Auf dem Gelände der EXPO in Astana geben Vertreter des Deutschen Pavillons einen Vorgeschmack auf den deutschen Beitrag zu „Future Energy“, dem diesjährigen Thema der Weltausstellung. Auch nach Almaty führte die Pressetour. Bei den Pressekonferenzen wird – nicht nur – mit dem Motto „Energy on Track“ signalisiert: „Schaut her, so weit ist man schon.“. Was für die deutsche Energiewirtschaft Deutschlands stimmen könnte, gilt für die Organisation des Großprojektes in der kasachischen Hauptstadt doch nur bedingt.

30 Tage bis zur Eröffnung, das ist der Stand. So steht es auf der Anzeigentafel an einem Zugang zum EXPO-Gelände im Süden Astanas. Doch noch bleibt das Bild einer großen Baustelle haften. Der Asphalt auf den Straßen wirkt frisch, das platzierte Grün hingegen weniger. Bereits verdorrte Grasschollen, das sind rechteckige Rollrasenelemente, wirken liegengelassen. Sie wechseln sich ab mit Löchern oder Kabeln, die aus dem Boden ragen. Hier und da ist eine Sprinkleranlage zu sehen, doch der Eindruck drängt sich auf, dass Einiges hier verlorene Liebesmüh’ ist, die Temperaturen von über 20 Grad machen sich bemerkbar.

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Auf der Pressekonferenz zum Deutschen Pavillon hat Pressesprecher Frank Bumann die Verantwortung für die Öffentlichkeitsarbeit. Auf die Frage, warum die Pressekonferenz gar nicht in den Räumlichkeiten des Deutschen Pavillons stattfinde, erklärt Bumann, dass dies von deutscher Seite aus zwar gewünscht gewesen wäre, aber im Vorfeld der EXPO man von austragender Seite keine Veranstaltungen in noch im Bau befindlichen Räumlichkeiten wolle.

Impulse für die Stadt der Zukunft

Das Gemeinschaftserlebnis in der Energy-Show steht für die Kraft des Einzelnen im Verbund mit seinen Mitmenschen und soll Vorfreude auf eine neue Energie-Ära wecken. | © insglück/gtp2/mac

„Der Deutsche Pavillon bildet die Leistungsfähigkeit und Lösungskompetenz Deutschlands im Bereich der zukünftigen
Energieversorgung unseres Planeten ab. Darüber hinaus möchten wir uns als weltoffenes, sympathisches und innovationsfreudiges Gastland präsentieren“, hieß es bereits vor knapp einem Jahr von Dietmar Schmitz, dem Kommissar des Deutschen Pavillons vom Referat Messepolitik/Expo-Beteiligungen, das dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie untergeordnet ist.
Dass an diesem Image festgehalten werden soll, erfährt man schon anhand der Namensgebung der Bestandteile der Schau: „Karte der Zukunft“ und „Stadt der Zukunft“.
Während die „Karte“ den Forschungsstand abdecken und die Besucher in den Nutzen und die Funktionsweise von Flussturbinen, Windrädern, Solarzellen und geothermischen Bohrungen einführen soll, will der Ausstellungsbereich zur Stadt die Menschen in deren direkten Lebensumfeld ansprechen.
Diesen ‚Zoom‘ von globaler Problematik auf nationale bis hin zu persönlicher Verantwortung des Einzelnen verfolgt der Rundgang durch den Deutschen Pavillon.

Wissenstransfer und Unterhaltung

Auf nationaler Ebene geht es in Zeiten wetterbedingter Energiequellen wie Wind und Sonne viel um Technologien der Energiespeicherung. Ein Riesenthema in Sachen Energiegewinnung aus Pflanzen seien Algen als Biomasse. Lokale Lösungsmodelle sind zum Beispiel neue Bauformen für Wohnhäuser, sogenannte Smarthouses, die über ihren Bedarf hinaus selbst Energie produzieren, beispielsweise durch Solarzellen in der Fassade.

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Vorgestellt werden das „Effizienzhaus Plus“ oder das Algenhaus aus Hamburg-Wilhelmsdorf. Auch Fortbewegungsmittel und deren Umgestaltung weg von fossilen Energieträgern werden thematisiert, Fahrzeuge mit Elektroantrieb werden zu sehen sein. „Es gibt nicht die eine Lösung. Es geht darum, Visionen aufzuzeigen, wie die Zukunft sein kann,“ weiß Andreas Horbelt, der für das inhaltliche Konzept und Design verantwortliche Kreativdirektor.
Am Ende des Pavillonrundgangs soll – beinahe metaphysisch – der Mensch und die Energieströme zusammengebracht werden. Die Symbolik liegt auf der Hand: auch die Energie und das Engagement des Einzelnen stehen hinter den Bemühungen um eine lebenswerte und saubere Welt.

Im Problem liegt bereits die Lösung

Die Lehrformel ist die folgende: Um dem Klimawandel auf dem Energiesektor zu begegnen, liegen die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien auf der Hand, nämlich in der Natur. Und somit ist die Lösung bereits dort enthalten, was einem problematisch auf die Füße zu fallen droht. „Energie auf dem richtigen Weg“, so übersetzen die Verantwortlichen des Deutschen Pavillons den eigenen Slogan. Dass das auch Gehör findet, und die Exponate anziehend wirken, dafür haben die Designer gesorgt.
Mit 1200 m² ist der Deutsche Pavillon der größte. Auf die Frage nach diesen Dimensionen, erwidert Bernd Aufderheide von der Durchführungsgesellschaft Hamburg Messe, die für Bauphase und Betrieb des Pavillons zuständig ist: „Wir haben die zukunftsfähigste Technologie und wahnsinnig viel zu zeigen, deshalb der Umfang.“
Als eine der Nationen, die die energiepolitische Wende tatsächlich schon verankert und eingeleitet hat, kann sich Deutschland zwar schon so präsentieren. Aber wirft man einen Blick auf Strom– oder Automobilkonzerne und deren teils verzweifelte, teils kreative Versuche mittels Lobbyismus Besitzstandswahrung zu betreiben, dann gehört zur Wahrheit auch: Vorreiter hin, Musterschüler her – ganz so sauber und reibungslos oder gar metaphysisch läuft auch im Pionierland der Wechsel noch nicht.

Demokratisierung durch Erneuerbare?

Mit einem steinigen Weg, auf dem Umweltanliegen, durchaus durch das Engagement von Einzelpersonen, zum politischen Establishment wurden, ist Deutschland heute weltweiter Impulsgeber auf diesem Gebiet. Es brachte nicht nur die globale Initiative zu erneuerbaren Energien ins Spiel, es sagte sich nach dem Reaktorunfall in Fukushima auch von der Atomkraft los, die bis zum Jahr 2022 auslaufen soll. Doch gleichzeitig sorgen im Automobilland nicht nur die immerwährenden Schadstoffausstöße für heikle Debatten, ebenso ist die Deckelung des erneuerbaren Stroms eine Streitfrage.
Auch wenn Horbelt in der Energiewende die große Chance der Dezentralisierung und Demokratisierung sieht, in der Tausende Einzelpersonen und Kleinunternehmer mit Windrädern und Solarzellen zum grünen Strommix beitragen können, so behalten doch die Energieriesen die Zügel in der Hand. Aufderheide stellt klar: Sie „sind die, die mit den Wind– und Solaranlagenherstellern gemeinsam die Netze ausbauen.“ Deshalb sind die Großkonzerne auch am deutschen EXPO-Pavillon mitbeteiligt – nur unsichtbar und neutral.
Ob Algen auch tatsächlich niemand braucht, oder ob es zu einer Biokatastrophe führen kann, bleibt dahingestellt. „Alles was man macht, hat eine Auswirkung. Am Ende macht es die Mischung, und da kommen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Ethik zusammen“, weiß Dieter Schmitz Diskussionen um klimaverändernden Emissionen der Wirtschaft, Biokatastrophen oder etwa in Windrändern sterbende Seevögel zu relativieren. Diese Mischung der Verantwortung zwischen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft will der Pavillon auch aus globaler, nationaler und lokaler Perspektive repräsentieren.
Vieles klingt zukunftsweisend, pathetisch und hoffnungsvoll. Dass das Engagement des Einzelnen notwendig ist, stellt eine beeindruckende Lasershow in den Fokus; dass Gesetzesneuerungen am Ende entscheidend sind, weiß man aus der deutschen Geschichte mit der Energiewende.

Julia Boxler, Philip Klein

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