Die kasachische Volksaktie zieht mit ihrer Fabel-Rallye den heimischen Leitindex nach oben. Grund sind fundamental gute Aussichten für den Rohstoff, aber auch Spekulation und Zockerei.
Lange Zeit auf Talfahrt, nun auf dem Weg steil nach oben: Der Uranpreis ist zuletzt förmlich explodiert. Allein seit Mitte August beträgt das Plus fast 50 Prozent. Profitiert haben davon die Aktienkurse der Uranhersteller, allen voran der kasachischen Kazatomprom. Die Papiere des Unternehmens, das die DAZ im Juni ausführlich vorgestellt hat, legten allein am Montag zweistellig zu. Auf Ein-Monats-Sicht stehen hier ebenfalls knapp 50 Prozent Kursgewinn zu Buche.
Mit seiner Rallye zog die kasachische „Volksaktie“ auch den heimischen Leitindex KASE nach oben, in dem sie mit knapp 16 Prozent eine sehr hohe Gewichtung hat – zumal mit KAZ Minerals ein weiterer Big Player vor kurzem aus dem Index verschwunden ist und dieser seitdem nur noch sieben Aktien umfasst. So ging es nach einem Korrekturtief Mitte August bis Montag um etwa zehn Prozent nach oben. Auch andere Indizes, in denen das kasachische Nuklearunternehmen mit starker Gewichtung vertreten ist, legten kräftig zu. Der Uran-ETF des Anbieters Global X, der Kazatomprom als drittgrößte Position nach den beiden kanadischen Uranproduzenten Cameco und NexGen Energy hält, entwickelte sich im Wert parallel zum Uranpreis.
Höhere Nachfrage treibt den Uranpreis
Als mutmaßlicher Treiber der Uran-Rallye gilt seit langem die perspektivisch steigende Nachfrage nach dem Rohstoff infolge der globalen Bemühungen, CO2-Emissionen zu senken und von fossilen auf klimaneutrale Energieträger umzusteigen. Vor einer Woche etwa wurde bekannt, dass nun auch Polens nationalkonservative Regierung den Einstieg in die Atomenergie plant, um sich unabhängiger von Stein- und Braunkohle zu machen, die nach wie vor fast 80 Prozent seines Energiebedarfs decken. Bis 2043 sollen insgesamt sechs Reaktorblöcke ans Netz gehen, der erste 2033.
Laut einer aktuellen Analyse der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) sind in 15 Ländern der Regionen Nordamerika, Europa und GUS neue Atomreaktoren im Bau oder in der Entwicklung. Besonders groß ist der Energiehunger in aufstrebenden asiatischen Ländern wie China. Dessen Interesse zeigte sich kürzlich auch an einem Deal, den Kazatomprom mit der Volksrepublik abschloss. So verkündete der weltgrößte Uranproduzent Ende August, dass es einen 49%-igen Anteil einer seiner Töchter an ein chinesisches Unternehmen verkauft habe. Mit dem Verkauf, der im Rahmen eines Kooperationsabkommens aus dem Jahr 2014 zustande kam, nahm das Unternehmen 435 Millionen US-Dollar ein.
Alles nur Zockerei?
Der gewaltige Uranpreis-Anstieg der letzten Tage ist jedoch nicht allein mit der fundamentalen Gemengelage aus stark steigender Nachfrage bei gleichbleibendem Angebot zu erklären. Auch Spekulation und Zockerei spielen eine Rolle. So hat der kanadische Minen-Investor Eric Sprott im Sommer über seine Investmentfirma Sprott Asset Management den Sprott Physical Uranium Trust aufgesetzt – einen passiven Fonds, der in Uran investiert. Laut Angaben des Unternehmens hat dieser bis zum 7. September eine Größe von 1 Milliarde US-Dollar erreicht. An manchen Tagen habe man von den Einnahmen zuletzt bis zu 500.000 Pfund Uran gekauft. Insgesamt sollen sich 24 Millionen Pfund im Besitz des Fonds befinden. Das entspricht laut Medienberichten einem Viertel des gesamten Uran-Volumens aus dem Jahr 2020.
Und auch das bei Zockern beliebte Forum „WallStreetBets“ auf der Reddit-Plattform dürfte in den vergangenen Tagen zu den wilden Kursbewegungen beigetragen haben. Nutzer riefen dort dazu auf, im großen Stil in Uran-Aktien und –ETFs zu investieren. Bereits im Frühjahr hatten massenhafte Privatanleger-Spekulationen dieser Art stark angeschlagene Aktien wie Gamestop und AMC zu gewaltigen Sprüngen verholfen. Gegen solche „Schrott-Aktien“ wetten üblicherweise viele „Shortseller“, die bei steigenden Kursen ihre Short-Positionen blankstellen müssen, um Verluste zu minimieren – so dass sie damit die Kursanstiege weiter befeuern.
Wie nachhaltig der rasante Anstieg der Aktien von Uranproduzenten, darunter Kazatomprom, ist, könnte damit kurzfristig auf den Prüfstand gestellt werden. Langfristig bleiben die Aussichten aufgrund der fundamentalen Faktoren jedoch gut.
Christoph Strauch
Transparenzhinweis: Der Artikel stellt keine Anlageberatung und keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Aktien dar. Der Autor hält selbst Anteile an folgenden Produkten, die in dem Artikel besprochen werden: Global X Uranium ETF.