Grüner Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft – diese Vision beschäftigt Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft seit Jahren, wenn es um saubere Energieformen geht. Auch in der deutsch-kasachischen Zusammenarbeit nimmt das Thema viel Raum ein, wie der Aqtau-Dialog zu grünem Wasserstoff am 26. und 27. April in der gleichnamigen westkasachischen Stadt zeigte.
Wasserstoff wird mithilfe von Elektrolyse hergestellt, bei der Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt wird. Für die Wasserelektrolyse bedarf es Energie: Wird diese aus erneuerbaren Energien gewonnen, spricht man von grünem Wasserstoff. Blauer, türkiser, grauer und weitere Wasserstoffarten werden durch andere Verfahren gewonnen, sind teils jedoch nicht klimaneutral. Der pure Wasserstoff ist hoch explosiv und bei Herstellung, Transport und Lagerung wird bisher relativ viel an Energie verloren.
Das deutsch-schwedische Unternehmen Svevind plant eine der weltweit größten Anlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Mit dem Bau von Wind- und Solaranlagen auf den weiten Flächen der kasachischen Steppe soll in der Region Mangghystau ein Megaprojekt mit dem Namen „Hyrasia One“ entstehen. Solch ein Projekt braucht neben Finanzierung und Planung natürlich auch Arbeitskräfte vor Ort. Zu ihrer Ausbildung wurde das Kasachisch-Deutsche Institut für nachhaltige Ingenieurwissenschaften (KINI) in Kooperation zwischen der Deutsch-Kasachischen Universität (DKU) in Almaty und der staatlichen Yessenow-Universität (YU) in Aqtau gegründet. Gefördert wird das Projekt vom DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amtes. Die ersten Studierenden befinden sich bereits in ihrem ersten Studienjahr und sollen diesen Herbst eine Sprachreise nach Deutschland ermöglicht bekommen.
Kasachstandeutscher wird neues Institut leiten
Die morgendliche Sitzung fand im 15. Stock der YU mit fantastischem Blick auf das sie umgebende Aqtau statt. Nach Begrüßungsworten der beiden Präsidenten der DKU, Prof. Dr. Wolrad Rommel, und der YU, Berik Achmetow, wurde der neue Direktor des KINI vorgestellt: Dr. Max Eirich, geboren in Karaganda und promoviert in Japan, ist als ethnischer Deutscher mit exzellenten Russischkenntnissen und einem ingenieurwissenschaftlichen Hintergrund bestens für diese Position gerüstet.
Es folgten Präsentationen von Vertreterinnen und Vertretern von Universitäten und Hochschulen aus Kasachstan (Eurasische Nationale Universität und YU) und Deutschland (HAW Hamburg und TH Wildau), Forschungszentren (RIFS Potsdam), Unternehmen (KazMunayGas) und des Wasserstoffdiplomatie-Büros der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Astana.
Die Risiken bei der Wasserstoffherstellung
Besonderes Interesse fand dabei die Präsentation von Dr. Yevgeniy Muralyow, der die Risiken und Probleme der Wasserstoff-Herstellung aufzeigte. Dabei geht es vor allem um bei Nutzung anfallende Trümmer, die durch beschädigte Wind- und Solaranlagen entstehen, und darum, dass ohne Wind und Sonne die Produktion heruntergefahren werden muss, sollten sich die Speicherkapazitäten nicht verbessern.
Auch Daulet Zhakupow und Dr. Aigerim Baimyrza von KazMunayGas zeigten einige Probleme auf.
Nach der Mittagspause wechselte die Konferenz in das Haus der Freundschaft (Dostyk Uyi), ein prunkvolles, eindrucksvolles Gebäude gegenüber der Universität. Der große Saal war festlich geschmückt, nicht nur mit vom KINI professionell designten Logos, sondern auch mit einem Kronleuchter und Blumen.
Grüner Wasserstoff für Regierungen von hoher Bedeutung
Als der Akim der Oblast Mangghystau (Gouverneur der Region), Nurlan Nogaev, eintrat, wurde es plötzlich still und alle standen ehrfurchtsvoll auf. Nach seiner Begrüßungsrede, in der er die Bedeutung des Wasserstoffs für die Region heraushob, sendete der Minister für Wissenschaft und höhere Bildung der Republik Kasachstan, Sayasat Nurbek, ein Grußwort per Video, in dem er die Arbeit der DKU und YU lobte und Unterstützung fürs KINI in Aussicht stellte. Als letzter Regierungsvertreter sprach Klaus Zillikens von der Deutschen Botschaft in Astana, der Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft bezeichnete – eine Aussage, der sich auch Prof. Rommel anschloss.
In zwei weiteren Redeblöcken stellten sich die universitären Partner der DKU vor. Prof. Dr. Hans-Liudger Dienel (TU Berlin) wird zentral in die Ausarbeitung der Masterstudiengänge am KINI eingebunden, während Prof. Dr.-Ing. Anke Müller (HS Hof) ein Baukastenmodell für die Bachelor-Studiengänge entworfen hat. Prof. Dr.-Ing. Kerstin Kuchta (TU Hamburg) sprach vor allem über Kreislaufwirtschaft und stellte Zusammenarbeit in der Forschung in Aussicht.
Während die Organisation des Dialogs hauptsächlich das KINI und die Universitäten übernommen hatten, ist der zentrale Akteur bisher wenig genannt worden: auch Svevind, ohne die es kein KINI geben würde, schickte eine größere Delegation zum Dialog, inklusive ihrem Chief Technical Officer Dr. Peter Bernhardt und ihrem Chefingenieur David Reinisch, der das Projekt Hyrasia One vorstellte. Neben Svevind waren Qazaq Green RES und Siemens Energy mit interessanten Beiträgen über die Zukunft erneuerbarer Energien in der Wasserstoff-Herstellung vertreten.
Eine neue Generation junger, begabter Ingenieure
Am zweiten Tag gab es eine pressewirksame Aktion des Akimats unter dem Titel „Tasa Qazaqstan“ (sauberes Kasachstan), bei der der Akim der Stadt Aqtau mit Unterstützung der DKU, des KINI und der YU Baumsetzlinge u.a. von kanadischen Eichen einpflanzte.
Daraufhin gab es Diskussionen zu gemeinsamer wissenschaftlicher Zusammenarbeit zum Thema und Gespräche zur Ausarbeitung der Bachelor-Studiengänge. Abschließend trafen die Studierenden zum ersten Mal ihren neuen Direktor und stellten Fragen, auch an Prof. Müller und die beiden Präsidenten.
Eine Schifffahrt mit Blick auf die weißen Klippen und den Hafen der Stadt rundeten das Programm mit seinen einprägsamen Momenten und Zukunftsvisionen für die Beteiligten ab.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Thema grüner Wasserstoff im Fokus vieler einflussreicher Akteure steht und wir nicht das letzte Mal davon gehört haben werden. Die damit verbundenen Probleme und Risiken scheinen nicht abschließend gelöst zu sein und die Eröffnung des KINI kann dazu beitragen, Forschungslücken zu schließen und eine neue Generation von jungen, sprachgewandten und fähigen Ingenieuren auszubilden.