Was bedeutet Heimat für mich? Dieser Frage widmete sich ein deutschsprachiges Seminar für Schüler in Petropawlowsk.

Im Juni 2012 fand die Internationale Sommeruniversität „Raumwerkstatt Zentralasien – Die Konstruktion von Räumen und Grenzen” am Issyk-Kul-See in Kirgisistan im Rahmen des DAAD-Programmes „Konfliktprävention in der Region Südkaukasus/Zentralasien und Moldau“ statt. Die 25 Teilnehmenden aus Zentralasien und Deutschland versuchten gemeinsam Antworten auf Fragen wie „In welchen Räumen bewege ich mich?“ „Welche Grenzen kann ich überschreiten?“ „Wie ist es möglich, Konflikte zu vermeiden?“ zu finden. Die Ergebnisse der zweiwöchigen Arbeit wurden von den Teilnehmenden in Form einer Ausstellung präsentiert.
Inspiriert von den Erfahrungen bei der Sommeruniversität haben die Teilnehmerinnen Alla Gawrilowa und Karine Sargarjan ein Folgeprojekt in ihrer Heimatstadt Petropawlowsk organisiert. Am 17. April 2013 fand am Gymnasium „Best“ das Seminar zum Thema „Heimat“ statt, das von der Lektorin der Robert Bosch Stiftung Katerina Vorster unterstützt wurde.

Heimat: Raum oder Gefühl?

„Im Rahmen des Seminars am Issyk-Kul haben wir den Begriff „Heimat” behandelt. Jetzt weiß ich, dass in Deutschland das Verständnis von Heimat komplizierter ist und sich von unserem unterscheidet. Es war eine große Überraschung, als die Teilnehmer aus Deutschland auf dem „Heimat”-Bild Kaffee, Bett, Flugzeug gezeichnet haben. Dann erklärten sie, dass Heimat nicht Raum ist, sondern ein Gefühl, wenn der Mensch sich wie zu Hause fühlt. Deshalb haben wir dieses Thema für das Seminar ausgewählt”, sagt Karine Sargarjan.

Für die Teilnahme am Seminar wurden 20 Schüler aus den 8., 9. und 10. Klassen des Gymnasiums „Best“ ausgewählt, die sich durch besondere Kenntnisse der deutschen Sprache auszeichnen. Die Moderatorinnen haben sich für das Seminar folgende Ziele gesetzt: „Es soll den Teilnehmenden einen Zugang zur deutschen Kultur und Sprache verschaffen. Die Schüler sollen etwas über das Verständnis von „Heimat“ in Deutschland lernen, einen Vergleich zu Kasachstan ziehen. Die Teilnehmenden sollen sich am Ende des Seminars bewusst darüber werden, was Heimat für sie persönlich bedeutet.“

Das Seminar wurde komplett in deutscher Sprache durchgeführt, was anfangs für alle nicht einfach war. Mit Pantomime wurden die Teilnehmenden spielerisch an das Thema „Heimat“ herangeführt, wodurch die Atmosphäre aufgelockert wurde.

Durch die Arbeit in Kleingruppen und die Diskussion im Plenum sammelten die Teilnehmenden ihre Assoziationen zu „Heimat“. Sie versuchten später auf einem weißen Blatt Papier ihre Gedanken auszudrücken. Auf den Bildern, die sie gezeichnet haben, sah man Landschaften, Berge und Flüsse, die Sonne, die Flagge Kasachstans und Baiterek. Nach dieser ersten Seminareinheit wurde festgehalten, dass die kasachstanischen Schüler mit Heimat in erster Linie einen Ort sowie Patriotismus und Stolz verbinden.

Konstruktion von Heimat

Im zweiten Teil folgte der landeskundliche Vortrag „Die Konstruktion von Heimat in Deutschland“ von Katerina Vorster. Sie erzählt, wie schwierig der Umgang mit dem „Heimat“-Begriff in Deutschland ist. Auch zeigt sie, dass Heimat weniger ein Ort ist, sondern etwas „Gemachtes“. Jeder formt seine Heimat selbst durch Dinge, Entscheidungen und Beziehungen zu Personen. Die Kinder hören sehr aufmerksam zu. Im Anschluss diskutierten sie über die Fragen „Ist Heimat immer gleich ein Ort? Oder ist Heimat dort, wo die Menschen sind, die man mag? Kann es aber auch sein, das Heimat dort ist, wo man selber bereits ist?“ Die Diskussion führte zu dem Schluss: Heimat ist da, wo unser Herz wie zuhause ist.

Katerina Vorster sagt: „Ich bin voller Erwartungen nach Petropawlowsk gekommen und fahre mit vielen positiven Eindrücken wieder ab. Es war für mich sehr spannend, Alla und Karine bei diesem ehrenamtlichen Projekt zu unterstützen. Sie haben das Heimat-Seminar erfolgreich geleitet und ihre Ziele erreicht, wofür nicht nur die positive Evaluierung spricht. Die beiden haben eine besondere Form der Seminargestaltung gewählt, die hier wenig verbreitet ist. Den Teilnehmenden hat es gefallen. Denn im Verlauf des Seminars fiel es ihnen sichtlich leichter, sich auf Diskussionen und Gruppenarbeit einzulassen – und das alles in deutscher Sprache!“

Von Alla Gawrilowa und Katerina Vorster

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