Die Weltbank hat ihren alljährlichen Wirtschaftsvergleich veröffentlicht, in dem 155 Länder auf Unternehmerfreundlichkeit getest wurden. Ganz oben auf der Wunschliste der Ökonomen steht Neuseeland. Kasachstan befindet sich auf Rang 86 und liegt damit lediglich in der zweiten Tabellenhälfte.
Die Weltbank hat ihren alljährlichen Wirtschaftsvergleich veröffentlicht, in dem 155 Länder auf Unternehmerfreundlichkeit getest wurden. Ganz oben auf der Wunschliste der Ökonomen steht Neuseeland. Kasachstan befindet sich auf Rang 86 und liegt damit lediglich in der zweiten Tabellenhälfte.
Zehn Faktoren hat die International Finance Cooperation (IFC), eine Tochterorganisation der Weltbank, in ihrem Wirtschaftsreport getestet. Alle mit Bezug auf die Unternehmerfreundlichkeit des jeweiligen Landes. So kann etwa in Kasachstan innerhalb von 24 Tagen und nach einem Verfahren mit lediglich sieben Schritten bereits ein Unternehmen eröffnet werden. Damit liegt der zentralasiatische Staat auf Platz 33 und eigentlich hoch oben auf der Rangliste. Noch besser steht es in Kasachstan für die Unternehmer in punkto Anstellen und Entlassen: Die kasachischen Arbeitnehmer scheinen besonders flexibel und verhelfen ihrem Land damit zum 29. und sogleich Spitzenrang im IFC-Ranking.
Dreimal schwarzer Peter
Aber was haben Neuseeland, Singapur und die USA, was Kasachstan nicht hat? Lorenz Gessner von der „Internationale Projekt Consult GmbH“, in Almaty zuständig für ein Projekt der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) im Bereich der Finanzierung von Klein- und Mittelständischen Unternehmen in Kasachstan, meint: „Grundsätzlich ist Kasachstan mit dem 86. Rang gar nicht schlecht bedient. Was erwartet man schon von einem Land, das erst seit knapp 15 Jahren überhaupt sowas wie eine Marktwirschaft hat? Zudem ist Neuseeland gezwungen, sich stärker für Unternehmer zu öffnen, weil es eben nicht so zentral gelegen ist. Weiter muss Kasachstan auch das richtige Maß finden zwischen Öffnung und Schutz des eigenen Marktes, und ich glaube, in dieser Beziehung ist man hier auf dem richtigen Weg.“ Während Staaten wie Kanada (4) oder Russland (79) sich in den verschiedenen Rankings auf jeweils etwa demselben Niveau bewegen, variieren die Daten für Kasachstan um 96 Rangpunkte. Zu verbessern gilt es die Gebiete Bewilligungen (112), Kredite (117) und grenzüberschreitender Handel (142), welche Kasachstan tief in die zweite Tabellenhälfte befördern. Und das kommt zumindest teilweise nicht von ungefähr. Wer nämlich in Kasachstan einen Export tätigen will, braucht dafür 14 Dokumente mit 15 Unterschriften und hat mit durchschnittlich 93 Tagen zur Planung und Ausführung zu rechnen. Ähnliche Werte gelten für den Import. Was allerdings das Kreditwesen angeht, ist für Lorenz Gessner die schlechte Platzierung Kasachstans schwer verständlich. „Gerade in unserem Programm für Mikrokredite sind sämtliche großen kasachischen Banken involviert. Der Finanzsektor in Kasachstan hat große Reformen hinter sich und gilt nun in den ehemaligen CIS-Ländern als einer der fortschrittlichsten. Was Kasachstan allerdings noch fehlt, ist ein sogenanntes Kreditbüro, wo Kreditnehmer registriert werden, um den Banken mehr Sicherheit zu bieten. Das war wohl ausschlaggebend für das schlechte Abschneiden in dieser Sparte.“
Kirgisien vor Kasachstan
Auch im zentralasiatischen Vergleich steht Kasachstan lediglich an zweiter Stelle und muss sich gar dem Nachbarn Kirgisien geschlagen geben. Usbekistan liegt weit abgeschlagen auf Platz 138, und Tadschikistan ist auf der Liste der IFC gar nicht aufgeführt. Auch hier fällt auf, dass Kirgisien durch die Bank hinweg ausgeglichene Werte aufweist und gerade bei Kasachstans Schwachstellen wie etwa Bewilligungsfragen viel besser dasteht. Dazu meint Lorenz Gessner: „Eigenlich ist das gute Abschneiden Kirgisiens verwunderlich, zumal Kasachstan gerade im Öl-, Gas- und Metallsektor führend ist in der Region. Aber einfach so kommt man hier eben nicht in den Markt, denn noch ist die Korruption groß in Kasachstan. “ Auch wenn Zusatzzahlungen und Beziehungen einiges vereinfachen und beschleunigen können, so schreckt die Korruption doch gerade Mittelstandsunternehmen ab, weil die Situation zu unberechenbar und die Gefahr von Verlusten zu hoch ist. Weiter ist Kasachstans Markt nicht so groß – auf 2.7 Millionen Quadratkilometer leben gerade mal 15 Millionen Leute.
Gut für Wirtschaft – und für die Gesellschaft?
Es fällt auf, dass sämtliche mitteleuropäischen Staaten im IFC Vergleich verhältnismäßig schlecht abschneiden. Schuld daran sind fast ausschließlich die Werte im Ranking „Hiring and Firing“, Anstellungs- und Entlassungsbedingungen also. Ob etwa in Österreich, Deutschland oder Frankreich, überall sehen sich die Unternehmer mit schwierigen Anstellungs- und Entlassungsbedingungen und hohen Personalkosten konfrontiert. Da ist Kasachstan unternehmerfreundlicher. Allerdings hängt dieser Faktor mit dem anderen Arbeiterverständnis der Kasachen zusammen, weiß Lorenz Gessner: „Es gibt natürlich vertragliche Regelungen, doch hier leben die Arbeitnehmer eher nach dem Prinzip: Wenn mir jemand einen höheren Lohn bietet, dann wechsle ich eben.“ Stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis Arbeitnehmer- und Unternehmerfreundlichkeit stehen. Denn gerade der in europäischen Staaten ausgeprägte Arbeitnehmerschutz trägt jene schlechten Noten bei IFC ein. Gessner sieht darin ein Problem: „Ich will die Studie der IFC nicht in Frage stellen. Allerdings muss man sich schon überlegen, ob denn ein Faktor wie Anstellungsverhältnisse in demselben Maße in eine Gesamtbeurteilung einfließen kann, wie etwa die Kreditfrage.“ In der Vertretung der Weltbank in Almaty weiß man nicht genau, wie die Angaben zu Kasachstan überhaupt entstanden sind. „Wir haben hier keine Umfragen für diese Untersuchungen durchgeführt“, erklärt eine Mitarbeiterin des IFC-Büros am Telefon.
30/09/05