Auch oder gerade in Krisenzeiten ist es normal, dass viele Ideen geboren, erprobt und auch verworfen werden. Das Spektrum solcher Ideen ist sehr breit und reicht vom klaren Unsinn über Wünschenswertes, aber kaum Realisierbares bis hin zu genialen Geistesblitzen. Die Generierung vieler Ideen lässt sich durchaus als ein positives Ergebnis der aktuellen Krise sehen.

Zu den Dingen, die unter die Kategorie „Unsinn“ fallen, gehört zum Beispiel der Vorschlag eines der Berater des hiesigen Präsidenten, das Wort „Krise“ einfach nicht zu gebrauchen. Schön wär‘s ja, wenn sich so einfach Probleme lösen ließen. Zu den Dingen, die zwar wünschenswert, aber im Moment nicht realisierbar sind, gehört der unlängst vom kasachischen Präsidenten erneuerte (aber keinesfalls neue) Vorschlag der Einführung einer einzigen Weltwährung unter Führung der UNO. Selbst wenn dieses Projekt kurzfristig realisierbar wäre, könnten damit nur Probleme wie die ständigen Wechselkursschwankungen mit ihren nur schwer kalkulierbaren Folgen für Real- und vor allem Außenhandelswirtschaft gelöst werden, nicht aber die der aktuellen Krise. Unrealisierbar ist das Projekt schon deshalb, weil sowohl die allgemeinwirtschaftlichen, als auch die finanziellen Eckdaten der Länder viel zu unterschiedlich sind. Außerdem driften die wirtschafts- und finanzpolitischen Strategien der einzelnen Länder extrem auseinander. Dazu kommt noch eine Vielzahl nationaler Egoismen, die man auch Stolz auf die eigene Währung nennen kann. Realistischer ist da wohl schon die Schaffung regionaler Währungsverbände, auch wenn damit keine „Endlösung“ des Problems schwankender Wechselkurse oder der De-facto-Dominanz nur einer Weltreservewährung erreicht werden kann. Zumindest kann durch gemeinsame Währungen und deren Fundament (gemeinsame Freihandelszonen, einheitliche Finanz- und andere Kriterien) eine Stabilisierung finanzieller und realwirtschaftlicher Prozesse auf regionaler Ebene erreicht werden. Das ist ja auch etwas wert. Übrigens machen dies im Moment die Länder am Persischen Golf – Bachrain, Katar, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Kuwait – auch den zentralasiatischen Staaten vor: Erstere haben noch vor der Krise begonnen, miteinander eine Freihandelszone zu bilden. Nach nur etwas mehr als einem Jahr Verhandlungen war diese perfekt und funktioniert auch. Ab dem ersten Januar nächsten Jahres soll nun – außer in Oman – eine neue, gemeinsame Währung eingeführt werden. Im GUS-Raum, darunter im zentralasiatischen Gebiet, wird nun schon mehr als 15 Jahre verhandelt und gefeilscht, aber eine wirkliche Freihandelszone ist nicht in Sicht. Der Vorschlag Russlands zur Nutzung des Rubels als gemeinsame Währung blieb unbeantwortet, sicher vor allem aus politischen Gründen.

So gibt es eine große Anzahl durchaus interessanter Vorschläge auf der einen und überwiegend nationale Lösungen auf der anderen Seite. Nicht einmal die EU – die allerdings auch kein Einheitsstaat ist oder werden will – hat sich bisher auf eine einheitliche Strategie zur Krisenbewältigung verständigen können oder wollen. Das ist bei dem hohen Verflechtungsgrad der EU-Volkswirtschaften ziemlich problematisch.

Auch im Bereich der Wechselkurse – dem Barometer der weltweiten Wettbewerbsfähigkeit – werden sehr unterschiedliche und manchmal eigenwillige Wege gegangen. Die großen Wirtschaftsnationen lassen prinzipiell die Märkte den Preis einer Währung in einer anderen bestimmen. Das schafft sowohl bei zu starker als zu schwacher Währung durchaus Probleme. Doch bei den großen Mengen an Devisen, die täglich getauscht werden, würde ein Kauf oder Verkauf von 50 oder selbst 100 Milliarden Dollar oder Euro keine anhaltenden Stabilisierungseffekte erzielen können. Kleinere Länder gehen da andere Wege, das heißt, sie regulieren die Wechselkurse durch den Kauf nicht nachgefragter oder den Verkauf stark nachgefragter Devisen. Letzteres geht natürlich nur, wenn die Nationalbank auch eigene Devisenreserven hat oder sich diese beim Internationalen Währungsfonds borgen kann. Eher Notlösungen im Wechselkursbereich sind wohl die Varianten, die Weißrussland oder Usbekistan praktizieren. In Weißrussland müssen die Exporteure 70 Prozent ihrer Devisenerlöse sofort nach deren Eingang auf dem Konto zum Verkauf auf dem nationalen Devisenmarkt anbieten. In Usbekistan will man eine Abwertung der nationalen Währung wie in Kasachstan oder Russland verhindern, und schränkt die Freiheit des Devisenverkehrs stark ein. So müssen alle Devisen auf speziellen Konten geparkt werden. Wird das ausländische Geld nicht innerhalb von sieben Tagen nach bestimmten Verwendungsvorschriften ausgegeben, wird es an der Devisenbörse zwangsverkauft. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sind die Unternehmen verpflichtet, ihre Selbstkosten kurzfristig um 20 Prozent zu senken. Dazu werden sie von Regierung und Staatsanwalt alle zwei Wochen überprüft. Entlassungen als schnellster Weg zur Kostenminderung sind so wohl programmiert.

Den Stein der Weisen hat also bisher niemand gefunden, so dass man weiter den Ideenstrom stimulieren und anschließend auf Brauchbares hin durchforsten muss.

Bodo Lochmann

06/03/09

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