Es ist Montagmorgen und schon auf dem Weg zu Fuß in die Redaktion der Deutschen Allgemeinen Zeitung versuche ich, die Hauptstraßen zu meiden. Hupen, Gedränge und vor allem die mit Abgasen gesättigte Luft machen das Leben in Almaty mitunter nicht nur stressig, sondern auch ungesund. Jeden Morgen laufe ich dann kurz vor dem Büro an einem Geschäft vorbei, das im Untergeschoss einer Mall ein breites Angebot von Elektroautos verkauft, vor allem chinesische Marken wie Li Auto.

Obwohl ich selbst einen alten Diesel fahre, den ich allerdings im Stadtverkehr so gut wie nicht benutze, träume ich mich weg. Ich träume von einer Stadt, die elektrisch fährt und deren Strom aus nachhaltigen Quellen bezogen wird. Ich träume von der Stille in der Stadt, weil Elektroautos doch um einiges leiser sind als die alten Verbrennungsmotoren, und ich träume von Luft, die man endlich nicht mehr nur atmen kann, sondern auch wieder atmen will. Kann das gelingen?

Fossile Brennstoffe in Kasachstan

Kasachstan ist reich an natürlichen Ressourcen und die Republik, die für Deutschland der wichtigste, zentralasiatische Handelspartner ist, ist traditionell auf fossile Brennstoffe angewiesen. Dieses Land zählt zu den größten Kohleproduzenten der Welt und derzeit machen Kohlekraftwerke noch immer über 65 Prozent der Stromgewinnung aus. Durch das Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern ist der Energiebedarf der Bevölkerung ganzjährig hoch, um beispielsweise im Sommer Klimaanlagen und im Winter elektrische Heizsysteme zu betreiben.

Almaty liegt an manchen Tagen unter einer Glocke aus Abgasen. Laut der Stiftung IQAir, die sich für saubere Luft weltweit einsetzt, liegt dies zu knapp einem Fünftel an dem privaten Sektor sowie den zentralen Energiekraftwerken der Stadt. Die anderen 80 Prozent entfallen auf den Verkehr. Im Jahr 2020 hat der Verkehr im ganzen Land 13 Prozent des CO2-Ausstoßes ausgemacht. Das Statussymbol Auto ist ständig in Benutzung – und führt damit zu ständigen Staus.

Elektroautos für saubere Luft

Kasachstan unternimmt jedoch zunehmend Schritte, um seine Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas zu reduzieren und eine nachhaltige Zukunft in Sachen Energie zu gestalten. Neben Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren prägen daher auch immer mehr Elektroautos das Stadtbild, die die Abgasbelastung verringern und die Lebensqualität verbessern können.

Die Elektromobilität ist ein wachsender Zweig in Kasachstan und ein wichtiger Bestandteil der Energiewende. Obwohl der Markt für Elektroautos noch klein ist, steigt das Interesse an dieser Technologie merklich, was auch auf staatliche Förderprogramme und steuerliche Vorteile zurückzuführen ist.

Im Juli 2024 waren landesweit über 10.000 Elektroautos registriert. Bei einer Gesamtzahl von über 5 Millionen Fahrzeugen ist das ein nahezu verwindend geringer Anteil. Gleichzeitig zeigen die Zahlen der letzten Jahre aber auch, dass ein positiver Trend absehbar ist.

Während die Anzahl der Elektroautos im Land von März 2022 bis März 2023 innerhalb eines Jahres von etwas über 600 auf 1.900 stieg, lagen die Gesamtzahlen Anfang dieses Jahres bereits bei über 8.000 Elektroautos, so die Astana Times, die sich auf Zahlen des nationalen Statistikamts berief. Über die Hälfte der zugelassenen Elektroautos entfiel dabei auf die Stadt Almaty. Zudem zeigen die Zulassungszahlen, dass fast die Hälfte aller Fahrzeuge über 20 Jahre alt ist. Diese werden damit aller Wahrscheinlichkeit nach allmählich von den Straßen verschwinden und gegebenenfalls Platz für mehr Elektroautos machen. Auch die Ladeinfrastruktur für Elektroautos wird in den Großstädten sowie entlang wichtiger Fernstraßen immer weiter ausgebaut. Die Gesamtanzahl der Ladestationen stieg bis März 2024 auf insgesamt 269 landesweit, jedoch sind sie sehr ungleich in dem riesigen Land verteilt. So verfügen Ballungsräume im Osten des Landes über den Großteil an Ladestationen, während es in Westkasachstan zu diesem Zeitpunkt lediglich eine einzige öffentliche Ladestation in der Stadt Atyrau gab.

Produktion auch in Kasachstan

Mit dem Produktionsbeginn des Lada Niva im Jahr 2003 hat die kasachische Automobilindustrie Schwung bekommen und wird staatlich unterstützt. Inzwischen werden auch Elektroautos im Land produziert, nämlich der iEV7S der chinesischen Marke JAC und der EV6 der südkoreanischen Marke Kia in der Stadt Kostanai.

Zudem setzen die kasachischen Großstädte auf Elektromobilität im öffentlichen Personennahverkehr. Im Jahr 2020 gab es im gesamten Land ungefähr 230 elektrische Busse. Viele Elektrobusse kommen von der chinesischen Marke Yutong, von der seit 2020 weitere elektrische Busse importiert wurden. In Zusammenarbeit mit Yutong werden inzwischen auch in Kasachstan selbst Elektrobusse produziert, nämlich im Werk von QazTehna in der Region Karaganda.

Da Strom in Kasachstan sehr günstig ist, rentiert sich auch der Besitz eines Elektroautos schnell. Zugegebenermaßen ist aber auch der Preis für die fossilen Treibstoffe Gas, Diesel und Benzin ziemlich gering. Solange der Strom für Elektroautos außerdem mehrheitlich aus Kohlekraft gewonnen wird, kann aber wohl kaum von nachhaltiger Mobilität gesprochen werden. Daher muss der Umstieg auf Elektromobilität auch mit einer grünen Energiewende einhergehen.

Wird der Verkehr in Kasachstan bald grün?

Obwohl der kasachische Verkehr allmählich elektrifiziert wird und die Zahlen der zugelassenen Elektroautos steigen, ist es noch ein weiter Weg. Wie bei der Energiewende, deren Potenzial und Notwendigkeit hierzulande bereits anerkannt wird, so ist auch die Umstellung auf Elektromobilität ein fortschreitender Prozess. Wenn Kasachstan sich entschließt, die Wende weg von fossilen Treibstoffen zu vollziehen, dann hat das Land die Chance, zum Vorreiter eines modernen und umweltschonenden Verkehrsmodell in Zentralasien zu werden.

Maria Glaser

Teilen mit:

Hinterlasse eine Antwort

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein