In Deutschland bleibt der islamistische Terrorismus nach Aussage von Innenminister Otto Schily eine der Hauptgefahren für die innere Sicherheit. Daneben dürfe aber der Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht vernachlässigt werden. Die rechtsextreme NPD öffne sich nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer zunehmend für Neonazis. Der Minister legte am 17. Mai in Berlin den Verfassungsschutz-Bericht 2004 vor

Bei der Bedrohung durch extremistische Islamisten gebe es keine wesentlichen Veränderungen, betonte Schily. Der abgewendete Anschlag auf den damaligen irakischen Ministerpräsidenten Ijad Allawi während eines Deutschland-Besuchs zeige, dass die Bundesrepublik Teil eines weltweiten terroristischen Gefahrenraums sei. Derzeit gebe es 171 Ermittlungsverfahren mit islamistisch-terroristischem Hintergrund.

Die Zahl der Anhänger und Mitglieder islamistischer Organisationen stieg dem Bericht zufolge von 30 950 auf 31 800. Das entspricht einem Prozent der mehr als drei Millionen in Deutschland lebenden Muslime. Die türkisch-islamistische „Milli Görüs“ ist mit 26 500 Mitgliedern unverändert die mit Abstand größte Organisation dieses Spektrums.

Zweiter Schwerpunkt des Berichts ist der Rechtsextremismus. Die Wahlerfolge der NPD im vergangenen Herbst in Sachsen und der DVU in Brandenburg sowie das „skandalöse Auftreten“ der NPD-Abgeordneten im sächsischen Landtag hätten «für alle erkennbar werden lassen, dass es keine Toleranz für Feinde der Verfassung geben kann“, sagte Schily. Führende Neonazis hätten sich organisatorisch in die NPD einbinden lassen. Diese habe durch den Einzug in den Landtag von Sachsen im Herbst 2004 innerhalb des Rechtsextremismus an Bedeutung gewonnen.

Bei den rechtsextremistischen Parteien habe die Deutsche Volksunion DVU mit knapp 11 000 Mitgliedern weiterhin die meisten Anhänger. Die Nationaldemokratische Partei NPD wuchs um 300 auf 5300.

Insgesamt registrierten die Verfassungsschützer einen Rückgang auf 40 700 Rechtsextremisten. Zugleich verstärkte sich der Trend zum Neonazismus, der sich am Vorbild des Nazi-Reichs orientiert. Die Zahl der Neonazis wuchs um ein Viertel auf 3800. Etwa 10 000 Rechtsextremisten stufte der Verfassungsschutz als gewaltbereit ein.

Bezogen auf die Einwohnerzahl stehen Brandenburg und Sachsen- Anhalt an der Spitze bei politisch motivierten rechten Gewalttaten. Den Einstieg in die gewalt-orientierte rechtsextremistische Szene fänden viele Jugendliche über die Skinhead-Musik.

Zwischen NPD und Neonazis zeichne sich seit Anfang 2004 eine Annäherung ab. Führende Neonazis hätten sich organisatorisch in die Partei einbinden lassen. Durch ihren Einzug in den sächsischen Landtag im September 2004 habe die NPD innerhalb des Rechtsextremismus an Bedeutung gewonnen, sagte Minister Schily.

Mit ihrem Konzept einer „deutschen Volksfront“ sei die NPD zum Mittelpunkt für die Einigungsbemühungen im rechtsextremistischen Lager geworden. Als hochgefährlich wertete Schily Bemühungen der NPD, sich ein bürgerliches Ansehen zu verschaffen.

Schily nannte es eine „schmerzliche Tatsache“, dass die NPD nach dem 2003 gescheiterten Verbotsverfahren weiter eine legale Partei sei. Wer den „Superverbrecher Hitler als großen Staatsmann“ bezeichne, „ist für uns sehr schwer oder kaum erträglich“, sagte Schily zu entsprechenden Äußerungen des NPD-Vorsitzenden Udo Voigt.

Der Minister bekräftigte seine Auffassung, dass er derzeit keine Möglichkeit für einen neuen Antrag zum Verbot der NPD sehe. Den ersten Anlauf hatte das Bundesverfassungsgericht gekippt, weil ein unbekannter Teil der vorgelegten Beweise von Spitzeln stammte. (dpa)

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