Mit großer Mehrheit hat der Deutsche Bundestag den Abriss des Palasts der Republik, dem einstigen Prachtbau der DDR, beschlossen. Das veranlasst Zeitungen in ganz Deutschland zur Stellungnahme:
DER TAGESSPIEGEL (Berlin)
Mag sein, dass die DDR ein historischer Irrtum war, aber sie war! Der Palast der Republik ist. Und er sollte weiter da sein: Als Erinnerung oder Mahnung, je nachdem. Für die, die da sind und noch kommen. Die Menschen in der versunkenen, der verschütteten DDR haben viel dafür gezahlt, in jeder Hinsicht. Man muss den Palast nicht mögen, man muss ihn nur aushalten. Und erhalten.
MAIN-ECHO (Aschaffenburg)
Anders als bei der Frauenkirche in Dresden, die von jeher Bürgerkirche war, Symbol eines selbstbewussten städtischen Bürgertums, wird der Wiederaufbau des Berliner Schlosses niemals ein nationales Anliegen werden, eine Herzensangelegenheit der Bürger. Berlin verliert in seiner Mitte einen monströsen Fremdkörper und erhält im Gegenzug eine große Grünfläche sowie viel Zeit. Das ist das Beste, was im Augenblick geschehen kann. Fürs Schloss ist die Zeit einfach noch nicht reif.
BERLINER ZEITUNG (Berlin)
Lange galt die Streitlinie um den Palast als eine zwischen Ost und West, aber das überholte sich ziemlich schnell, und seit einiger Zeit ist es anders. Die Linie verläuft zwischen Alt und Jung und war die bisher spannendste Konstellation. Die Jungen wollen sich nicht von Leuten ein Schloss beschließen lassen, mit dem diese wahrscheinlich nie leben müssen. Sie wollen mitbestimmen, wie ihre Stadt künftig aussieht. Aber sie haben den kurzen Streit schon verloren. Noch ein paar Monate bebt die Leiche. Dann wächst das Gras.
RHEIN-NECKAR-ZEITUNG (Heidelberg)
Grünflächen sind in Berlin Mangelware. Deshalb hinterlassen die 250.000 Berliner Hunde ihre 60 Tonnen Kot am Tag meist auch auf Gehwegen und Spielplätzen. Mangels Alternative. Gibt es in der Stadtmitte aber erst einmal einen großen Platz, wo sich Fifi und Waldi nach Herzenslust gütlich tun können, so entsteht dort auch automatisch ein riesiges Open-Air-Klo. Und wenn jeder Hundehalter dann noch die 25 Euro Bußgeld zahlt fürs Hundehäufchen, dann ist es nur noch eine Frage von zehn Jahren bis man ein schönes Schloss im Wert von 228 Millionen Euro errichten könnte.
HESSISCHE/NIEDERSÄCHSISCHE ALLGEMEINE (Kassel)
Die Nachfolgebebauung, die Wiedererrichtung des Schlosses mit seiner barocken Fassade, scheint bislang unfinanzierbar. Als Übergang ist eine Rasenfläche im Gespräch. Das wäre endgültig ein Treppenwitz der Geschichte. Denn eine Brache existierte hier schon einmal – als SED-Chef Ulbricht das Schloss 1950 sprengen ließ. Es dauerte ein Vierteljahrhundert, bis dort wieder gebaut wurde.