Seit Jahren und Jahrzehnten probiere ich aus, wie man am besten Karneval begeht und übersteht. So langsam habe ich den Trick raus. Ein paar Fehler habe ich dieses Jahr allerdings noch gemacht.

Das Reinfeiern – dieses Jahr das geringste Problem. Mich interessierte eine Alternativsitzung. Es gab aber nur noch Karten für eine Vorstellung vor Saisonstart. Da war mir allerdings noch gar nicht karnevalistisch zumute. Aus Langeweile habe ich in das Video vom Vorjahr geschnippt und in nur zwei Minuten war ich voll dabei. Die Karten waren schnell gekauft, das Kostüm war sogleich bestellt. Die Sitzung war super, das Kölsch wurde einem geradezu in den Schoß geliefert, Frikadellen gab es auch, die Witze waren lustig, die Musik gut. Ich wurde zwar nicht als Känguru erkannt, sondern für einen Hasen gehalten. Aber nun gut, ich fühlte mich dennoch pudelwohl in meinem Känguru-Kostüm und trage es inzwischen bei jeder Gelegenheit. Auch jetzt gerade.

Dann wurde mir die Zeit lang, wirklich lang. An Weiberfastnacht war ich entgegen meinem Naturell bereits um 6.00 Uhr munter und bis 11.11 Uhr schien es eine nicht vergehend wollende Ewigkeit zu sein. Ich war dann überpünktlich zum Fassanstich bei meinen Kollegen, um im geschützten Raum loszulegen – der Zugang zum Kölsch stets gewährleistet, die Musik durfte ich selbst auswählen, es war warm, trocken und gab genug Platz zum Tanzen. Kaum wagten wir uns auf die freie Wildbahn, wurden wir prompt pitschenass, froren auf einem viel zu vollem Platz und standen viel zu lange für ein viel zu kaputtes Klo an. Schwups – war die Feierstimmung futsch, und wir fuhren frustriert nach Hause. Merke auf: Wenn ein Ort super ist und alles bietet, was man braucht, dann wechsle nicht!

Am Freitag habe ich den Karneval geschwänzt, um am Samstag in die Pampa meiner Cousine zu streben, wo dann wieder harmloses Feiern im geschützten Raum anstand: Zugang zu Frikadellen, Kölsch, warm, trocken und Platz zum Tanzen – Sie kennen das schon. Ganz nach meinem Geschmack. Ist für nächstes Jahr vorgemerkt.

Sonntag war dann traditionell Heimpflicht mit Nachbarschaftspflege, weil mein Veedelszug an meinem Haus vorbeigeht. Meine Nachbarn schlagen ein Fass an, ich schenke Prosecco aus, unser Nachbar schenkt uns Schnäpse ein. Damit ist die Sache geritzt. Wieder schön, auch in 2015 ein Muss! Dann habe ich einen großen Fehler gemacht – ich habe ein heißes Schaumbad genommen. Das war sehr entspannend. Aber wenn im Karneval einmal die Spannung raus ist, war es das im Grunde mit der Feierei. Und Montag ist eh der kritische Tag. Weitermachen oder aufgeben? Wer ohne nachzudenken zum Rosenmontagszug geht, kommt gar nicht erst in Versuchung aufzugeben. Wer sich, wie ich, erst etwas für den Abend vornimmt, muss es irgendwie schaffen, sich bis zum Abend die Feierlaune zu erhalten bzw. diese zu reaktivieren. Ich verbrachte den Tag im Känguru-Kostüm. Das half. Dann habe ich mich selbst überlistet: Nur ein Treffen zum Essen mit Freunden. In karnevalistischer aber ruhiger Kneipe. Zwar kostümiert, aber nicht mit Halligalli. Das funktionierte, um mich aus dem Haus zu locken. Nach dem Essen ging ich auf „nur einen Absacker“ mit einem Freund in eine Bar. Am Ende verpasste ich mehrere S-Bahnen. Ein unverhofft super Abend.

Insgesamt hat sich das diesjährige Konzept bewährt. Wenn ich dann noch die kleinen Fehler vermeide, steht einem perfekten Feiern nichts mehr im Wege.

Julia Siebert

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