Vor kurzem haben Schülerinnen und Schüler in Almaty im Rahmen des Projektes „Lesen, Schreiben, Sprechen“ den Online-Workshop „Umwelt und Umweltschutz“ besucht. Eingeladen dazu hatte das Goethe-Institut Kasachstan anlässlich des 30-jährigen Jubiläums seines Bestehens (die DAZ berichtete).

In der zweiten Workshop-Woche zum Thema „Tierschutz“ hat Nidal Jaserovic Hassan, Tierarzt und Leiter der Abteilung für Chirurgie, Traumatologe, Orthopäde, Neurologe des Netzwerkes von Tierkliniken „Vera-vet“, auf die Fragen der Schüler rund um die Tiere geantwortet.

Herr Hassan, wie erklären Sie Tierbesitzern die Risiken und möglichen Komplikationen vor einer Operation?

Alle Risiken und Komplikationen sollte man vor der Operation besprechen. Es impliziert die primäre chirurgische und die primäre anästhesiologische Aufnahme, wann ein Haustier zur ersten Konsultation gebracht wird. Unsere Aufgabe ist, alles über das Leben des Haustieres zu fragen: wann es geboren wurde, welche Krankheiten es hat, ob es zuvor Anästhesie hatte. Und vor jeder Operation ist eine Diagnose wie bei Menschen notwendig: allgemeiner biochemischer Bluttest, Herzecho, Ultraschall der vorderen und hinteren Gliedmaßen und Beratung durch einen Kardiologen, damit wir alle möglichen Risiken minimieren können.

Wie gehen Sie psychologisch und emotional mit Situationen um, in denen Patienten nicht überleben?

Wenn wir in die Tiermedizin gehen, müssen wir uns auf Unfälle moralisch vorbereiten. Als ich ein junger Spezialist war, gab es einen Psychologen in der Klinik, wo ich arbeitete, der bei der Arbeit mit Tierverlusten half und alles mit uns besprochen hat. Manchmal hängt nicht alles von uns Tierärzten ab. Vieles hängt auch von dem Haustier selbst und seinem Zustand, der Pflege durch den Besitzer vor oder nach der Operation ab. Es gibt manchmal eine große Anzahl verschiedener Krankheiten bei Tieren vor der Operation.

Ein sensibles Thema: Unter welchen Bedingungen würden Sie Einschläferung empfehlen?

Diese Frage ist immer individuell, alles hängt von der Lebensqualität des Haustieres ab. Wenn es sich um Haustiere mit Metastasen, bösartigen Tumoren handelt, ist es notwendig, die Lebensqualität des Haustieres zu verbessern. Unsere Aufgabe ist es, dem Tier eine Bewertung der Beschwerden zu geben, die aus zehn Punkten besteht. Wenn sieben bis zehn Punkten versuchen wir, die Lebensqualität zu verbessern: Zwangsernährung, Chemotherapie. Wenn es einem Haustier nicht besser geht und es nicht frisst, nicht trinkt und nur leidet, empfehlen wir Einschläferung.

Es gibt Momente, in denen viele Besitzer das unvermeidliche Ende von Haustieren mit einem bösartigen Tumor verzögern. Einschläferung sollte nicht wie das Töten von Tieren verstanden werden, sondern bewusst gebraucht werden. Wenn ein Tier leidet, muss es eingeschläfert werden. Ich hatte auch einen Kater. Er war 16 Jahre alt, aber wir ließen ihn wegen Bauchspeicheldrüsenkrebs gehen, er lebte fünf Monate aktiv, aber dann konnte sein Körper nicht mehr funktionieren und wir beendeten seine Qualen.

Was würden Sie an der Veterinärmedizin ändern?

Wir möchten die jährliche Dispensairebetreuung ändern. Ab einem Alter von ein bis fünf Jahren wäre es gut, wenn die Besitzer ihre Tiere einmal im Jahr zur Routineuntersuchung bringen würden. Man sollte minimale Tests durchführen: allgemeiner und biochemischer Bluttest, Ultraschall des Herzens, Röntgen des Brustkorbs und der inneren Organe. So könnte man Krankheiten im Anfangsstadium sehen und verfolgen, um chronische Krankheiten zu vermeiden.

Ich würde auch die Einrichtungen ändern, die selbst in Almaty fehlen, obwohl Almaty als eine Stadt in ganz Kasachstan gilt, wo die Tierheilkunde besonders gut entwickelt ist. In der Stadt gibt es nur 17 Röntgengeräte, 10-15 Ultraschalldiagnosegeräte und nur einen tierärztlichen Computertomographen. Man sollte gute Spezialisten finden, um jüngere Spezialisten auszubilden, damit unser Veterinärkreis immer mehr wächst und sich entwickelt. Bevor ich ein orthopädischer Unfallarzt wurde, arbeitete ich acht Jahre lang in der Diagnostik, bis ich entsprechende Erfahrungen hatte.

Sie sagten, man sollte bei Tieren Tests für Diagnosen durchführen. Wie stellen Tierärzte die Diagnosen fest, wenn Tiere nicht sagen können, was sie beunruhigt?

Unsere Hauptarbeit ist mit der Kommunikation mit den Besitzern der Tiere verbunden. Wir fragen sie nach allem: Rasse, Alter, Spitzname, wann das Tier krank war, wann es geimpft wurde, was es gefressen hat, welche Symptome es letzte Woche hatte. Daraus erstellen wir ein klinisches Bild. Bluttests und Labordiagnosen sind wichtig, damit wir verstehen können, was mit den inneren Organen passiert.

In der Unfallchirurgie und Orthopädie hängt alles von der Sichtprüfung ab. Es dauert 10-15 Minuten, in denen man die Bewegungen des Haustieres beobachtet, um festzustellen, welche Veränderungen mit bestimmten Knochen auftreten können. Für eine genaue Diagnose ist Wissen sehr wichtig: Je mehr man übt, liest, lernt, desto leichter ist es, eine Diagnose zu stellen. In vielen engen Fachrichtungen stellen wir eine Liste von Differentialdiagnosen zur Verfügung. Zum Beispiel haben wir bei der ersten Aufnahme ungefähr fünf Diagnosen gestellt.

Welche Fähigkeiten sollen gute Tierärzte haben?

Wir Tierärzte gehen alle in diesen Beruf, um Tieren zu helfen, und wir dürfen nicht naserümpfend, unfreundlich sein. Wir müssen in erster Linie versuchen, sowohl dem Besitzer als auch dem Haustier zu helfen. Fleiß ist auch sehr wichtig. Man kann nicht gleichzeitig faul und ein guter Spezialist sein. Man muss ständig arbeiten. Und es muss auch Mitgefühl und Liebe für unsere kleineren Brüder und Schwestern geben.

Wie lange dauert die durchschnittliche Tieroperation?

Wenn wir über die einfachsten Operationen sprechen, dauert die Sterilisation und Kastration 5-15 Minuten. Wenn wir über mittlere Operationen, Fremdkörperentfernung oder die einfachsten Frakturen sprechen, dann von 30 Minuten bis zu einer Stunde. Diese Zeit vergeht vom Moment der Vorbereitung des Tieres bis zum Nähen der OP-Wunde.

Sie haben wahrscheinlich in Ihrer Karriere verschiedene Patienten getroffen. Könnten Sie bitte von interessanten Fällen und ungewöhnlichen Tieren erzählen, die Sie hatten?

Von den ungewöhnlichen Tieren waren es Kätzchen der Rasse Serval, sie sehen wie Leoparden aus. Sie wurden mit der häufigsten Panleukopenie-Infektion behandelt, weil sie die Impfung nicht rechtzeitig erhalten haben und von einer erwachsenen Katze infiziert wurden. Unter den exotischen Tieren auf dem OP-Tisch waren Karakals, das sind Wildkatzen mit dem F1-Phänotyp. Dies ist eine Rasse, die entweder für den Menschen oder für die Natur oder den Streichelzoo gezüchtet wird.

Was sind die häufigsten Fehler, die Tierbesitzer bei der Pflege ihrer Haustiere machen?

Erstens ist ein sehr häufiger Fehler eine falsche Fütterung, die in 70 Prozent der Fälle auftritt. Auf einer Packung bei jedem Futter ist die tägliche Nahrungsmenge für das Haustier angegeben. Viele Besitzer schauen sich das nicht an, deshalb haben die Tiere Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt.

Zweitens ist da die Selbstbehandlung der Tiere zu Hause. Viele Besitzer geben ihren Haustieren selbstständig menschliche Arzneimittel, zum Beispiel Aspirin, Paracetamol, die für Tiere sehr gefährlich sind, weil sie z. B. zur Magenreizung und zur inneren Blutung führen.

Drittens lassen die Menschen im Sommer die Fenster wegen der Hitze offen, aber es gibt keine Netze oder Schutzgitter. Katzen fallen sehr oft aus mehrstöckigen Häusern, was zu verschiedenen Verletzungen führt. Manchmal passiert es auch, dass kleine Hunde aus Fenstern fallen, weil sie sich freuen, wenn sie die Besitzer vom Fenster aus sehen und rausspringen.

Viertens gibt es eine Ignoranz gegenüber der rechtzeitigen Diagnostik, der Impfungen und der Behandlung der Haustiere, besonders der Hunde und Katzen, gegen Parasiten.

Vielen Dank für Ihre Antworten. Wir wünschen Ihnen auch weiterhin viel Erfolg in Ihrem Beruf und hoffen, dass die Entwicklung von Diagnosegeräten für Tiere bald besser wird und die Tiermedizin sich weiterentwickelt.

Das Interview haben die Schülerinnen der Nazarbayev Intellectual School of Chemistry and Biology in Almaty Dana Nurtay und Yelizaveta Partolina geführt.

Die Übersetzung des Interviews haben die Studentin Luisa Vatutina und die Schülerin Dana Nurtay mit Unterstützung von Jamilya Tokhtarova geleistet.

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