Die Krise mit den leichtfertigen Finanzierungen von Immobilien in den USA ist vom internationalen Finanzsystem noch nicht verdaut. Mit Sicherheit werden noch weitere Probleme zutage kommen. Auch wenn in Kasachstan im Moment von offizieller Seite beruhigt wird, ist es durchaus denkbar, dass es auch hierzulande zu Kreditproblemen kommt.

Viele kasachische Banken haben eine ganze Menge Hausaufgaben zu machen, um ihr eigenes Kreditportfolio in Ordnung zu bringen und überschüssige Risiken aus diesen zu nehmen. Diese Risken sind zwar nicht unbedingt durch die Kreditkrise in den USA entstanden, wohl aber gibt es bestimmte Parallelen dazu.

Möglicherweise zeitgleich damit entsteht eine neue Gefahr für die Weltwirtschaft, allerdings von einer ganz anderen Seite. Es ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Differenzen in der Bewertung und in der Regulierung von Wechselkursparitäten in einen handfesten Handelskrieg ausarten. Worum geht es?

Seit Jahren weist die Handelsbilanz der USA ein großes Defizit auf, das heißt, es wird in die USA mehr importiert, als von dort exportiert wird. Mit anderen Worten: Viele ausländische Waren sind in den USA wettbewerbsfähig und werden auch intensiv gekauft, während sich US-Waren im Ausland wesentlich geringerer Beliebtheit erfreuen, also weniger wettbewerbsfähig sind. Auf der Gegenseite müssen demnach jedoch Länder mit den USA einen starken Exportüberschuss erwirtschaften, also dorthin mehr exportieren als von dort importieren. Diese Länder sind schnell ausgemacht, es sind Japan und vor allem China. Insbesondere die chinesischen Unternehmen erlösen in den USA aus dem Verkauf ihrer Waren große Dollarmengen, von denen jedoch nur ein relativ geringer Teil für die Finanzierung der laufenden Importe von US-Waren benötigt wird. Der große Rest bleibt als sogenannter positiver Außenhandelssaldo in Höhe von Dutzenden von Milliarden US-Dollar jährlich in China hängen.

Insgesamt hat China – natürlich nicht nur aus dem Außenhandelsüberschuss mit den USA – die gewaltige Summe von 1,3 Billionen Dollar Devisenreserven angehäuft. Dieses Geld muss „arbeiten“, sich also verzinsen. Eine gute Möglichkeit dafür ist der Kauf von Staatsanleihen der USA, weil der Staatshaushalt der Vereinigten Staaten seit langer Zeit ein großes Defizit aufweist, das von Wertpapierinvestoren finanziert werden muss. Gewöhnlich kaufen solche Staatsanleihen überwiegend die Bürger und Institutionen des eigenen Landes.
Im Falle der USA ist das jedoch etwas anders. Der durchschnittliche US-Bürger spart zum einen ziemlich wenig, und wenn er spart, dann legt er sein Geld eher in Aktien an als in Staatsanleihen. Die Chinesen aber kaufen gerne letztere, sie finanzieren damit in nicht geringem Maße die Staatsausgaben der USA, darunter auch die Militärausgaben. Mittlerweile befinden sich Staatsanleihen in Höhe von mehreren hundert Milliarden US-Dollar im Besitz chinesicher Investoren. So weit, so gut.

Das große Handelsbilanzdefizit der USA mit China kommt auch deshalb zustande, weil der Wechselkurs des chinesichen Renminbi zum Dollar künstlich auf einem niedrigen Niveau fixiert ist und sich nicht nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage (flexibler Wechselkurs) bildet. Seitens der chinesichen Führung und der chinesischen Zentralbank wird dieser zu niedrige Kurs auch hartnäckig verteidigt, weil so die Preise der chinesichen Exportwaren künstlich billig gehalten werden können.

Das gefällt natürlich der amerikanischen Führung und den US-Unternehmen nicht, weshalb sie mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds und der WTO dagegen vorgehen. Bisher jedoch ohne großen Erfolg. Doch sie bleiben hartnäckig. Das reizt die Chinesen wiederum, weshalb nun der chinesiche Nationalbankchef die USA gedroht hat: Sollten die USA weiterhin auf einer Aufwertung des Renminbi bestehen – das würde chinesische Exporte im Ausland teurer machen und ausländische Importe in China billiger – könnte man seitens Chinas auch an den Verkauf größerer Mengen von amerikanischen Staatsanleihen denken. Das würde bedeuten, das zum einen der US-Haushalt nicht voll finanziert sein würde, zum anderen aber – und das vor allem fürchtet die Weltgemeinschaft – würde der Dollar weiter abgewertet, weil sich sein Angebot auf den Weltfinanzmärkten schlagartig erhöhen würde. Wenn dann noch die chinesischen Investoren in großem Stil, zum Beispiel in Euroanleihen, investieren, würde der sowieso schon unangenehm hohe Eurokurs noch weiter steigen. Dadurch würde sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit von Waren aus der Eurozone verschlechtern, was dort zu vermehrter Arbeitslosigkeit und entsprechenden sozialen Verwerfungen führen könnte.

Insgesamt also eine wenig erfreuliche Gemengelage von gegenseitigen Abhängigkeiten und unterschiedlichen Interessen. Wenn es denn einen Ausweg gibt, dann sollte er in gemeinsamen, abgestimmten Aktionen der westlichen Industriestaaten bestehen, um den Wechselkurs des Renminbi zu den wichtigsten Währungen flexibel zu machen, also von Angebot und Nachfrage bilden zu lassen. Dann würde das Ausgangsproblem, der horrend große Exportüberschuss Chinas in andere Länder zumindest zum großen Teil schnell schwinden. Das Problem wäre nicht durch die Politik gelöst, sondern durch einen neutralen Marktmechanismus. Im Moment scheint mir jedoch die Gefahr eines Handels- und Finanzkrieges größer zu sein, als die Chance für eine marktwirtschaftliche Lösung.

Bodo Lochmann

14/09/07

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