe.
Die Heimat des Asiatischen Wildapfels liegt in Zentralasien und erstreckt sich vom südlichen Kasachstan über Kirgisistan und Tadschikistan bis ins chinesische Xinjiang. An einigen Stellen des Tien-Shan-Gebirges ist der Asiatische Wildapfel bestandsbildend. So steht beispielsweise ein großer Apfelbaumwald im Dsungarischen Alatau, einem Bergzug in jedem Gebirge. Er wächst auf einer Höhe zwischen 1500 und 2200 m.
Als erster Gast trug Frau Dagmar Schreiber Ihre Erfahrungen aus Kasachstan vor und die damit verbundene Begeisterung von kasachischen Äpfeln.
Frau Schreiber ist die Autorin des ersten deutschsprachigen Reiseführers über Kasachstan, gleichzeitig ist sie im Bereich des Tourismus tätig.
Sie informierte die Gäste darüber, dass Kasachstan, insbesondere der Südosten des Landes, vor allem durch zwei Faktoren für seine Äpfel berühmt ist. Zum einen befindet sich dort die legendäre Kulturapfelsorte Aport, die hier über ein Jahrhundert lang angebaut wurde. Zudem wächst diese Apfelsorte in Almaty am Fuße des Tien-Shan-Gebirges und in den umliegenden Wäldern.
Geschichte des Aport
Der Aport wurde 1865 von Igor Redko, einem gebürtigen Woronescher, nach Almaty gebracht. Nachdem sich diese Apfelsorte in Woronesch nicht durchsetzen konnte, wuchs sie in der Umgebung von Almaty in einer Höhe von 900 bis 1200 Metern schnell an. Das Gewicht einer Frucht kann bis zu 500 Gramm erreichen. Die Bäume können bis zu 30 m hoch werden.
Die Früchte des Aport-Apfelbaums reifen in der Regel Mitte September und können bis Mitte Januar oder Anfang Februar gelagert werden.
Aufgrund der Boden- und Klimabedingungen der Region können diese Früchte große Größen erreichen und einen einzigartigen Geschmack entwickeln. Der Aport ist eine der leckersten Früchte und kann auch in getrockneter Form verzehrt werden. Die großen roten Almaty-Äpfel wurden einst zu einem der wertvollsten Produkte der Sowjetunion.
In Almaty ist der legendäre Aport sehr präsent. Einkaufstempel werden nach ihm benannt. Viele Apfel-Denkmäler säumen die Plätze der Stadt. Spricht man Einheimische auf den Aport an, so wird berichtet, dass dieser intensiv duftende Apfel einstmals die Größe eines Babykopfes und über ein Kilogramm Gewicht erreichen konnte. Mitunter sollen sich Familien einen einzigen Apfel geteilt haben.
Der Vorfahre des Hausapfels
Auf den offiziellen Basaren und Märkten ist der Aport nur in abgewandelter Form aufzufinden. Heute sind Äpfel dieser Größe allerdings weder auf dem Basar, noch in privaten Gärten zu finden.
Von wesentlich weitreichender Bedeutung ist die Tatsache, dass der Vorläufer all unserer Kulturapfelsorten wissenschaftlich belegt aus dieser Region Kasachstans stammt. In diesem Zusammenhang wird immer wieder der „Malus sieversii“ genannt.
Johann August Carl Sievers (1762-1795) war ein im Heiligen Römischen Reich geborener Botaniker, der Zentralasien, Sibirien und andere asiatische Regionen des damaligen Russischen Reiches erforschte. Zu den von Sievers erstmals beschriebenen Arten gehört Malus sieversii, der Vorfahre des Hausapfels.
Weitere Ausführungen gab es anschließend vom Autor des Buches „Des Apfels Kern“, Josef Schmaus. Er berichtete von seiner Reise durch Kasachstan auf der Suche nach wilden Apfelbäumen. „Kasachstan liegt im Zentrum des eurasischen Kontinents. Dort haben sich vor Millionen von Jahren aus Rosengewächsen Urapfel-Bäume entwickeln können“, so der Autor. In seiner Rede betonte er, dass der Apfel begleitet und die gesamte Kulturentwicklung des Menschen – weltweit in den gemäßigten Breiten, beeinflusst.
In diesem Zusammenhang verwies der Autor, als auch der Botschafter in seiner Einführung, dass der Apfel in der Literatur als Symbol für die Wahl zwischen Verbot und Freiheit, Gut und Böse, Leben und Tod verwendet wird. Aber auch in der biblischen Geschichte mit Eva und der Schlange, in der griechischen Mythologie, in orientalischen Märchen aus „1001 und einer Nacht“, in englischen Balladen über Robin Hood oder auch in Puschkins Märchen von der toten Zarentochter und den sieben Recken, spielt der Apfel eine entscheidende Rolle.
Erhalt des Ur-Apfels enorm wichtig
Als dritte Referentin zeigte Antje Majewski dem interessierten Auditorium den Film „Die Freiheit der Äpfel“. In diesem Kurzfilm stellt sie dar, warum es sehr wichtig ist, den Ur-Apfel zu schützen. Denn dieser ist in seiner natürlichen Umgebung vom Aussterben bedroht. „Wir brauchen die natürliche Vielfalt und Kraft der wilden Äpfel Kasachstans, um unsere Kulturäpfel wieder robuster zu machen und den Chemieeinsatz im Apfelanbau zu reduzieren“. In der heutigen Zeit werden bis zu 6000 unterschiedliche Chemikalien verwendet, um die im Supermarkt angebotenen Äpfel farbenfroh und geschmacksneutral den Kunden zu verkaufen.
Wie dringend der Erhalt und Schutz des asiatischen Wildapfels ist, ist daran zu erkennen, dass er in der Roten Liste der IUCN (International Union for Conservation of Nature) eingetragen ist, unter der Kategorie gefährdet. Dies bedeutet, dass ein hohes Risiko des Aussterbens in unmittelbarer Zukunft besteht. Es wird auch darüber nachgedacht, den asiatischen Apfel als Weltkulturerbe eintragen zu lassen. Dies wäre ein sehr bedeutender Schritt zum Erhalt des asiatischen Apfels.
Doch nicht nur Raubbau an der Natur setzen dem Apfel zu. Auch Feuerbrand spielt eine wichtige Rolle. Dabei handelt es sich um eine schwerwiegende bakterielle Krankheit von Apfel- und Birnbäumen, die innerhalb kürzester Zeit eine Anlage zerstören kann. In den letzten Jahren hat die Krankheit Zentralasien erreicht, wo Kernobstbäume die dominante Spezies in Mittelgebirgswäldern darstellen und somit die Grundlage ganzer Ökosysteme bilden.
Während der lebhaften Diskussion erörterten die Teilnehmer verschiedene Aspekte des Apfelanbaus und tauschten sich über die Aussichten für die Entwicklung des Ökotourismus in Kasachstan aus. In diesem Zusammenhang wurde betont, wie wichtig es ist, das natürliche Erbe des Landes zu bewahren, und wie die internationale Gemeinschaft für die uralte Geschichte der Wildapfelbäume gewonnen werden kann. Dabei wurde positiv erwähnt, und auch im Kurzfilm von Frau Majewski dargestellt, dass es in Almaty private Initiativen gibt, die sich um den erneuten Anbau des asiatischen Apfels sehr engagieren.
Am Ende der Veranstaltung wurde den Teilnehmern ein echter kasachischer „Aport“ überreicht, um sich vom Aroma und den Geschmack selbst zu überzeugen.
In der Tat war diese Veranstaltung — zwar nicht im „Eingangsbereiches der Botschaft“ und mitnichten „strömte bereits ein verführerischer Duft den Gästen“ entgegen — ein hervorragender Beitrag der Botschaft Kasachstans, ihr Land in Deutschland breiter bekanntzumachen. Denn Kasachstan ist wirtschaftlich viel wichtiger für D als hierzulande allgemein bekannt — und zugleich touristisch so viel mehr interessanter!