Sooronbai Scheenbekow wird der neue Präsident Kirgistans. Er konnte die Wahl am 15. Oktober klar für sich entscheiden. Sie gilt als die erste demokratische Machtransition in Kirgistan. Im Vorfeld der Wahl hatte es Befürchtungen gegeben, dass es zu Unruhen kommen könnte. Kasachstan hatte infolgedessen und andauernder Spannungen mit dem Nachbarland Militär an der Grenze stationiert und schärfere Grenzkontrollen eingeführt.

Kirgistan steckt als Demokratie noch in den Kinderschuhen. Am vergangenen Wochenende hat das Land jedoch einen wichtigen Schritt getan. Obwohl es bei der Präsidentschaftswahl am 15. Oktober zu Verstößen gekommen war, stufen sie die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als kompetitiv und generell frei ein.

Die Wahl gewonnen hat mit rund 54 Prozent der Stimmen Sooronbai Scheenbekow. Der 58-jährige war bis Mitte August noch Premierminister Kirgistans gewesen und trat dann von seinem Amt zurück, um als Präsidentschaftskandidat ins Rennen zu gehen. Scheenbekow galt zudem als Favorit des bisherigen Amtsinhabers Almasbek Atambajew. Dieser kann verfassungsgemäß nach sechs Jahren Amtszeit als Präsident nicht noch einmal antreten.

Scheenbekow gehört wie auch Atambajew der Sozialdemokratischen Partei Kirgistans an und gilt somit als Vertreter des bisherigen Regimes. Als größter Konkurrent Scheenbekows galt der Milliardär Omurbek Babanow. Er erhielt etwas mehr als ein Drittel aller Stimmen. Insgesamt traten elf Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl an, und obwohl Scheenbekow und Babanow als Favoriten galten, war bis zum Wahltag nicht klar, wer das Rennen machen wird. 56 Prozent der mehr als drei Millionen Wahlberechtigten nahmen an der Wahl teil.

Nicht fair, aber ruhig?

Obwohl die Wahl grundsätzlich als demokratisch gewertet wird, gibt es Berichte über Wahlmanipulationen. So sollen Studenten dazu gedrängt worden sein, für Scheenbekow zu stimmen. Das Online-Portal Novastan berichtete am Wahltag von Stimmenkäufen seitens der Regierungpartei. 1000 Som, umgerechnet etwa 12 Euro, sollen Wähler für ihre Stimme für Scheenbekow erhalten haben. Auch der Oligarch Babanow soll seinen Reichtum dazu genutzt haben, um Druck auf Wähler auszuüben.

Hinzu kommt, dass der langjährige kirgisische Oppositionsführer Omurbek Tekebajew nicht an der Wahl teilnehmen konnte. Er war im August wegen Korruption zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Zudem berichten kirgisische Journalisten von Repressionen seitens des Staates.

Anders als befürchtet, blieben große Unruhen und Demonstration nach den Wahlen aus. Kirgistan hat seit seiner Unabhängigkeit 1991 bereits zwei Revolutionen erlebt: Die sogenannte Tulpenrevolution im Jahr 2005 und den Sturz des Präsidenten 2010. Seitdem befindet sich Kirgistan im Prozess der Demokratisierung. Nach Unruhen und dem Sturz des damaligen Präsidenten Kurmanbek Bakijew führte das Land ein Verfassungsreferendum durch und erklärte sich dadurch zu einer parlamentarischen Demokratie. Im Oktober 2011 fanden die ersten Präsidentschaftswahlen statt, die als frei angesehen wurden und die Atambajew gewann.

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Spannungen mit Kasachstan

Ein Problem, an dessen Lösung nun gearbeitet wird, sind die Spannungen mit dem Nachbarstaat Kasachstan. In der Woche vor der Präsidentschaftswahl hatte Kasachstan Militär an die Grenze zu Kirgistan geschickt und die Grenzkontrollen verschärft, offiziell um „illegale Tätigkeiten zu unterbinden […] und Personen ausfindig zu machen, die in Verbindung mit Terrorismus und Schmuggel gebracht werden“. Es kam zu stundenlangen Wartezeiten an Grenzstationen. Am Wochenende war eine 70-jährige Kasachstanerin an Hypertonie gestorben, während sie darauf wartete, die Grenze nach Kasachstan überqueren zu können.

Die Premierminister Kasachstans und Kirgistans einigten sich in dieser Woche darauf, die Situation an der Grenze zu entspannen. Fußgänger, Privatautos und reguläre Fernbusse sollen prioritär behandelt werde. Die verschärften Kontrollen für LKW mit Fracht bleiben demnach bestehen. Kirgistans Regierungschef Sapar Isakow war am 18. Oktober extra für Gespräche mit seinem kasachischen Amtskollegen Bakytschan Sagyntajew nach Astana gereist.

Beiden Ländern ist an einer Entspannung gelegen. Sagyntajew zitierte Nasarbajew mit den Worten: „Die Beziehung zwischen den beiden Bruderstaaten sollten ein Beispiel effektiver und einvernehmlicher Kooperation in der Region sein.“ Sowohl Kasachstan als auch Kirgistan sind Mitglieder in der Eurasischen Wirtschaftsunion und der Welthandelsorganisation.

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Wie weiter?

Trotz der Entspannung mit Kasachstan, hat Kirgistan genug andere Probleme, an denen der neue Präsident arbeiten muss. Es gibt weiterhin Konflikte mit der usbekischen Minderheit und obwohl das Land Bodenschätze sowie bedeutende Goldvorkommen besitzt, ist die Armut in der Bevölkerung groß.

Das Land ist wirtschaftlich enorm abhängig, von Kirgisen, die im Ausland, vor allem in Russland, arbeiten. Ihre Überweisungen nach Kirgistan machen fast ein Viertel des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus. Außerdem sind dringende Reformen in der Wirtschaftspolitik notwendig, ebenso wie ein rechtstaatlicher Umgang mit Aktivisten, Oppositionellen und Medien. Ohne sie wird die Demokratisierung, ob des positiven Verlaufs der Wahl, nicht weiter voranschreiten.

Othmara Glas

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