Der Leiter der Rechts- und Konsularabteilung der deutschen Botschaft in Almaty, Dr. Peter Kettner, und seine Amtsnachfolgerin ab Juli 2005, Tanja Beyer, waren vom 21. bis zum 29. April unterwegs in Ust-Kamenogorsk, Semipalatinsk, Pawlodar und Karaganda. Unser Korrespondent Hendrik Margull befragte Kettner über Sinn und Zweck der Reise sowie über die Möglichkeiten, junge Menschen für den Austausch zwischen Kasachstan und Deutschland zu gewinnen
DAZ: Es ist noch ungewöhnlich, wenn sich Botschaftsangehörige auf den Weg „an die Basis“ machen. Ist dies eine neue Initiative oder nur die Einsicht in Defizite der bisherigen Tätigkeit ?
Peter Kettner: Botschafter Körting besuchte Ust-Kamenogorsk im Herbst 2003 zu einem Vortrag an der Uni. Aber es stimmt, es ist eindeutig ein Defizit, wir könnten und müssten mehr tun. Doch die personellen wie finanziellen Mittel reichen für solche Aktivitäten nicht aus. Vergessen wir nicht: Kasachstan ist einfach ein sehr großes Land. Da fährst du nicht einfach mal nach Ust-Kamenogorsk oder Semipalatinsk. Es ist nicht nebenan, sondern zwei Tage Zugreise. Wir erleben von allem etwas: Flugzeug, Auto und Zug.
DAZ: Schulen und Unis als Auftrittsorte. Es ist nicht mehr nur die „Wiedergeburt“. Soll inzwischen eine andere Klientel erreicht werden ?
Peter Kettner: Natürlich, die Zukunft der deutsch-kasachstanischen Beziehungen liegt eben nicht mehr allein darin, dass sich die Deutschen über Aussiedlung definieren. Und wegzukommen von dem Bild, dass die Bürger Kasachstans in Deutschland immer nur die Aussiedler sind. Diese Bezugspunkte wären zu einseitig.
Deutschland muss sich gerade in dieser Frage anders darstellen. Dies stellt sich als zentrale Aufgabe der Botschaft dar. Deutschlands Interessen beschränken sich nicht auf die wirtschaftlichen Beziehungen, es kommt auch darauf an, viele intelligente junge Menschen für unser Land zu gewinnen. Nicht, damit sie in Deutschland leben, sondern sich mit Sprache, Kultur, Lebensweise und anderem beschäftigen und auseinandersetzen, und in Kasachstan die gegenseitigen Beziehungen beider Länder stärken.
DAZ: Ungewöhnlich auch der Aufhänger für so manche Veranstaltung mit Jugendlichen. Erst die Fußball-WM, danach das Schiller- und Einstein-Jahr…welche Reaktionen gibt es auf die Angebote der deutschen Botschaft ?
Kettner: Die Fußball-WM kommt immer gut an! Das Sportereignis des kommenden Sommers ist das beste Verkaufsargument weltweit überhaupt. Die Fußball-WM ist der Exportschlager für Deutschland. Auf meine Frage nach berühmten Deutschen höre ich häufig die Namen Beckenbauer, Klinsmann und Völler. Die Großveranstaltung ist nicht nur für den Fußballbund (DFB), sondern auch für die Regierung und das Auswärtige Amt und ihre Botschaften eines der wichtigsten Angelegenheiten in den nächsten Jahren, das es von Deutschland aus darzustellen gilt.
Das Schiller- und Einstein-Jahr nutze ich persönlich gern als Gesprächsanlass, weil ich meine, diese beiden Deutschen haben weit mehr Beachtung verdient als sie momentan durch offizielle deutsche Institutionen in Kasachstan erhalten. Nach meinem Dafürhalten kann zu diesem Thema mehr geleistet werden, deshalb habe ich „die beiden“ fest im Programm.
DAZ: Ein berühmter Ausspruch Einsteins, den Sie auf den Begegnungen mit jungen Leuten zitieren, lautet: „Nie aufhören zu fragen!“ Welche Fragen bekommen Sie am häufigsten gestellt?
Kettner: Die Studienmöglichkeiten in Deutschland bilden schon den Schwerpunkt. Und das Interesse von kasachstanischer Seite deckt sich mit dem bereits erwähnten Ziel der Botschaft, mehr Information und Transparenz anzubieten, denn nach wie vor bleibt es schwer, zu schwer, von Kasachstan nach Deutschland zum Studium zu gehen. Aber die zuständigen Ministerien und Stellen sind in letzter Zeit auf dieses Problem aufmerksam geworden. Wir brauchen den Austausch von Eliten, von Know-how, von Wissen allgemein. Nicht nur wegen der aktuellen Krise in Deutschland haben wir den Austausch extrem nötig. Und wir stehen vor einem Mentalitätswandel: die Öffnung Richtung Osten als Chance verstehen, begreifen, dass die Beziehungen zu den GUS-Ländern im allgemeinen und den Staaten Zentralsiens keine Gefahr darstellen, sondern gerade das Gegenteil.
DAZ: Zurück zu den Fragen Einsteins. Welche Fragen entstehen und bleiben bei Ihnen auf solchen Reisen? Was möchten sie von den jungen Deutschinteressierten wissen?
Kettner: Was mich jedes Mal wieder erstaunt und fasziniert, ist, dass so viel Menschen Deutschland als eine Aufgabe und Herausforderung verstehen und ihm ihr Interesse entgegenbringen. Dies ist eine sehr schöne Erfahrung. Dann macht die Arbeit richtig Spaß. Besonders frage ich nach der Internetnutzung und dem Wissen über einzelne Netzadressen. Denn in Deuschland, vereinzelt auch in der Botschaft, gibt es die Meinung, außerhalb von Almaty würde es keine Computer geben und erst recht kein Internet. Nach meinen bisherigen Konsularreisen habe ich stets betont, dass es sehr wohl gut ausgestattete Universitäten, Schulen und „Wiedergeburt“-Gesellschaften gibt. Leider wird mir nicht immer geglaubt. Was ein guter Grund dafür war, unsere homepage (www.almaty.diplo.de) noch besser, informativer und aktueller zu gestalten.
DAZ: Sie eröffnen ihre Veranstaltungen mit einigen Worten in russischer Sprache. Sie dürfen an dieser Stelle zum Abschluss russisch sprechen.
Kettner: Æåëàþ âñåì ñ÷àñòüÿ, ÷òîáû âñå ìå÷òû è æåëàíèÿ ñáûëèñü. Ïóñòü äëÿ âñåõ âàñ Ãåðìàíèÿ îñòàíåòñÿ âñåãäà èíòåðåñíà. Õîòåë, ÷òîáû è íåìöû è êàçàõñòàíöû â îäèí ïðåêðàñíûé äåíü áóäóò ïîíèìàòü, ÷òî Êàçàõñòàí – ýòî íå ëèøü ïåðåñåëåíöû.
Áóäóò ïîíèìàòü, ÷òî Êàçàõñòàí íå òîëüêî ïðåêðàñíàÿ è êðàñèâàÿ, íî è èíòåðåñíàÿ ñòðàíà. Ýòî êàñàåòñÿ è ýêîíîìèêó, è ëþäè è ìíîãèå äðóãèå âåùè. Ïîýòîìó ìû íå òîëüêî ñèäèì â Àëìàòû, à ïðèåõàëè â Óñòü-Êàìåíîãîðñê, ýòî îñîáåííî âàæíî íàì êàê ïîñîëüñòâî.