Manchen Gegenstand bemerkt man bewusst erst dann, wenn er nicht mehr an seinem Platz ist. Im täglichen Leben spürt jeder die elementare Abhängigkeit des heutigen Stadtmenschen von Strom, Wärme, Gas oder Wasser auch erst dann, wenn der Griff zum Lichtschalter oder Wasserhahn ohne erwünschte Folgen bleibt. In Almaty kommt das zwar eher selten vor, nicht aber so im gesamten Land.

Abstrakt weiß man das ja. Dennoch erschrecken manche Zahlen doch ganz schön. So verfügen gegenwärtig nur 27 Prozent aller Bürger Kasachstans über eine stabile Trinkwasserversorgung, also gerade mal jeder Vierte. Dabei sind über die Hälfte aller Haushalte an die zentrale Trinkwasserversorgung angeschlossen. Das aber ist keine Garantie dafür, dass aus der Leitung auch Wasser kommt. Besonders in den südlichen und westlichen Landesteilen ist die Lage durchaus problematisch. Einerseits sicher durch die natürlichen Gegebenheiten, andererseits aber auch durch die langjährige Vernachlässigung der entsprechenden technischen Basis. Die vorhandenen Leitungssysteme sind fast vollständig verschlissen, Ersatzinvestitionen infolge der extrem niedrigen Wassertarife nicht finanzierbar. Folglich trinken auch Leute in Städten mit eigentlich normal funktionierender Wasserversorgung durchaus nicht immer auch gesundes Wasser. Gesundheitsprobleme, oftmals elementarer Art, sind die logische Folge. Kommt noch hinzu, dass fast jeder zehnte Landesbewohner Wasser aus offenen Quellen, vor allem Flüssen, nutzen muss. Das braucht nicht unbedingt von Nachteil zu sein, doch da dies meist in ländlichen Gebieten mit verbreiteter Viehzucht passiert, ist das schon kritisch. Jeder fünfte Bewohner des Landes kauft deshalb regelmäßig abgefülltes Trinkwasser im Geschäft, weil entweder die Wasserversorgung nicht funktioniert oder die Wasserqualität nachgewiesenermaßen kritisch ist. Allerdings existiert ein langfristig angelegtes Programm zur Veränderung der Situation. Doch trotz internationaler Hilfe wird es in Relation zum Bedarf nur schleppend umgesetzt. Das hängt sicher auch mit den Prioritäten zusammen, die im Bereich staatlicher Ausgaben gesetzt werden. Klar ist eine neue Hauptstadt für die breite Öffentlichkeit ein imponierenderes Projekt als ein paar tausend Kilometer erneuerter Wasserleitungen. Mit letzteren geht man nun mal nicht in die Geschichtsbücher ein.

16/12/05

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