In Usbekistan wird jedes internationale Fest mit großen Bemühungen gefeiert. Der 21. März ist der Tag des Waldes. Wie bereitete sich das naturfreundliche Usbekistan im März darauf vor? Welche Rolle spielen Bäume in der Stadt und wie wird urbanes Grün in Deutschland gehandhabt?
Usbekistan ist ein Land, in dem die Sonne 360 Tage im Jahre scheint. Deshalb ist es hier sehr schwer, in der Stadt eine grüne Ecke zu schaffen. Es gibt in den usbekischen Betondschungeln einzig die alten Platanen, die als Erbe der Sowjetepoche geblieben sind. Diese Platanen übernehmen eine sehr wichtige Rolle in der Stadt. Sie schützen die Menschen vor der schädlichen übermäßigen Sonnenstrahlung – sie sind Heim für Vögel und kleine Tiere, für saubere Luft und spenden Schatten, in dem man sich jederzeit erholen kann.
Geschichte wird gefällt
„Die Häuser standen im Grünen im Schatten der großen Platanen, was das besondere und gesunde Mikroklima schuf. Platanen und Eichen waren das Symbol des grünen Ferganas. Die sind jetzt weg,“ schreibt Hamida Machmudowa, eine Bewohnerin Ferganas, auf Facebook.
Die Masseneinpflanzung der Platanen begann in Zentralasien Anfang des 19. Jahrhunderts, hauptsächlich, um die Region wegen der erkrankten Erde trockenzulegen. Es wurden allein im Gebiet Fergana zwischen 1877-1880 mehr als 10.000 Platanen gesetzt. Deshalb werden Platanen als „russische Bäume“ bezeichnet. Seit 2009 jedoch werden die Platanen ohne bestimmte sachliche Gründe gefällt. Und in jüngster Vergangenheit ist die Situation ganz dramatisch geworden. Die Platanen werden vollkommen aus den Straßen entfernt. Die staatlichen Massenmedien sind darüber stumm. Es gehen nur Gerüchte um, dass die Platanen wegen des Blätterfalls im Herbst der Straßenreinigung des Staates zu viel Kosten verursachen, außerdem sollen manche Menschen an Platanen-Allergien leiden.
Die Platanen sind für Zentralasien ein Teil seiner Geschichte, der an die russischen Eroberungen erinnert. Tausende dieser Bäume haben bis zum Frühlingsbeginn jedoch nicht überlebt. In einer Reihe werden große und zum Teil uralte Platanen usbekistanweit wild abgesägt. Viele behaupten nun, dass Usbekistan mit der Massenabholzung der Platanen auch wie mit dem Zerfall der historischen russischen Gebäude die Geschichte bezüglich der Sowjetzeit auslöschen will.
Institut für Demokratie und Menschenrechte beteiligt sich im Kampf
Aufgrund der Massenabholzung der Platanen sind usbekische Internetnutzer außer sich. Da seitens der staatlichen Medien geschwiegen wird, verlagert sich der Diskurs in die sozialen Medien. Die Situation wird auf Facebook stark diskutiert. Besonders bei Taschkenter Internetnutzern. Zum Beispiel sagt Schahlo Nurutdinowa: „Wir sind die Gesellschaft. Wir sollten uns am Wochenende wegen der Platanenfällung versammeln und mit Plakaten auf die Straße gehen. Machen wir es nun. Sonst diskutieren wir nur im Internet, allerdings lesen die Staatsbeamten unsere Diskussionen gar nicht.“ Aber die Menschen haben Angst, auf die Straße zu gehen. Denn es ist hier wegen der ungeschriebenen staatlichen Regeln verboten. Wenn sich die Bevölkerung an diese schwarzen Regeln nicht hält, wird sie von Militär und Staatssicherheit verfolgt.
Jetzt setzt sich auch das Institut für Demokratie und Menschenrechte gegen die Massenabholzung der Platanen ein. Die Leiterin des Instituts schrieb einen Brief mit der Bitte um Stellungnahme an den Bürgermeister von Taschkent. Darin aufgeworfen wurden Fragen nach gesetzlicher Begründung für die Platanenabholzung, nach einem Expertengutachten zur Schädlichkeit der Bäume und danach, wie sich die politischen Entscheidungsträger zusammensetzten, die den Entschluss gebilligt haben und ob darunter auch Vertreter des einfachen Volkes beteiligt waren. Außerdem hebt die Leiterin des Instituts im Brief hervor, dass infolge des Platanenfällens das Ökosystem der Stadt gestört wird.
Ein deutscher Blick darauf
Nach einem Gespräch mit einem Deutschen zu dieser Thematik, fängt man an, die Defizite in diesem Land deutlich zu verstehen. In deutschen Städten wacht das Grünflächenamt über das Schicksal jedes einzelnen Baumes. Wird irgendwo neu gebaut oder ein Grundstücksbesitzer entscheidet sich, Anbaufläche zu schaffen oder wünscht sich mehr Sonnenschein, so muss diese Maßnahme des Fällens genehmigt werden. In das Stadtbild einer größeren deutschen Stadt gehören ganz selbstverständlich sehr viele Vogelarten, deren Bestand auch beobachtet und statistisch erfasst wird. Seen sind sehr fischreich. In den Stadtwäldern gibt es oft Wild, Füchse, Hasen, Igel und andere Tiere auf den Wiesen. In Deutschland nehmen die Bürger eines Ortes aktiv an der Gestaltung ihrer Ortschaft teil, es ist schwer, über ihre Köpfe hinweg etwas zu entscheiden. Sie schützen die Lebensräume von Pflanzen und Tieren. Dazu werden schon die Kinder im Kindergarten erzogen, auf gemeinsamen Spaziergängen durch die Parks und den Stadtwald lernen sie die Mitbewohner in der Natur kennen: Schlangen, Insekten und Kleintiere des Waldes. In der Grundschule geht die Erziehung zum Bewusstsein für unsere Verantwortung für unseren Lebensraum weiter. Man weiß, dass auch die Lebensqualität und Gesundheit für die eigene und kommende Generationen davon abhängen, wie Stadt und Umwelt gestaltet werden. Der öffentliche Nahverkehr gehört zu einem normalen und beliebten Transportmittel, und es wird viel Fahrrad gefahren. Beides verursacht keinen Smog, keine Luftverschmutzung. Alle wollen ihre Städte grün, zum Sporttreiben, Ausruhen, Spielen oder auch Arbeiten im Freien. Das ist allen wichtig, Stadtbeamten wie Bürgern. Zwischen diesen beiden Positionen herrscht auch meist keine Kluft, da Bürgermeister, Beamte und deren Familien prinzipiell nicht hierarchisch höhergestellt sind und selbst nicht selten mit dem Rad unterwegs sind und einfach selbst Bürger sind. Sie leben inmitten der Gemeinschaft, haben dieselben Interessen. Gesundheit und Glück sind wichtige Werte, man atmet dieselbe Luft. Eine Stadt ist dabei wie ein Haus, das man derart einrichten muss, dass alle gut miteinander leben können.
Umweltbewusstsein erlernen
In Stuttgart hat es einen regelrechten Kampf um das kleine Wäldchen rund um den Hauptbahnhof gegeben. Dabei haben Tag und Nacht Stuttgarter die Bäume geschützt und verlangt, die Baustelle zu stoppen. Es gab Verletzte und einen großen Rechtsstreit. Nicht immer gewinnen die Bürger einen solchen Kampf um ihr Grün, aber wenigstens haben sie sich eingesetzt für sich und ihre Kinder. Manchmal siegt ein großes Bauvorhaben. Aber nicht, ohne vorher kritisch betrachtet und in Frage gestellt zu werden. So etwas geht durch die Presse hinauf und hinunter. Der Stuttgarter Bahnhof ist ein prominentes Beispiel dafür. Aber auch der Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main vor einigen Jahrzehnten provozierte eine breite Gegenwehr der Bürger. Sie zelteten und wohnten unter und sogar auf den Bäumen. Der Wald musste gewaltsam geräumt werden, die Landebahnen wurden trotzdem gebaut. Aber die Menschen haben ihre Ansichten gezeigt und zumindest versucht, ein Stück Grünfläche zu bewahren. Große Städte wachsen und entwickeln sich. Ab und zu muss dafür auch ein Baum weichen. Aber es ist wichtig, dass die Entwicklung nicht in Richtung Beton, Stahl und Glas geht. Dafür sorgen die Bürger und Bürgerinitiativen.
Auch was Bauten aus anderen politischen Epochen angeht, sollte man keine Angst vor der Erinnerung an die Vergangenheit haben. Egal an welche Epoche, an die faschistische Diktatur, oder an die DDR. Im Gegenteil, ins Stadtbild gehören Gebäude und Denkmäler aus und zu jeder Zeit. Man pflegt viele als Andenken, Mahnung und Museen zur Bildung des Geschichtswissens. Allerdings gib es auch in Deutschland noch sehr viel an Aufarbeitung zu leisten, und es mussten leider bereits viele herausragende Bauten, wie z.B. der Palast der Republik in Berlin Mitte konservativeren Stadtplänen weichen.
Es gab ökologische Katastrophen der jüngeren Vergangenheit, die die deutsche Bevölkerung und nach und nach auch Politik in Richtung Umdenken gezwungen haben. Weil die Menschen nicht länger unter dem Smog leiden wollten, tote Fische in bunt schimmernden Flüssen sehen mochten oder absterbende Wälder. Die Fassaden historischer Gebäude wurden vom sauren Regen angegriffen und zerstört. Bürger kämpfen seitdem für den Atomausstieg und andere Umweltrisiken und für mehr Grün und eine bessere Luft. Das gelernte und gelehrte Umweltbewusstsein gilt übrigens nicht nur Deutschland oder Europa, sondern auch dem Ökosystem Erde.