Im Jahr 1999 hat die Deutsch-Kasachische Universität (DKU) ihren Studienbetrieb aufgenommen, gegründet von Ines Wolfslast, Andreas Ulrich und Olga Moskowtschenko. Das ehrgeizige Ziel des Gründer-Trios bestand darin, eine Ausbildung nach deutschen Standards in Kasachstan zu etablieren. Zehn Jahre und 250 DKU-Absolventen später bleiben die alten Probleme, ausreichende Räumlichkeiten, gut qualifiziertes Personal und politische Unterstützung immer noch aktuell, denn die Universität wächst als „Opfer ihres eigenen Erfolgs“ immer weiter. In einem Kolloquium und einer Festveranstaltung zum Thema „10 Jahre DKU – 10 Jahre deutsche Bildungsqualität in Kasachstan“ blickten die Gründer und jetzigen Leiter der DKU auf die Entwicklung der Universität zurück und stellten sich neuen Herausforderungen.
/Bild: Christine Karmann. ‚Engagiertes Team für deutsche Bildungsqualität in Kasachstan – Ines Wolfslast, Mitgründerin der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU); Prof. Bodo Lochmann, Prorektor an der DKU; Olga Moskowtschenko, Prorektorin für Lehre und Studium an der DKU, und Prof. Johann W. Gerlach, Präsident und Rektor der DKU (v.l.n.r.).’/
„Sind zehn Jahre Deutsch-Kasachische Universität überhaupt ein Fest wert oder fehlen der DKU in ihrem jungen Leben nicht noch die Jahrhunderte, um sich als Universität zu beweisen?“, fragt Dr. Gerold Amelung, Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Almaty, in seinem Grußwort anlässlich der Festveranstaltung zum zehnjährigen Jubiläum der DKU und beantwortet die Frage sogleich: „Ich denke, der besondere Wert der Universität ist ein Fest wert. Was 1999 als private Initiative mit hohem Anspruch gegründet wurde, bewies schon fünf Jahre später in einer externen Evaluation seine Qualität in Studium und Lehre. Dies beweist die außerordentliche Aufbauleistung in kürzester Zeit, die auch im Jahre 2003 mit dem Memorandum zwischen dem damaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew seine Anerkennung fand.“
Brücke zwischen Europa und Asien
Auch Prof. Johann W. Gerlach, Präsident und Rektor der Deutsch-Kasachischen Universität, dankt in seiner Begrüßung den Kollegen, Studenten, Freunden und Gönnern der DKU für ihren Mut und die Kraft. Für ihn ist die Universität bereits zu einer Marke auf dem deutsch-kasachischen Bildungsmarkt geworden. Die DKU verbinde als internationale Universität nicht nur Kasachstan und Deutschland, sondern auch Kasachstan und Europa und könne so auch zu einem Vorbild für einen zentralasiatischen Bildungsraum werden.
Beate Schindler-Kovats betreut im Auftrag des Deutschen Akademischen Auslanddienstes (DAAD) weltweit Hochschulprojekte. Auch für sie ist die DKU etwas ganz Besonderes: „Ich bin beeindruckt von der Leistung und der Arbeit des DKU-Teams. Für mich ist die Deutsch-Kasachische Universität ein Schaufenster in ganz Zentralasien, das außenpolitische Impulse in die Region sendet.“ Mit ihren Problemen stehe die DKU leider oder Gott sei Dank in einer Linie mit anderen deutschen Universitäten auf der Welt. „Für das Abenteuer Aufbau braucht man immer eine Gruppe engagierter Leute, die sich nicht so leicht entmutigen lassen“, sagte Beate Schindler-Kovats.
Abenteuerliche Gründung
Ines Wolfslast ist eine der drei Gründer der DKU. Sie kam 1996 als Stipendiatin des Stiftungskollegs für internationale Aufgaben der Robert Bosch Stiftung zum ersten Mal nach Kasachstan und wurde von der Aufbruchstimmung angesteckt. „Es gab so viele Möglichkeiten in dem Land. Viele Einheimische interessierten sich unterdessen nur für ihre Auswanderpläne nach Deutschland oder Kanada, das fand ich schade. Ich wollte hier in Almaty etwas für die Menschen organisieren, damit die Leute nicht oder besser vorbereitet ausreisen.“
Es war die Zeit, als in Kasachstan an jeder Ecke private Universitäten gegründet wurden. 120 Hochschulen existierten 1999 allein in Almaty. Zusammen mit Andreas Ulrich, dem damaligen DAAD-Lektor an der Abai-Universität, kam Ines Wolfslast auf die Idee, auch eine Wohnung zu mieten und eine Deutsch-Kasachische Universität zu gründen. Die DKU wurde zwar nicht an ihrem Küchentisch gegründet, wie Ines Wolfslast vor kurzem in der Financial Times nachlesen durfte, aber abenteuerlich war es schon.
„Im Mai 1999 begannen wir mit der Planung, und schon vier Monate später, im September, wollten wir den Lehrbetrieb aufnehmen. In nur vier Monaten mussten wir die juristische Gründung vollziehen und eine Lizenz bekommen. Zwei Monate dauerte allein die juristische Gründung. Die Lizenz war noch schwerer zu ergattern. Über zufällige Kontakte und Freunde trafen wir auf einen Nachbarn eines ehemaligen hochrangigen Politikers, der die Handynummer des Bildungsministers hatte, so dass wir an prominenter Stelle nachhaken konnten“, erzählt Ines Wolfslast von der turbulenten Anfangsphase der Universität.
Räume, Personal und Unterstützung
Bis heute erinnert sich die Mitgründerin der Deutsch-Kasachischen Universität an den Beamten, der die Lizenz unterm Arm hatte, und bis heute ist sie den 33 Studenten, ihren Eltern und den Dozenten für ihren Mut dankbar, ein Studium im ersten Jahr der DKU begonnen zu haben. Die Probleme von damals erscheinen heute immer noch aktuell: Bezahlbare Räumlichkeiten für die Universität zu finden, Studenten für das Studium an einer Privatuniversität zu begeistern, gut qualifizierte und motivierte Dozenten anzuwerben und sich die Regierungsunterstützung aus Deutschland und Kasachstan zu sichern.
Olga Moskowtschenko, Prorektorin für Lehre und Studium, zählt auch zu dem Gründerteam der DKU. Lange Zeit nach ihrem Deutschlehrerdiplom suchte sie nach einer abwechslungsreichen Stelle in ihrem Traumberuf. Bei einem Bewerbungsgespräch traf sie auf den DAAD-Lektor Andreas Ulrich und entschied sich trotz familiären Glücks noch mal für die Selbstrealisierung an der Universität.
Die Prorektorin für Lehre und Studium betont vor allem den menschlichen Faktor in der Entwicklung der Universität: „Es ist die eine Sache, dass wir 2005 in unser neues Gebäude einzogen ohne Heizung, ohne Strom, ohne Wasser. Es ist die andere Sache, dass die Studenten uns beim Auspacken der Kisten unterstützten, dass die Eltern uns vertrauten und dass das Dozententeam über die Jahre immer an der Idee der Universität festgehalten hat.“
Olga Moskowtschenko hat in der Arbeit an der DKU ihre Berufung gefunden und ist in den letzten zehn Jahren kein bisschen leiser geworden. Gerade ärgert sie sich über die Einstellungen der Eltern, die ihr Kind trotz Wirtschaftskrise lieber zum Finanzstudium anmelden wollen, wo die DKU doch so innovative Studiengänge wie Verkehrstechnik, Energie und Wasser anbiete.
Engagierte Dozenten und zufriedene Studenten
Nach deutschen Anforderungen orientiert sich die Universität in ihrer Lehre und dokumentiert gleichzeitig die Lehrveranstaltungen nach offiziellen kasachischen Standards. Das bedeutet für die Mitarbeiter mühsame Verwaltungsarbeit. Viel Zeit steckt das Leitungsteam in die meterlangen Dokumentationen ihrer Arbeit. Viel Zeit, in der man sich viel lieber den Studenten widmen möchte.
Für Bodo Lochmann, Prorektor an der DKU, hat der Tag 24 Stunden und die Nacht. Er erzählt mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht, wie er trotz der nervtötenden Verwaltungsarbeit sich jeden Morgen um 5.30 Uhr beim Weckerklingeln auf seine Arbeit freut. Sein Highlight ist das Unterrichten, das „Auf-der-Bühne-Stehen“ und das „Tiger-Bändigen“, wie er seine Arbeit in eigenen Worten beschreibt.
Gefragte Absolventen
Maxim Koslow, 32 Jahre studierte von 1999 bis 2003 Marketing und Handel an der Deutsch-Kasachischen Universität. Nach einer Schauspielerausbildung war er auf der Suche nach einer schöpferischen Tätigkeit außerhalb der Bühne und sah eine Werbung der DKU zufällig an der Bushaltestelle. Er erinnert sich an seine Studienjahre: „Schwierig war eigentlich alles: das Lehrprogramm, die vielen neuen Informationen und der Deutsch- und Englischunterricht auf Universitätsniveau.“ Im engen Kontakt zu seinen Dozenten arbeitete Maxim Koslow an seinen mathematischen Fähigkeiten und Sprachkenntnissen.
„Vor meinem Studium konnte ich kein Wort Deutsch. Dann sah ich eine Fernsehsendung der Deutschen Welle und verliebte mich in den Klang der Sprache, die ich fortan eifrig lernte“, sagt Maxim Koslow. Nach Abschluss seiner praxisorientierten Diplomarbeit fand er direkt eine Stelle in der Marketingabteilung eines Unternehmens. Heute arbeitet der ehemalige DKU-Student als Regionalmanager bei Bonduelle. Er sieht die Qualität der DKU-Ausbildung in der Verknüpfung von Theorie und Praxis: „Aus Wirtschaftslehrbüchern kann man sich nur teilweise auf sein späteres Berufsleben vorbereiten. Schon früh in meinem Studium an der DKU habe ich gelernt, wie der Unternehmensalltag in der Realität abläuft.“
Auch die DKU-Absolventin Julia Tschernajewa, 27 Jahre, schwärmt von den Fachkenntnissen der Dozenten und der Methodik des Unterrichts. Sie studierte von 1999-2004 Internationale Beziehungen an der DKU und arbeitet heute bei der Sorros Stiftung an einem Projekt über Public Accountability. „Nach einer Präsentation in der Schule bin ich auf das Studium an der DKU aufmerksam geworden. Mich hat einfach alles angezogen: das Studienfach, die Sprachausbildung und das Wissen der Dozenten.“
Alexander Picker, Präsident des Deutschen Wirtschaftsklubs in Kasachstan, wartet auf weitere aussichtsreiche Abschlusskandidaten der DKU: „Die Wirtschaft braucht die Absolventen der Deutsch-Kasachischen Universität.“ Er empfiehlt allen Studenten, ihre Kenntnisse zu vertiefen und nicht nur für gute Prüfungsleistungen zu lernen. „Wer alles gibt, auf den wartet eine abwechslungsreiche Karriere“, so Picker.
Von Christine Karmann
23/10/09