Die Schülerinnen und Schüler der Nazarbayev Intellectual School of Chemistry and Biology in Almaty interessieren sich für die Studienmöglichkeiten in Deutschland, da sie in der Schule die deutsche Sprache lernen und die DSD-Prüfungen schreiben. Die Schüler der 11. Klassen stellen in diesem Interview ihre Fragen an den Studenten Tamerlan Kudaibergenov, der im vorigen Jahr die gleiche Schule absolviert hat und jetzt an der Universität Leipzig Zahnmedizin studiert.

Tamerlan, was hat Sie dazu bewegt, sich für eine medizinische Ausbildung zu entscheiden, und warum haben Sie sich für die Universität Leipzig entschieden?

Von Kindheit an träumte ich davon, ein Arzt zu werden. Aber ich wusste nicht, welche Richtung ich genau wählen werde. Bis zur 12. Klasse war ich fast sicher, dass ich ein Chirurg werden möchte, aber dann kamen mir Zweifel. Ich habe darüber nachgedacht, dass ein Chirurg – egal ob Neuro- oder Herzchirurg – mindestens zehn bis zwölf Jahre Studium und Praktikum braucht, um ein Arzt zu werden. Dann habe ich ein Praktikum in einer zahnmedizinischen Klinik absolviert, es dauerte circa zwei Monate. Und Zahnmedizin hat mir einfach gefallen. Obwohl ich ein Chirurg werden wollte, habe ich mich für Zahnmedizin entschieden.

Ich habe mich bei circa 20 Universitäten beworben, um einen Platz in Zahnmedizin zu bekommen. Dann habe ich Annahmebescheide von den Universitäten in Leipzig, Jena und Regensburg bekommen. Meine Wahl fiel auf die Universität Leipzig, weil die Stadt mit 628.718 Einwohnern sehr groß ist. Ich bin in Almaty geboren, hier aufgewachsen, und ich bin daran gewöhnt, in einer Megapolis zu leben. Deswegen dachte ich, dass die Stadt Leipzig als Studienort am besten zu mir passen würde.

Welche Unterlagen waren bei der Bewerbung wichtig?

Schulzeugnisnoten, Lebenslauf, Deutschkenntnisse (DSD II, C1), TestAS sind wichtig. Natürlich durfte man auch eigene Erfolge mitteilen, wie zum Beispiel gewonnene Olympiaden, aber die wurden nicht beachtet. Auch meine Englischkenntnisse waren nicht wichtig, weil das Studium in Zahnmedizin nur auf Deutsch ist.

Was denken Sie, auf welche Punkte sich die Kommission bei der Bewerbung konzentriert hat?

Bei allen Universitäten sind die Abschlussnoten das Wichtigste. Aber man sollte unbedingt beachten, welche Annahmekriterien es für den gewählten Studiengang gibt. Bei mir war es so, dass alle Bewerber mit eigener Abschlussnote gerankt wurden. Bewerber, die oben in der Liste stehen, werden angenommen. Aber für ausländische Bewerber gibt es auch eigene Regeln – nur eine bis drei Personen aus einem Land werden in zulassungsbeschränkten Studiengängen angenommen. Auch wenn man die Note 1.0 hat, kann man aus dem Bewerbungsprozess ausscheiden, wenn man die Annahmekriterien nicht erfüllt – zum Beispiel Deutschkenntnisse.

TestAS spielt auch eine spezifische Rolle. Einige Universitäten legen die Anzahl der TestAS-Punkte als Annahmekriterium fest, andere nicht. Einige geben zusätzliche Bonuspunkte für die Bewerber, die die besten Ergebnisse im TestAS haben.

Aus welchen Ländern kommen die Studenten, die Zahnmedizin studieren?

Insgesamt 60 Studenten begannen das Studium in Zahnmedizin mit mir im Wintersemester 2023/2024. Die Mehrheit sind Deutsche, nur drei von uns sind ausländische Studenten. Einer kommt aus Jordanien, ein anderer aus Usbekistan und ich aus Kasachstan.

Welche Erfahrungen und Fähigkeiten braucht man, die für Ihren zukünftigen Beruf in Zahnheilkunde wichtig sind?

Um in der Zahnheilkunde erfolgreich zu sein, sind eine Reihe von Erfahrungen und Fähigkeiten erforderlich. Eine davon ist das wissenschaftliche Verständnis – vor allem ein gründliches Verständnis der Anatomie, Physiologie und Pathologie von Mund und Zähnen ist unerlässlich. Wichtig ist auch die manuelle Geschicklichkeit. Als Zahnarzt sollte man über präzise und feinmotorische Fähigkeiten verfügen, um Behandlungen wie das Einsetzen von Füllungen, das Anbringen von Kronen und die Durchführung chirurgischer Eingriffe durchzuführen. Als drittes würde ich Kommunikationsfähigkeiten nennen. Man sollte in der Lage sein, effektiv mit Patienten zu kommunizieren, um ihre Bedürfnisse zu verstehen, sie über Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären und etwaige Ängste oder Bedenken zu zerstreuen.

Auch Empathie ist in der Zahnheilkunde wichtig, da viele Patienten Angst vor zahnärztlichen Eingriffen haben. Ein mitfühlender Ansatz kann dazu beitragen, das Vertrauen der Patienten zu gewinnen und sie während der Behandlung zu beruhigen. Nicht zuletzt sind Diagnosefähigkeiten zu nennen: Man sollte fähig sein, verschiedene Zahnprobleme zu erkennen, richtig zu diagnostizieren und einen geeigneten Behandlungsplan zu erstellen.

Welche Themen haben Sie im ersten Semester studiert, die für Sie besonders interessant waren?

Am schwersten, aber interessantesten habe ich Anatomie gefunden. Man soll viel erlernen, zum Beispiel, wie das Herz aufgebaut ist, aus welchen Knochen der Schädel besteht, welche Nerven und Arterien der menschliche Körper hat. Dazu kommen noch Lateinkenntnisse, da alle Fachbegriffe und Strukturen auf Latein benannt sind, z.B. Articulatio humeroulnaris, ein Gelenk zwischen dem Armknochen und der Elle. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, das alles im Gedächtnis zu behalten, aber dann kann man vieles über den Aufbau des menschlichen Körpers wissen.

Glauben Sie, dass moderne Technologien und Innovationen in der Medizin die Praxis in den kommenden Jahrzehnten verändern könnten?

Ja, absolut. Moderne Technologien und Innovationen haben bereits einen erheblichen Einfluss auf die Medizin und werden dies auch in den kommenden Jahrzehnten tun. Zum Beispiel in der Diagnostik: Fortschritte in der Bildgebungstechnologie wie Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) und ultraschallgestützte Diagnostik ermöglichen dort präzisere und frühere Diagnosen verschiedener Zahn- und Munderkrankungen. Im Bereich Therapie ermöglichen neue Behandlungsmethoden wie minimalinvasive Chirurgie, robotergestützte Operationen und gezielte Therapien auf der Grundlage genetischer Profile eine effektivere und schonendere Behandlung von Krankheiten. Ein weiterer Bereich ist Personalisierte Medizin: Durch Fortschritte in der Genomik und der Analyse großer Datenmengen können Behandlungen zunehmend auf die individuellen genetischen Profile und Bedürfnisse der Patienten zugeschnitten werden. Und dann würde ich noch Fortschritte in der Biotechnologie nennen, die zu Entwicklungen wie regenerativer Medizin, Stammzelltherapie und 3D-Biodruck geführt haben, welche das Potenzial haben, die Art und Weise, wie wir Krankheiten behandeln und Heilung fördern, zu revolutionieren.

Welche Ziele haben Sie in naher Zukunft?

Erstens möchte ich eine neue Fremdsprache lernen – entweder Französisch oder Spanisch. Zweitens möchte ich mich auf das 1. Staatsexamen gut vorbereiten. Das ist eine Prüfung, die alle Zahnmedizinstudenten nach dem 4. Semester haben. Insgesamt gibt es drei solcher Prüfungen, die mit den Noten bewertet werden und die entscheidende Rolle bei der Bewerbung für die Praxis nach dem Studium spielen. Drittens möchte ich in einer Praxis als Zahnarztassistent arbeiten, damit ich meine erworbenen Kenntnisse in der Praxis anwenden kann.

Wie sieht Ihr typischer Tag in Deutschland aus?

Ich wache um 6:30 Uhr auf, gehe duschen, frühstücke. Dann gehe ich um 7:20 Uhr zur Haltestelle. Es dauert circa
20 Minuten bis zum medizinischen Campus. Jeden Tag habe ich die Vorlesung Anatomie um 8:00 Uhr, deswegen beginnt jeder Tag bei mir so. Dann habe ich verschiedene Seminare, Übungen und Kurse. Um 12:00 oder 13:00 Uhr gehe ich zum Mittagessen in die Mensa (Universitätskantine). Danach gehe ich entweder in die Bibliothek oder ins Wohnheim, wo ich weiter lerne. Gegen 19:00-20:00 Uhr mache ich mit dem Studium Schluss und beginne mit dem Kochen fürs Abendessen.

Hatten Sie die Möglichkeit, innerhalb Deutschlands oder in benachbarten Ländern zu reisen?

Über Weihnachten hatte ich vorlesungsfreie Zeit. Ich habe einem Freund aus meiner Schule, der jetzt in Italien studiert, vorgeschlagen, Neujahr in Leipzig zusammen zu feiern. Treffpunkt war zunächst Berlin, wo wir drei Tage die Sehenswürdigkeiten besichtigt haben. Von Berlin nach Leipzig sind wir mit dem Zug gefahren. Die Fahrt dauerte circa zwei Stunden. Ich finde es toll, dass man so schnell in Europa reisen und fliegen kann, da die Länder nicht weit voneinander entfernt sind.

Vielen Dank für das Interview. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg im Studium und den Schülerinnen und Schülern erfolgreiche Abschlussprüfungen und Bewerbungen bei den Unis!

Autoren: Jamilya Tokhtarova (Vorspann), Dana Nurtay und Kenessary Uali haben das Interview mit Tamerlan Kudaibergenov durchgeführt und Fragen gestellt (Haupttext).

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