Mit seinen letzten Worten wandte sich Arman Kudaibergenow im Gerichtssaal noch einmal an Oksana Ten. Er bat sie um Vergebung für den Mord an ihrem Sohn. Ein halbes Jahr nach der tödlichen Attacke auf den Eiskunstlaufstar Denis Ten verurteilte ein Gericht in Almaty am 17. Januar Nuraly Kijasow und Arman Kudaibergenow zu 18 Jahren Haft. Eine dritte Angeklagte, Schanar Tolybajewa, wurde zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil sie den Mord nicht gemeldet hatte.

Rund drei Wochen dauerte die Verhandlung. Um die 20 Zeugen wurden angehört, um herauszufinden, was an diesem Julitag 2018 geschah. Die Ermittlungen ergaben, dass die drei Angeklagten Geld für Kijasows schwangere Freundin auftreiben wollten. Sie wollten die Spiegel von Autos entfernen und diese später auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Am 19. Juli machten sie sich am Wagen von Denis Ten zu schaffen. Dieser erwischte die Diebe jedoch, verfolgte sie und versuchte, die Spiegel wiederzubekommen. Es kam zu einem Kampf, in dessen Verlauf Kijasow auf Tens Bein einstach und eine lebenswichtige Arterie traf. Im Krankenhaus konnten die Ärzte nur noch Tens Tod feststellen.

Schon einen Tag später wurden Kijasow und Kudaibergenow von der Polizei verhaftet. Eine Woche später Tolybajewa, die Freundin von Kudaibergenow. Tens Mutter Oksana und ihr Anwalt beharrten bis zum Ende des Prozesses drauf, dass es ein Auftragsmord gewesen sei. Es habe zu viele Ungereimtheiten gegeben, argumentierten sie: das ihrer Meinung nach untypische Verhalten ihres Sohnes, die sich zu sehr ähnelnden Zeugenaussagen.
Die Angeklagten haben bis zum Ende abgestritten, dass es sich um einen Auftragsmord gehandelt habe. Sie haben nur den Diebstahl und die Körperverletzung mit Todesfolge zugegeben. Der 24-Jährige Arman Kudaibergenow ist bereits zwei Mal wegen Diebstahls vorbestraft gewesen. Er gestand den Diebstahl, aber leugnete die Beteiligung an Tens Mord. Genau in dem Moment, in dem Kijasow auf Ten einstach, will er das Bewusstsein verloren haben. „Es war kein Auftrag, es war Schicksal“, zitiert das Nachrichtenportal HOLA News Kudaibergenow.

Der 24 Jahre alte Nuraly Kijasow war ebenfalls vorbestraft, wegen Trunkenheit am Steuer, Diebstahls und unbezahlter Schulden. In den sozialen Medien schrieb er oft über Armut und teilte Bilder von Waffen. Bei der Urteilsverkündung weinte er. Auch er stritt ab, dass es ein Auftragsmord gewesen sein soll. „Wir haben ihn nicht für Geld getötet. Meine Familie hat selbst genug und braucht mein Geld nicht. Bitte beleidigen Sie meine Eltern nicht. […] Ich möchte die Verantwortung für meinen Fehler übernehmen“, sagte er laut HOLA News.

Schanar Tolybajewa gab bei ihrer Vernehmung an, nicht gewusst zu haben, was die beiden Männer vorhatten. Die 23-Jährige hat einen vierjährigen Sohn und arbeitete als Lehrerin in einer Dorfschule. Von Kudaibergenow erwartet sie derzeit ihr zweites Kind. Oksana Ten hält sie für Drahtzieherin hinter dem Mord an ihrem Sohn.

Denis Ten war der erste Eiskunstläufer, der für Kasachstan eine Medaille bei den Olympischen Spielen gewann. Er wurde nur 25 Jahre alt. Sein Tod löste eine Debatte über die öffentliche Sicherheit in Kasachstan und die Arbeit der Polizei sowie des Rettungsdienstes aus. Während die einen allgemein die Zunahme an Diebstählen und Gewalttaten kritisierten, zeigten sich andere überrascht über die schnelle Festnahme von Verdächtigen. Sie argumentierten, dass die Polizei nur aufgrund von Tens Bekanntheit so zügig ermittelte. Bezugnehmend auf den Fall, kündigte Präsident Nursultan Nasarbajew in seiner Neujahrsansprache Reformen im Innenministerium an. Schon im Dezember sagte Innenminister Kalmuchanbet Kasymow, dass er 450 Stellen im höheren Polizeidienst kürzen wolle. Die so eingesparten 16 Milliarden Tenge sollen für Gehaltserhöhungen beim übrigen Personal genutzt werden.

Oksana Ten hat eine Stiftung zum Andenken an ihren Sohn gegründet und will laut Kazpravda eine Schule für begabte Schlittschuhläufer in Kasachstan gründen. Außerdem will sie die Bilder, Kompositionen und Gedichte von Denis Ten veröffentlichen. (ogl)

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