Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist seit fast 20 Jahren in Kasachstan aktiv. Welche Ziele sie verfolgt, welche Projekte derzeit umgesetzt werden und mit welchen Partnern sie zusammenarbeitet, erklärt Viktor Frank, der kommissarische Leiter des Auslandsbüros in Astana, im Interview.

Herr Frank, obwohl die Stiftung schon lange in Kasachstan tätig ist, genauer gesagt seit 2007, wissen hier viele nichts über ihre Aktivitäten und Ziele. Erzählen Sie bitte über die Hauptziele und Mission der Stiftung im Allgemeinen und in Kasachstan im Besonderen.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat weltweit das Ziel, Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit zu fördern. In Deutschland geschieht das vor allem durch politische Bildung, im Ausland kommen weitere Felder wie Parteienzusammenarbeit, Unterstützung zivilgesellschaftlicher Strukturen und thematische Projektarbeit hinzu. In Kasachstan engagieren wir uns darüber hinaus im Bereich erneuerbarer Energien – mit Publikationen, Veranstaltungen und Beratungsangeboten, basierend auf den deutschen Erfahrungen, sowohl den positiven als auch den kritischen.

Wir arbeiten in Kasachstan transparent und sind offiziell registriert. Als Stiftung kooperieren wir häufig mit Regierungsinstitutionen. Unsere Arbeit wird durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanziert. Auf dieser Grundlage werden für Asien übergeordnete Ziele festgelegt, die dann gemeinsam mit unseren Partnern vor Ort für Kasachstan konkretisiert und umgesetzt werden.

Ein Schwerpunkt ist die Förderung von Frauen in der Politik – hier arbeiten wir eng mit dem Frauenflügel der Amanat-Partei zusammen und führen verschiedene Projekte durch. Mit MediaNet, dem Internationalen Zentrum für Journalismus, setzen wir uns für Pressefreiheit als eine der Grundlagen rechtsstaatlicher Demokratien ein. Gemeinsam mit dem Legal Media Center organisieren wir Fortbildungen für verschiedene Zielgruppen, auch in den Regionen. Ein weiterer Partner ist ARGO, der Verein zur Entwicklung der Zivilgesellschaft, mit dem wir ebenfalls Veranstaltungen durchführen. Und mit der Zivilgesellschaftlichen Allianz haben wir eine gemeinsame Publikation realisiert.

Im Bereich Forschung und Sicherheit liegt unser Fokus nicht auf militärischen Themen, sondern auf Fragen wie der Versorgungssicherheit mit Wasser und Nahrungsmitteln. In diesen Feldern kooperieren wir mit der Deutsch-Kasachischen Universität. All das sind Themen, die unsere Arbeit hier in Kasachstan ausmachen.

Würden Sie sagen, dass die Themen dieselben bleiben wie in den Vorjahren oder gibt es für dieses Jahr besondere Themenschwerpunkte?

Die inhaltlichen Schwerpunkte werden jeweils für drei Jahre festgelegt. Als Stiftung mit Nähe zur CDU – einer eher konservativen Partei – stehen wir für Verlässlichkeit und entwickeln uns eher in kleinen, aber zielgerichteten Schritten. Ich spreche daher lieber von Evolution als von Revolution.

Das bedeutet aber nicht, dass wir neue politische Gegebenheiten ausblenden. Der Bundeskanzler hat betont, dass die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit den außenpolitischen Zielen Deutschlands im Einklang stehen muss. Diese liegen aktuell vor allem in den Bereichen Sicherheit und Wirtschaft. Dabei geht es nicht nur um klassische Sicherheitsfragen, sondern um Energiesicherheit oder Rohstoffsicherheit, also um Felder, in denen Kasachstan für Deutschland eine strategisch wichtige Rolle spielen kann.

Ein weiterer Bereich, auf den sich die Stiftung weltweit künftig stärker konzentrieren dürfte, ist die Wirtschaft. Eine erfolgreiche Demokratie benötigt auch wirtschaftlichen Erfolg. Wenn dieses Versprechen nicht eingelöst wird, gerät sie unter Druck. Daher ist die wirtschaftliche Entwicklung für uns keine Nebensache, sondern ein integraler Bestandteil der demokratischen Förderung. Ich sehe hier besonders auf der regulatorischen Ebene gute Anknüpfungspunkte für neue Projekte. Gemeinsam mit unseren Partnern in Kasachstan wollen wir neue Ansätze entwickeln, die beiden Seiten nützen und eine echte Win-Win-Situation schaffen.

Sie sind aktuell der Leiter von zwei Auslandsbüros gleichzeitig – in der Mongolei und hier in Kasachstan. Wie würden sie ihre Arbeit in diesen zwei Länder vergleichen?

In der praktischen Arbeit zeigt sich, dass die Mongolei mehr Flexibilität erlaubt, vor allem aufgrund weniger strenger Regulierungen. Unsere Partner dort können oft direkter angesprochen werden, was die Projekte unkomplizierter macht. Das heißt aber nicht, dass es in Kasachstan nicht möglich ist, effektiv zu arbeiten. Hier sind lediglich bestimmte Abläufe einzuhalten – etwa bei Anfragen an Parlamentarier oder bei neuen Projektvorhaben. In meiner bisherigen Arbeit habe ich nicht erlebt und auch nicht von meinen Vorgängern gehört, dass Projekte aus politischen Gründen blockiert wurden.

Wichtig ist, in beiden Ländern die jeweiligen nationalen Interessen zu respektieren, auch in sicherheitspolitischer Hinsicht. Die strukturellen Bedingungen unterscheiden sich, aber mit Geduld, Dialogbereitschaft und Verständnis für lokale Rahmenbedingungen lassen sich auch komplexe Themen ansprechen und umsetzen.

Wie würden Sie die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Kasachstan aktuell beschreiben, insbesondere in den Bereichen Bildung, Zivilgesellschaft und Politik?

Das Potenzial der bilateralen Beziehungen ist noch nicht ausgeschöpft. Es gibt zweifellos ein großes Interesse, genügend Abkommen und vielfältige Arbeitsformate, doch in der Praxis bleibt man hinter den Möglichkeiten zurück. Die deutschstämmige Community in Kasachstan und die kasachischstämmige in Deutschland könnten stärker als Brücken wirken, vor allem wirtschaftlich.

Der deutsche Mittelstand zögert noch, sich in Kasachstan zu engagieren, obwohl kleine und mittlere Unternehmen fast die Hälfte der Nettowertschöpfung in Deutschland erbringen. Nötig sind bessere Rahmenbedingungen vor Ort und ein differenzierteres Kasachstanbild in Deutschland.

Zentralasien wird oft als Randzone Russlands oder Chinas gesehen. Dabei ist es eine eigenständige Region mit wachsender Bedeutung. Erste politische Signale deuten auf ein Umdenken hin, doch im Alltag ist das noch kaum spürbar.

Auch die Kooperationen innerhalb von Zentralasien stärken die Region. Unter Präsident Tokajew und seinem usbekischen Amtskollegen sind Fortschritte erkennbar. Mehr Zusammenarbeit würde die Sichtbarkeit und das Gewicht der Region erhöhen – nicht zuletzt wegen ihrer demografischen Dynamik.

Welche Projekte und Veranstaltungen planen Sie für dieses Jahr in Kasachstan?

Wir führen bestehende Projekte weiter: Die Kooperation mit dem Magazin „Qazaq Green“ wird fortgesetzt. Mit dem Frauenflügel der Amanat-Partei planen wir eine größere Konferenz und ein Praktikumsprogramm für Teilnehmerinnen im Parlament. Auch ein spezielles Programm für Unternehmerinnen ist vorgesehen.

Darüber hinaus bereiten wir eine Konferenz zur Zukunft der Zivilgesellschaft vor. Dies tun wir mit Blick auf erwartbare Entwicklungen, auf mögliche Gesetzesänderungen, etwa ein neues NGO-Gesetz, und auf die Frage, wie sich zivilgesellschaftliche Organisationen auf neue Rahmenbedingungen einstellen können.

Ein weiteres Projekt führen wir mit der Deutsch-Kasachischen Universität durch: Es befasst sich mit sicherheitsrelevanten Herausforderungen in Zentralasien und zielt auf eine vertiefte Kooperation innerhalb der Region. Auch hier stehen regionale Integration und gemeinsame Lösungsansätze im Fokus.

Können Sie zum Abschluss noch etwas zum Stipendienprogramm der KAS sagen?

Die Konrad-Adenauer-Stiftung vergibt in Kasachstan Sur-Place-Stipendien mit finanzieller und ideeller Förderung. Im Mittelpunkt stehen Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Begleitende Seminare vermitteln politische Bildung und motivieren zur gesellschaftlichen Teilhabe.

Ziel ist es, Persönlichkeiten zu stärken, die Verantwortung für ihr Land übernehmen wollen – sei es zivilgesellschaftlich, wirtschaftlich oder politisch. Die finanzielle Unterstützung schafft Freiräume für Engagement. Formate wie das SPS-Forum und regionale Seminare gehören fest dazu. Dabei arbeiten wir mit Universitäten, erfahrenen Trainern und auch mit Experten aus Deutschland zusammen.

In diesem Jahr fanden die Auswahlgespräche für das Begabtenförderprogramm in Deutschland statt. Zentralasien war Schwerpunktregion. Viele Bewerberinnen und Bewerber aus Kasachstan überzeugten durch fachliche Stärke und Motivation.

Das Potenzial der Jugend ist vorhanden. Nun braucht es Rahmenbedingungen, welche eine Perspektive im eigenen Land ermöglichen. Unser Ziel ist nicht die Abwanderung der Jugendlichen, sondern eine Zukunft für sie in Kasachstan – unterstützt durch Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Nurgul Adambajewa.

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