Nachdem ich mich jahrzehntelang generationen- und grenzüberschreitend mit der Kommunikation mit Mitmenschen abgeplagt habe, was inzwischen und inklusive der üblichen Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten ganz gut klappt, widme ich mich nun der Verständigung mit der Tierwelt. Das ist weitaus komplizierter.

Den Einstieg fand ich über den Hund meiner Vermieter, Ben. Wir haben uns eingangs darauf geeinigt, dass wir uns nicht gegenseitig beißen. Aufbauend auf einer Grundsympathie sind wir umeinander herumscharwenzelt und haben uns dann nach und nach weiter angenähert. Inzwischen sind wir dicke Freunde. Mein Vermieter hält mich immer an, mit Ben zu kommunizieren. Also spreche ich mit ihm. Er meint telepathisch. Also denke ich, was ich ihm sagen will. Bislang: keine Antwort. Jedenfalls keine für mich erkennbare Antwort.
Drum betreibe ich es wie alle Menschen. Wir reden pausenlos auf alles ein, was uns in die Quere kommt: unsere Partner, Tiere, Kinder, Pflanzen, sogar unsere Autos und PCs und bilden uns ein, dass am anderen Ende der Leitung irgendwas davon ankommt. Na, mindestens die Stimme und Stimmung. Ich erkenne besser und besser, wie es Ben geht, ob es ihm gut geht oder nicht, ob er erregt oder wütend ist.

Da gibt es aber noch viel zu lernen. Zum Beispiel die Deutung der Stilmittel Schwanz und Ohren. Um aber nicht zur Fachidiotin in dem Fach Hund zu werden, knöpfe ich mir noch weitere Tiere vor. Da stehen die Bienen ganz oben auf der Liste. Ich berichtete. Aber bevor ich meine Bienen im eigenen Bienenstock beobachten kann, wie die so leben, miteinander umgehen und kommunizieren, muss ich noch einen Sonderkurs in Überredungskunst belegen.
Meine Nachbarin Uli will und will mir die Erlaubnis nicht erteilen. Doch während ich auf meine Bienlein warte, wird’s nicht langweilig, da ich mich bis dahin den Vögelein widmen kann. Der Garten ist ja quasi voll davon. Bis dato habe ich nur das allgemeine pauschale Geschlecht Vögel wahrgenommen. Dass die Gattung „die Vögel“ bzw. die Vogelschar auch aus einzelnen Persönlichkeiten und das Vogelkonzert aus einzelnen Stimmen besteht, habe ich mir nie klargemacht. Doch meine naturverbundenen Nachbarn mit ihrem Blick fürs Detail haben mir die Augen und Ohren geöffnet. Und tatsächlich: Jeder Vogel sieht anders aus, sie verhalten sich unterschiedlich und schlagen ihre jeweils eigene Tonart an. Das ist toll! Bei so viel Fachwissen habe ich entgegen meiner sonstigen Gewohnheit gar nicht erst den Versuch unternommen mitzureden.

Meine bescheidenen Weisheiten beschränken sich darauf, dass aus einem Adler keine Taube wird und man lieber einen Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach haben sollte. Was die Vogelsprache anbelangt, beschränken sich meine Kenntnisse auf die Kinderlieder und so habe ich dem Federvieh nicht viel mehr zugetraut als ein Huhu, Kuckuck oder Fiderallala. Doch die Dinger haben weit mehr auf dem Kasten, wie ich jetzt lernen darf. Die Eulen rufen nicht nur Huhu, sondern die Spanne reicht von einem „pupupupupu“ (der Rauhfußkauz) bis hin zu einem „wuhu hu hu“ (Habichtskauz). Allein bei den Meisen wird einem ein „zizibäbä“ (die Kohlmeise), „sisigyrrrrrrrr“ (die Haubenmeise) oder „zerrretetetet“ (die Blaumeise) geboten.

Fast schon lyrischen Charakter entfaltet der Ausruf des Gartenbaumläufers – „ti, ti, titeroiti”, dem aber auch die Ammern in nichts nachstehen. Die Schneeammer flötet gern ein „tjui tjui tjui tjurivih“ dahin. Die Grauammer ist schon etwas vehementer mit ihrem „zik zik zik schnirlrlrl“ und die Braunkopfammer weiß ganz genau, was sie will: „dschek dschek drih drah drih“. Toll! Der Schneesperling variiert je nach Stimmung, er singt ein munteres „sitütsche sitütsche“, lockt kurz und bündig mit einem „Zuihk“ und warnt mit einem jähen „schräh“.

Um mein Gehör zu trainieren, habe ich jetzt eine CD mit Vogelstimmen. Ich bin schon ganz aufgeregt, meine neuen Kompetenzen in der Natur anzuwenden. Ich sehe mich schon auf der Waldlichtung, auf meinen Schultern, Armen, dem Kopf überall lustige Vögelein sitzend, mit denen ich ernste Worte und Weisheiten tausche, rumalbere, lache und natürlich singe. Die Vogelflüstererin. Aber man soll ja nie übertreiben und alles von der Pike auf lernen. Bevor ich mich also in die hohen Tonlagen der Ammern wage, starte ich meine Zwiegespräche mit Vögeln doch mit einem überschaubaren Huhu oder Kuckuck. Und bin gespannt, was mir die Vögelein Spannendes zu erzählen haben.

Julia Siebert

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