Zum offiziellen Auftakt des Einsteinjahres hat Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Mittwoch eine neue Kultur der Wissenschaft in Deutschland angeregt. Wissenschaft solle im Alltag selbstverständlicher werden. Ihr gebühre in einer modernen Wissensgesellschaft mehr Wahrnehmung und Stellenwert, sagte Schröder

Den Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein (1879- 1955) würdigte der Kanzler als glänzenden Naturwissenschaftler und leidenschaftlichen Demokraten mit einem sehr ausgeprägten Sinn für soziale Gerechtigkeit.

Schröder bekräftigte seinen Wunsch nach einem neuen Stellenwert der Wissenschaft mit einem Hinweis auf den Sport: „Die Älteren unter uns können wahrscheinlich genau wie ich alle Spieler aufzählen, die 1954 in Bern Weltmeister wurden. Aber können wir auch elf deutsche Naturwissenschaftler nennen, die nach dem Zweiten Weltkrieg Nobelpreise erhalten haben?“, fragte er unter Beifall.

Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) betonte, wie wichtig Neugier und Freude am Denken für die Zukunft Deutschlands seien. Gerade junge Wissenschaftler brauchten Freiheit zum Neu- und Querdenken. Schröder plädierte für eine Grundlagenforschung jenseits des ökonomischen Nutzens.

Der Bundeskanzler forderte die Forscher in Deutschland auf, ihr Wissen auf verständliche Weise zu vermitteln und besonders Kinder und Jugendliche damit zu faszinieren. Mit dem Hinweis auf das Vorbild Einstein verlangte er auch eine stärkere Einmischung von Wissenschaftlern in politische Debatten und gesellschaftliche Auseinandersetzungen. Von den Medien forderte der Kanzler eine noch stärkere populärwissenschaftliche Ausrichtung, beispielsweise durch Berichte über Nano- und Biotechnologie, Medizintechnik und Teilchenphysik.

Zur Eröffnung des Einsteinjahres kamen am Mittwoch rund 800 geladene Gäste ins Deutsche Historische Museum in Berlin. Darunter war auch die Frau des einzigen Einstein-Enkels, Aude Einstein. „Über diesen Abend wäre Albert Einstein ein bisschen amüsiert gewesen“, sagte sie lächelnd. Der historische Schlüterhof war mit an die Wände projizierten physikalischen Formeln Einsteins geschmückt. Am späteren Abend wollten die Schauspieler Iris Berben und Mario Adorf aus Briefen Albert Einsteins lesen.

Die Berliner Hommage an den unkonventionellen Querdenker und jüdischen Weltbürger Albert Einstein war der Auftakt zu zahlreichen Ausstellungen und Veranstaltungen. 100 Jahre nach Einsteins wissenschaftlichem „Wunderjahr“ 1905 und 50 Jahre nach seinem Tod soll damit an Leben und Werk des Jahrhundertgenies erinnert werden. Das Einsteinjahr ist eine Initiative von Bundesregierung, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur. (dpa)

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