Der erste Schritt, einem Land, seiner Kultur und seiner Gesellschaft näher zu kommen, ist die Sprache. Durch die vom Auswärtigen Amt 2008 ins Leben gerufene Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ wird die deutsche Sprache in 1.500 Schulen weltweit gefördert. Und so der Grundstein für eine internationale Karriere der Absolventen gelegt. Annemarie Bechert, die „Expertin für Unterricht“ der Initiative, erzählt im Interview mit der DAZ von ihrer Arbeit, die deutsche Sprache in Kasachstan zu fördern.

/Bild: privat. ‚Selbstbewusst, witzig und gewandt beantworten die Schüler der PASCH-Schule Nr. 62 in Astana die Antworten der Reporterin von der Deutschen Welle.’/

Frau Bechert, was waren die Schwerpunkte Ihrer Arbeit als „Expertin für Unterricht“?

Ich kam im April 2008 nach Kasachstan und habe zuerst ungefähr zwei Monate vom Goethe-Institut in Almaty ein Netzwerk für die Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ (PASCH) angefangen aufzubauen. Dazu gehörten vor allem Reisen an die vorgesehenen Standorte für PASCH-Schulen in Astana, Karaganda, Kokschetau und Pawlodar. Dort habe ich verschiedene Schulen besucht, die mir von den Partnern des Goethe-Instituts, besonders auch den Sprachlernzentren, vorgeschlagen wurden. Zusammen mit den Leiterinnen der Sprachlernzentren, die natürlich auch viel Hintergrundinformation beitragen konnten, versuchte ich mir ein Bild von möglichen PASCH-Schulen zu machen. Eine Vorgabe war ja, dass sie ein mathematisch-naturwissenschaftliches oder ökologisches oder informationstechnisches Profil haben mussten. Auch sollte es sich um engagierte und auf die Zukunft ausgerichtete Schulen handeln, was man natürlich bei einem ersten Besuch nicht immer sofort erkennen kann.

Was hat Ihnen besonders gut an dieser Arbeit gefallen?

Schon von Anfang an konnte und musste ich sehr viel eigenständig erarbeiten und entscheiden, was einerseits ein Vorteil ist, andererseits brauchte man aber auch immer wieder Partner, um sich gerade im interkulturellen Bereich richtig zu verhalten. Diese Partner fand ich von Anfang an bei den Leiterinnen und Lehrerinnen der Sprachlernzentren und im Goethe-Institut in Almaty.

Wie beurteilen Sie die Erfolge von PASCH in Kasachstan und Zentralasien?

Ich bin, ganz unbescheiden, stolz darauf, dass innerhalb von drei Schuljahren PASCH an den Schulen und an den Standorten der Schulen einen großen Erfolg zeigt. Mit Blick auf die großen Herausforderungen an die Schulen, Lehrer, Eltern und Schüler in den Schulen in Kasachstan heute, die durch die Neubildung des Gesellschaftssystems und dabei natürlich auch des Bildungssystems entstehen, ist der Zuwachs von durchschnittlich 100 Deutschschülern pro PASCH-Schule und damit natürlich auch die Beschäftigung von weiteren Deutschlehrerinnen an den Schulen ein herausragendes Ergebnis.

Inwiefern ein herausragendes Ergebnis?

Wenn sich die jungen Menschen nun nicht nur mit den beiden Sprachen ihres Heimatlandes, Kasachisch und Russisch, sowohl als Fremdsprache als auch als Muttersprache beschäftigen müssen und dann noch zwei europäische Fremdsprachen (Englisch und Deutsch) lernen wollen, so ist das ganz sicherlich eine große Leistung. Geholfen hat auf jeden Fall, dass das Ministerium für Bildung und Wissenschaft der Republik Kasachstan, aber auch die jeweiligen Bildungsverwaltungen von Anfang an das Projekt befürwortet haben und sich Schulleitungen wie Deutschlehrerinnen sehr engagiert und mit viel Kraft den Angeboten der Initiative stellten; kennt man die hohe Stundenzahl und die vielen notwendigen Arbeiten im schulischen Alltag, so sind die regelmäßige und aktive Teilnahme an Fortbildungen, an Fernkursen oder auch an Wettbewerben des Goethe-Instituts immer auch eine zusätzliche Belastung. Die Deutschlehrerinnen haben sich dieser Herausforderung gestellt, so dass alle nicht nur ihr sprachliches Niveau, sondern auch ihre methodisch-didaktischen und landeskundlichen Kenntnisse wesentlich erhöhen und in den Unterricht einbringen konnten.

Worin besteht der Unterschied von PASCH zu den Sprachdiplom (DSD)-Schulen?

Die Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ ist ein Projekt für Schulen insgesamt. Es konnten sich Schulen um eine Aufnahme bewerben, die nicht wie im Bereich von DSD (die DSD-Schulen sind allerdings weltweit auch PASCH-Schulen) einen linguistischen Schwerpunkt haben, sondern in Richtung Mathematik-Naturwissenschaften oder Ökologie, EDV-Wissenschaften gehen.

Was bedeutet das genau?

Das bedeutete für Kasachstan, dass wir aktive Schulen suchten, an denen bereits Deutsch, wenn auch nur als 2. Fremdsprache mit ganz wenigen Wochenstunden unterrichtet wurde. Ferner war für die Auswahl natürlich auch die entsprechende Zustimmung durch die lokale Bildungsverwaltung und das Bildungsministerium wichtig und die Frage, ob diese Schule durch ihre Aktivitäten auch wieder zu einer Art Deutsch-Kompetenzzentrum werden kann. Dies hängt natürlich fast ausschließlich mit dem Engagement und der Fertigkeit, Visionen umzusehen, zusammen, die die Menschen an den Schulen, allen voran die Deutschlehrerinnen aber auch ihre Schulleitungen, haben. Strukturelle Veränderungen abzuwarten nützt nichts, wenn man in kurzer Zeit positive Entwicklungen in Gang setzen will: und das ist an den PASCH-Schulstandorten des Goethe-Instituts gelungen. Uns war immer wichtig, dass durch die Fortbildungsangebote und besonders die Angebote zu den Goethe-Prüfungen möglichst viele andere engagierte Lehrerinnen und Schulen an den Standorten einbezogen werden können.

Konnten Sie dieses Ziel erreichen?

Ja, weitgehend ist uns dies gelungen: in Pawlodar hat in diesem Jahr schon zum 2. Mal eine ganze 4. Klasse erfolgreich die Prüfungen zu FIT 1 abgelegt, auf die sie ihre (nicht-PASCH) Deutschlehrerin selbstständig vorbereitet hat. In Kokschetau hat die Nazarbayev Intellectual School ab Februar dieses Jahres mit zwei Deutschlehrerinnen und über 70 Schülern den Unterricht von Deutsch als 2. europäischer Fremdsprache aufgenommen und auch in Astana ist die Präsidentenschule derzeit dabei, dies vorzubereiten. Die Leiterinnen der Sprachlernzentren an den PASCH-Standorten berichten schon seit geraumer Zeit, dass sie mehr und mehr jugendliche Interessenten für Schüler- oder Kinderkurse haben und diese auch sehr viel mehr Interesse an und Engagement für Deutsch in den Kursen zeigten als dies vorher erkennbar war. Im Fazit auch für mich ein erfreuliches Ergebnis einer multiplikatorischen und nachhaltigen Arbeit aller an PASCH beteiligten Partner an den Standorten.

Zu dem Programm der PASCH-Schulen gehören auch Auslandsaufenthalte meist in Form von Schüleraustauschen. Wie viele Schüler haben die Möglichkeit eines solchen Schüleraustausches in Anspruch genommen?

Insgesamt 50 Schüler und Schülerinnen konnten seit Beginn der Initiative, im Jahr 2008, hier in Kasachstan an den internationalen Jugendsprachkursen in Deutschland teilnehmen.
Dieses wichtige Projekt des Auswärtigen Amtes und des Goethe-Instituts ist eines der wichtigsten Elemente der Initiative, weil es nicht nur Schüler von PASCH-Schulen weltweit zusammenbringt, sondern natürlich auch den kasachischen Teilnehmern die Möglichkeit gibt, ihr Land und ihre Stadt zu repräsentieren. Die PASCH-Schule in Pawlodar führte im letzten Jahr im Rahmen der Aktivitäten von „Deutschland in Kasachstan“ eine Begegnung mit dem Goethe-Gymnasium in Weimar durch, die durch Mittel des Auswärtigen Amtes, des Goethe-Instituts und von Sponsoren des Jahres „Deutschland in Kasachstan“ großzügig gefördert wurde. Im Zentrum der Begegnung standen hier in Kasachstan Konzerte des Chors der thüringischen Schule in Pawlodar und in Astana. Aus dieser Begegnung sind Freundschaften und auf jeden Fall tiefe Erinnerungen hervorgegangen.

Welche Voraussetzungen müssen die Schüler für ein Stipendium mitbringen?

Dies ist ein wichtiges Thema, das natürlich auch viele Schulabgänger der PASCH-Schulen interessiert. Ein Studienplatz in Deutschland hängt ja nicht nur von den sprachlichen Voraussetzungen, sondern auch von den gewählten Fachrichtungen und den Aufnahmeentscheidungen der hier autonomen Universitäten ab. In der Region Osteuropa-Zentralasien wird für PASCH-Schulen derzeit ein System erprobt, das unter dem Namen „Studienbrücke“ auch Schülern aus den PASCH-Schulen in der Betreuung des Goethe-Instituts es ermöglicht, über verschiedene Fortbildungsstufen und –stipendien die Prüfung für den Studienzugang in Deutsch (Sprachniveau C1) abzulegen. Die PASCH-Schüler und ihre Eltern können sich auch bei diesen Fragen z.B. über den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) informieren, der ebenfalls mit Stipendien und anderen Aktivitäten Partner der Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ ist.

Wie groß ist denn das Interesse, Deutsch zu lernen, in Kasachstan?

In Kasachstan hat die positive Erinnerung an Deutsch und an die deutschstämmigen Nachbarn gerade an den Standorten der PASCH-Schulen ganz sicherlich dazu beigetragen, dass so rasch auch wieder mehr Schüler Deutsch erlernen wollen. Aber man muss das heute sehr realistisch auch im Zusammenhang mit den Herausforderungen sehen, vor denen Schulen, Eltern, Schüler, und die Bildungsbehörden – aber ganz sicherlich auch die Einrichtungen des tertiären Bildungsbereichs – stehen, wenn es darum geht, die kasachstanische Bevölkerung auf eine moderne, globalisierte Welt vorzubereiten. Das Interesse an Deutsch wird daher auch immer eng mit den Planungen der jungen Menschen bezüglich ihres Berufs und ihrer zukünftigen Karriere zusammenhängen.

PASCH konnte gerade hier viel tun, um solche Entscheidungen sachlich zu treffen, und hat u.a. mit der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty natürlich auch eine „Ziel-Einrichtung“, die mittlerweilen schon von recht vielen ehemaligen PASCH-Schülern gewählt wird, sofern sie es sich auch aus finanziellen Gründen leisten können.

Können Sie – sofern Sie daran beteiligt waren – mehr über das Projekt „Sport und Außenpolitik“ und die Initiative „Deutsch – Sprache der Ideen“ erzählen?

An diesen beiden Projekten waren wir in Kasachstan selbst nicht aktiv beteiligt, aber die Initiative „Deutsch – Sprache der Ideen“ ist ja ein übergreifendes Projekt und so manche Aktivität auch von PASCH-Schulen z.B. während des Jahres „Deutschland in Kasachstan“ kann hierunter geordnet werden.

Bei Sport allerdings ist wiederum die PASCH-Schule in Kokschetau ganz aktuell beteiligt, da eine Schülerin dieser PASCH-Schule vom Goethe-Institut in München als Siegerin in Kasachstan bei einem Aufsatzwettbewerb zum Thema „Wie Sport mein Leben verändert hat“ ausgewählt wurde und am 11. Juni zusammen mit einer Begleitlehrerin der Schule zu einem Spezialjugendkurs zum Thema „Sport“ nach München fliegt. Am 26. Juni wird sie zusammen mit den anderen Preisträgern aktiv an der Gestaltung der Eröffnungsfeier für die Weltmeisterschaft im Frauenfußball teilnehmen.

Interview: Anja Greiner

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Annemarie Bechert, 64 Jahre alt, ist Koordinatorin des Goethe-Instituts für die Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“ und seit nunmehr vier Jahren in Kasachstan. Von 1971 bis 1990 war sie als Lehrerin für Englisch und Russisch in Bremerhaven tätig. Ihren ersten Auslandsaufenthalt verbrachte sie 1971 als Au-pair beim damaligen deutschen Botschafter in Moskau. Auch in Frankreich und England war sie während ihrer Schulzeit als Au-pair tätig. Es folgten weitere Auslandsaufenthalte beispielsweise als Fulbright-Stipendiatin an einer Schule in Kentucky und als PAD-Stipendiatin an einer Schule in Vancouver, jeweils für ein Jahr.
Von 1990 bis 2008 war sie als Referatsleiterin für Internationale Schulpartnerschaften (Projekte des Auswärtigen Amtes für Osteuropa, USA, Israel, etc.) beim Pädagogischen Austauschdienst (PAD) tätig, sowie von 2000 bis 2003 auch als Fachberaterin für Deutsch der Zentralstelle für Auslandsschulwesen (ZfA) in Odessa. Seit 2008 ist sie Expertin für Unterricht (PASCH) in Astana und am 01.08.2011 tritt sie ihre Pensionierung an.

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