Im Rahmen des Jahres „Deutschland in Kasachstan 2010“ organisierte das Goethe-Institut Almaty gemeinsam mit der Kasachischen Nationaluniversität „Al Farabi“ den ersten Zentralasiatischen Bildungskongress. Knapp 300 Teilnehmer tauschten sich über aktuelle Probleme und Entwicklungen aus.

/Bild: Antonie Rietzschel . ‚In Workshops und Vorträgen konnten sich die Teilnehmer austauschen.’/

Dass die Frage, vor welchen bildungspolitischen Herausforderungen Zentralasien steht nicht leicht zu beantworten ist, wird während des zweitägigen Bildungskongresses ziemlich schnell klar. Kasachstan, im März 2010 dem Bologna-Prozess beigetreten, bemüht sich derzeit um die Einführung europäischer Standards an den Universitäten, während es in Usbekistan an der Ausstattung und in Kirgisistan vor allem an Lehrpersonal mangelt. Angesichts der Lehrergehälter, die mit knapp 100 Euro weit unter dem Durchschnittseinkommen liegen, ist das nicht weiter verwunderlich. In Tadschikistan verlassen viele Kinder die Schule wieder nach drei Jahren. Dort fehlt es vor allem an kontinuierlicher Bildung.

Mangelnde Qualifikation

„Die zentralasiatischen Länder sind in den letzten 20 Jahren der Unabhängigkeit ihren eigenen Weg in Sachen Bildung gegangen“, sagt Susanne Becker vom Goethe-Institut Almaty. Der Bildungskongress solle den Teilnehmern die Möglichkeit geben, sich untereinander über die einzelnen Probleme und Entwicklungen auszutauschen, gleichzeitig aber auch Orientierung bei der Zusammenarbeit mit deutschen Organisationen und Hochschulen geben. 300 Teilnehmer sind gekommen, darunter Lehrer und Dekane verschiedener Fakultäten. Die Referenten kommen aus Deutschland, der Schweiz und Zentralasien.

Einer von ihnen ist Vitali Grischenko vom Regionalbüro Zentralasien des Institutes für Internationale Zusammenarbeit des deutschen Volkshochschulverbandes (dvv international) in Taschkent. Gefördert von der Europäischen Kommission und der Bundesrepublik Deutschland kümmert sich dvv international vorrangig um die Erwachsenenbildung. „Aufgrund mangelnder Ausbildung fehlt es vielen Erwachsenen, die vielleicht keine Universität besucht haben, an den nötigen Qualifikationen, um auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen“, so Vitali Grischenko.

In Tadschikistan, dem ärmsten Land in Zentralasien, habe dvv international im vergangenen Jahr erfolgreich das Projekt PATENT durchgeführt. Ziel sei es gewesen, die Armut im Land durch Bildung und so genanntes non-formales Training zu senken. Dafür habe man zehn Fachhochschulen in wirtschaftlich schwachen Regionen ausgewählt, an denen Arbeitslose eine berufliche Ausbildung erhielten. Zuvor sei der Arbeitsmarkt in Tadschikistan hinsichtlich der gefragtesten Berufe analysiert worden. Nach Abschluss des Projektes habe man die Teilnehmer auch tatsächlich auf dem lokalen Arbeitsmarkt unterbringen können.

Erster Schritt getan

Rachmatullo Abdullojew mit dem ersten alternativen Geschichtsbuch Tadschikistans.

Eine andere Erfolgsgeschichte erzählt Rachmatullo Abdullojew, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der Republik Tadschikistan. 2003 hat er gemeinsam mit drei anderen Kollegen das erste alternative Geschichtsbuch für die zehnte Klasse der Mittelschulen herausgegeben, das auch vom Bildungsministerium des Landes empfohlen wird. Derzeit arbeitet er an neuen Lehrmaterialien für die unteren Klassen. „Zuvor haben die Schüler mit Büchern gearbeitet, die einfach aus Sowjetzeiten übernommen worden sind. Die waren voller geschichtlicher Fehler“, sagt Rachmatullo Abdullojew.

Das neue Geschichtsbuch für die zehnte Klasse beschäftige sich unter anderem auch mit den Konflikten im Ferghana-Tal und dem Streit um die Stadt Buchara. „Selbst wenn das die Politiker anders sehen, aber die Geschichte der einzelnen zentralasiatischen Länder ist eine gemeinsame und nicht durch Grenzen trennbar“, sagt er. Auch beim Thema Bildung würde er sich grenzüberschreitende Ansätze wünschen. Angesichts dessen, dass sich die zentralasiatischen Länder abschotten, sei kein Austausch wie in Europa möglich. Mit dem Bildungskongress ist vielleicht ein erster Schritt getan.

Antonie Rietzschel

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