Dynamische Kompositionen, virtuose Klänge, lebhafte Performances. Das Morgenland Festival Osnabrück spannte mit drei Konzerten am vergangenen Wochenende den Bogen zwischen traditioneller Musik und modernen Jazz-Interpretationen.
Die riesige Philharmonie von Almaty ist bestens gefüllt, als am Samstagabend das Licht gedimmt wird und das kasachische Ensemble Khazar die Bühne betritt. Die sechs Jungmusiker harmonieren mit ihrem Zusammenspiel aus Dombra, Kobys, Saz sowie der landestypischen Jetigen. Die mitreißende Musik wird begleitet von der singenden Abdrakhim Gaukhar, die mit ihrer vollen Stimme den ganzen Raum ausfüllt. Gefühlvolle Rhythmen führen das Publikum in fremde Welten. Sie werden bestimmt von den trommelverwandten Instrumenten wie Cajon und Dabyl.
Drei Tage lang begeisterte das Morgenland Festival Osnabrück Almaty. Mit arabischen Klängen gab der Instrumentalist und Sänger Ibrahim Keivo im Museum für Volksmusikinstrumente am Donnerstagabend den Auftakt zu dem musikalischen Ereignis. Kasachische Akzente wurden am darauffolgenden Tag beim Auftritt der bekannten Kobys-Spielerin Raushan Orozbaeva und der Epen-Sängerin Ulzhan Baibussynova gesetzt.
Die Präzision Orozbaevas auf der kasachischen Laute und dem dazu harmonierenden Gesang beeindruckte das Publikum, was sich nicht zuletzt in Standing Ovations äußerte. Die klangvolle Zusammenkunft in der Philharmonie stellte den Abschluss des Festivals dar.
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Multikulturelle Melodien
Nach dem schwungvollen Einstieg des Ensembles Khazar kommen die Morgenland All Stars hinzu, welche aus einer Formation verschiedenster Sänger und Instrumentalisten bestehen. Die Talente der Musiker entfalten sich im gemeinsamen Spiel, situativ werden unterschiedliche Instrumente wie Tuba, Darbouka oder Klarinette hervorgehoben. Das Gespielte ist geprägt von Passagen traditioneller Melodien, jazzigen Akzenten und Momenten des musikalischen Zusammenkommens, das an eine Neudefinition der Big Band erinnert.
Die dargebotene Weltmusik ist aus gutem Grund facettenreich. Nicht nur die kasachische Seite, sondern auch die Herkunft der Musiker gestalten das Konzert mit. Die All Stars Musiker stammen aus Frankreich, Deutschland, Syrien, Aserbaidschan, Libanon und Polen. Die Vielschichtigkeit dieser Einflüsse kommt direkt in den Ohren des Publikums an.
Bei einer musikalischen Session am Freitagabend lernten die Interpreten im Muzcafé zwei kasachische Blasinstrumentalisten kennen. Spontan komplettierten die beiden Musiker das Doppelkonzert des Khazar Ensembles und der Morgenland All Stars.
Die Ursprünge des Festivals
2005 fand das Morgenland Festival Osnabrück zum ersten Mal statt. Seitdem widmet sich das Festival der Musikkultur des Nahen Ostens und Zentralasiens und bewegt sich zwischen traditionellen Klängen, Jazz und Rock, bis hin zu Avantgarde. So gibt es zwar jährlich wiederkehrende Konzerte in Osnabrück, vielmehr ist aber auch immer ein bestimmtes Land im Fokus der Veranstalter. Verschiedene musikalische Projekte konnten so in Syrien, Jordanien, Iran oder Irak realisiert werden.
Was den künstlerischen Leiter und Gründer Michael Dreyer dazu bewogen hat, das Festival nach Almaty zu holen, erklärt er durch seine langjährigen Reiseerfahrungen: „Bevor wir das Festival ins Leben gerufen haben, bin ich sehr viel in Zentralasien und im Nahen Osten gereist. Ich wollte mehr von den Kulturen kennenlernen, die einem sonst so unbekannt sind.“
Getrieben ist das Festival auch durch die Idee, klischeehaften Bildern der vielseitigen Regionen entgegenzuwirken. Der scheinbar geheimnisvolle Orient wird so entzaubert, ohne ihm dabei seine Faszination abzusprechen. Die erzeugten Töne zeigen fremde als auch dem Hörer bekannte Klangmuster auf.
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Das mehrtägige Gastspiel in Almaty stellt so eine östliche Erweiterung zu den bisherigen Festivaljahren dar. Die musikalischen Begegnungen überraschen in den Tagen des Festivals einerseits mit der kreativen Vielfalt ihres Klangbilds, andererseits inspirieren sie das Publikum auf einer kulturellen Ebene. Denn wo so viele Musiker aus unterschiedlichen Regionen zusammentreffen, gibt es einiges auszutauschen. Die einzelnen Erfahrungen und Fähigkeiten der Instrumentalisten und Sänger fließen in ein großes Ganzes zusammen.
Das Festival stärkt somit nicht nur die deutsch-kasachischen Beziehungen, sondern zeigen auch durch das Aufeinandertreffen verschiedener Musikkulturen auf internationaler Ebene eine Form des Zusammenhalts, den man sich nicht nur für die Kunst wünscht.