Nach zweieinhalbjähriger Pause ist der Deutsche Stammtisch Almaty zurück. Seit Februar treffen sich Interessierte aus Deutschland und Kasachstan wieder regelmäßig, um sich in geselliger Runde auf Deutsch auszutauschen.

Ein rosa beleuchtetes modernes mehrstöckiges Haus im Zentrum von Almaty. München heißt das Restaurant, in dem diesmal der Deutsche Stammtisch Almaty stattfindet. Passender könnte der Name für dieses Treffen eigentlich gar nicht sein, das Gebäude selbst spiegelt jedoch wenig von bayrischer Gemütlichkeit wider. Nach Durchschreiten des Vorgartens – im Sommer ein Biergarten? – empfängt eine Angestellte den Besucher. „Немецкий стол“ ist das Zauberwort, um mit dem Aufzug in den 3. Stock hochfahren zu können.

Alte Tradition, neu umgesetzt

Der Deutsche Stammtisch Almaty blickt auf eine langjährige Tradition zurück. „Wo das jetzt genau herkommt, weiß, glaube ich, keiner“, resümiert Nurbol Assylbayev, Mitglied des momentan dreiköpfigen Organisationsteams. Fest steht, dass der Deutsche Stammtisch ursprünglich von Mitarbeitern und Studierenden der DKU ins Leben gerufen wurde. Nachdem das Projekt vor mehr als zwei Jahren eingeschlafen war, erfolgte die Wiederbelebung auf private Initiative von Zarina Adambussinova und Aliya Zhussupova. „Als ich nach meiner Rückkehr aus Deutschland wieder in Almaty war, habe ich gemerkt, dass ich einen Bezug zu Deutschland brauche“, erzählt Zarina.

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Ein wenig verloren wirkt die Gruppe, die in der Mitte eines herrschaftlich großen Saals mit kitschigen Bergzeichnungen an den Wänden um einen ritterlichen Tisch versammelt ist. Bei näherer Betrachtung wird klar, dass dies lediglich dem Ambiente geschuldet ist und eine 15-köpfige muntere Runde fröhlich und interessiert neue Gesichter empfängt. Manche kennen sich schon länger, der ein oder die andere sind heute das erste Mal da. Neuankömmlinge werden neugierig befragt, wo sie herkommen, was sie machen und wieso Almaty.

Lockere Gespräche zu ernsten Themen

Offiziell wird der Abend mit einer nicht ganz ernst gemeinten Rede eröffnet, gemeinsam wird mit Bier angestoßen. Es bilden sich verschiedene Grüppchen, die Gespräche gehen hierhin und dorthin – Deutschland und Kasachstan bleiben jedoch zentral. Dabei werden nicht nur die standardmäßigen Informationen ausgetauscht und Erfahrungen aus Deutschland miteinander geteilt, sondern auch Gespräche über Jobmöglichkeiten in Almaty, Forschungsarbeiten und aktuelle Herausforderungen in beiden Ländern diskutiert sowie historisch-politische Gespräche über Identität geführt.

Das alles größtenteils auf Deutsch, ab und zu wird ins Russische gewechselt, was jedoch aus Rücksicht auf die wenigen Nicht-Russischsprachigen schnell wieder gelassen wird. „Bei uns ist das ganz locker, nicht wie in der Schule“, erklärt Aliya. Dadurch unterscheide sich der Deutsche Stammtisch auch von anderen Angeboten wie dem Stammtisch des DAAD oder dem Goethe-Club, die zum Deutschsprechen unter pädagogischer Anleitung einladen.

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Weitere Aktivitäten geplant

Es sind vor allem Kasachen, die in Deutschland studiert haben – oder nach wie vor dort studieren – und ein paar deutsche Expats, die nach Kasachstan auswandern wollen, beruflich oder auch nur für ein Praktikum in Almaty sind, die sich zum Stammtisch treffen. Die Organisatoren verfolgen ein doppeltes Ziel: Zum einen wollen sie Anlaufstelle für Deutsche sein, die neu nach Almaty kommen. „Der Stammtisch soll ihnen diese Anfangszeit erleichtern“, erklärt Nurbol. Praktische Tipps, Informationen und soziale Kontakte bietet der Deutsche Stammtisch.

Zum anderen sind die Treffen Gelegenheit, mit Gleichgesinnten in Erinnerungen an ihre Zeit in Deutschland zu schwelgen und die Sprache nicht zu verlieren. „Es ist so eine Art von Community, in der du dich wirklich wohl fühlst. Unser Ziel mit dem Stammtisch war es, genau diese Atmosphäre zu schaffen“, präzisiert Zarina.

Auf lange Sicht können sich die Organisatoren auch vorstellen, den Stammtisch für professionelles Networking als Jobbörse zu nutzen. Momentan hat jedoch der soziale Aspekt erst einmal Priorität – und der soll sich in Zukunft nicht nur auf das Reden beschränken. Traf sich der Stammtisch zunächst alle zwei Wochen, soll er künftig nur noch einmal im Monat stattfinden. Dafür sind zusätzliche Aktivitäten an den Wochenenden geplant: gemeinsames Frühstücken, Ausflüge in die Berge oder – typisch deutsch – Tatortabende.

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Dafür suchen Zarina, Aliya und Nurbol noch Unterstützung. „Mindestens fünf Leute wären schön“, meint Zarina. Vor allem die Unterstützung durch einen deutschen Muttersprachler sei wünschenswert. Der Abend im München endet mit dem Versprechen, sich bald wieder zu sehen. Dann jedoch wieder in deutscher Gemütlichkeit in einem weniger pompösen Gebäude.

Mehr Infos zum deutschen Stammtisch gibt’s in der Facebook-Gruppe: https://www.facebook.com/groups/stammtisch.almaty

Sabine Hoscislawski

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