Anders als Fabelwesen, die ähnlich phantastische Geschichten umranken, sind Achal-Tekkiner in unserer Realität anzutreffen. Die Einsatzgebiete der Vollblüter haben sich zwar über die Jahrhunderte verändert, deshalb sind sie aber im heutigen Kasachstan nicht minder begehrt.

Pferde, die Blut schwitzen, sollen es sein. Zumindest berichtet eine der vielen Legenden, dass diesen sagenumwobenen Vollblütern aus dem turkmenischen Raum diese Besonderheit eigen ist. Andere erzählen, dass sie aus purem Gold seien oder Flügel besäßen und durch die Suche nach den legendären Pferden die Seidenstraße entstanden ist. Außerdem sollen sie zu einem Gutteil die Stärke der Heere von Dschingis Khan und Alexander dem Großen ausgemacht haben. Wie auch immer man zu diesen Hersagungen steht, fest steht, dass die achal-tekkinische Rasse viele Vorzüge aufweist. Sie ist der Ursprung aller Vollblüter weltweit, und mehrfach haben diese Tiere in Wettkämpfen ihre enorme Ausdauer unter Beweis gestellt. Sicher ist auch, dass ihre Bedeutung im heutigen Kasachstan weit über die von Pferden hinausgeht.

Die Geschichte der Achal-Tekkiner

Der Name dieser Pferderasse geht auf den Volksstamm der Tekke zurück, der sich über Jahrtausende in einer Oase des heutigen Turkmenistans von Pferdezucht und Raub ernährte. Die kargen Steppen und Wüsten Turans ließen ihre Pferde ausdauernd, genügsam und hart werden. Oft mussten die Vierbeiner auf Raubzügen große Strecken zurücklegen. Dabei erhielten sie tagelang kaum Wasser und nur winzige Rationen Futter. Eigenschaften, die sich diese Pferderasse bis zum heutigen Tage bewahrt hat und weswegen sie besonders geschätzt wird.

Andere Spuren der heutigen Achal-Tekkiner reichen bis zu den Baktrern zurück. Bei Ausgrabungen in Anau bei Aschgabad wurden über 2.500 Jahre alte Pferdeskelette entdeckt, die eine enge Verwandtschaft mit den heutigen Züchtungen aufweisen. Welche enorme Bedeutung die Tiere für Kriegszwecke und den Transport in der damaligen Zeit hatten, veranschaulicht das Wappen von Baktra, in dem sich der Achal-Tekkiner als Symbol wieder findet.

Die begehrtesten Schätze ihrer Zeit

Schier zu überschlagen scheinen sich die Legenden rund um die Achal-Tekkiner, die ihnen eine fast mystische Aura verleihen. Eine davon erzählt, dass der persische König Kyros mehrfach versuchte, gewaltsam in den Besitz der edlen Tiere zu gelangen. Nachdem er mit all seinen kriegerischen Versuchen gescheitert war, soll er, geradezu verzweifelt, die Tochter des medischen Königs Astyages geheiratet haben. Dadurch erreichte Kyros doch noch seine Ziele und wurde Besitzer der baktrischen Vollblüter.

Ähnlich handelte der makedonische Heerführer Alexander der Große, der als gelehriger Schüler von Kyros gilt. Dessen Beispiel folgend, erwarb er über eine Heirat mit der baktrischen Königstocher Roxana die schnellsten und mutigsten Pferde seiner Zeit. Damit legte er einen entscheidenden Grundstein für seine späteren Kriegserfolge und seine Macht.

Die Seidenstraße

Nach den Schriften Sven Hedins begehrten auch chinesische Kaiser die baktrischen Pferde. In Berichten von Reisenden, die in Kaschgar ankamen, hörte man immer wieder von geflügelten Pferden, die in der westlichen Steppe leben sollten. Angestachelt von der Vorstellung, durch die außergewöhnlichen Tiere militärische Stärke zu erlangen und unbesiegbar zu werden, wurden im Jahre 138 vor Christus schließlich mehrere Boten ausgesandt, um einige dieser Exemplare in chinesischen Besitz zu bringen. Die Emissäre kehrten von ihren Erkundungen zwar zunächst unverrichteter Dinge zurück, weil sich die Baktrier weigerten, ihre Pferde zu verkaufen. Sie hatten aber wertvolle Informationen für Handelsbeziehungen und die Etablierung einer neuen Handelsroute gesammelt. Dies soll die Geburtsstunde der Seidenstraße gewesen sein, die über 2.000 Jahre enorme Bedeutung für Zentralasien hatte und dieser Region Reichtum bescherte.

Blutschwitzende Pferde

In späteren Beutekriegen gelang es den Chinesen aber doch noch, an die begehrten Pferde zu gelangen. Von den mehr als 3.000 geraubten Vierbeinern hatten rund 20 die Eigenschaft, bei Erregung oder Anstrengung Blut zu schwitzen. Ein Phänomen, das auch heute noch von Zeit zu Zeit auftritt und den Hintergrund dafür bildet, dass Achal-Tekkiner auch „himmlische“ oder „goldene Pferde“ genannt werden. Zudem impliziert die Legende über das Blutschwitzen eine hochstehende Züchtung. Sie geht nämlich davon aus, dass das Phänomen des Blutschwitzens bei Achal-Tekkinern auf ihre dünne Haut und die hohe Herzfrequenz zurückzuführen ist. Insofern war es früher gern gesehen, galt es doch als Ausdruck einer edlen Rasse. Heute ist es aber nahezu gänzlich verschwunden, da man durch die Methoden der modernen Wissenschaft weiß, dass ein Parasit das Blutschwitzen verursacht. Der Tiermediziner Andreas Gygax aus der Schweiz, selber ein Vollblüter-Züchter und Reitfanatiker, sagt: „Früher in der Armee sind wir manchmal auf das Phänomen des Blutschwitzens gestoßen. Es handelt sich dabei um einen Blutparasiten, der die Membrane der Blutbahnen durchlässiger werden lässt, worauf diese bei hoher Durchblutung platzen können. In der Folge hat man diesen Parasiten bestimmt und bekämpft, so dass Blut schwitzende Pferde heute selten bis gar nicht mehr vorkommen.”

Geschenke für Präsidenten

Was in Deutschland ein luxuriöses Auto, an der Cote D’Azur eine große Yacht und in England ein Landhaus ist, kann in Kasachstan mit einem edlen Pferd gleichgesetzt werden. Wer gar ein Gestüt nebenher besitzt, drückt damit besonderen Erfolg aus, und wer einen dieser edlen Vierbeiner geschenkt bekommt, dem wird dadurch größte Ehre zuteil. Ein Achal-Tekkiner ist ein Geschenk für einen Präsidenten. Das erklärt sich aus der tiefen Verwurzelung dieser Vierbeiner in den kasachischen Traditionen. Für das Nomadenvolk nahmen Pferde als Fortbewegungs- und Transportmittel seit jeher eine gewichtige Rolle ein.

Da Statussymbole auch immer ein Ausdruck einer Kultur sind, repräsentieren sie zu einem Teil das, was einer Gesellschaft wichtig, lieb und teuer ist. Deshalb verkörpert das Pferd die Werte der kasachischen Gemeinschaft. Die Besitzer von Achal-Tekkinern genießen zumeist großes Ansehen, und die Person ist umso höher gestellt, je häufiger und höher der Vierbeiner prämiert wurde. Ein Champion kann schon mal gut und gerne eine Million Dollar und mehr kosten. Kein Wunder, dass solche Pferde oft das Wichtigste im Leben ihrer Besitzer sind und oft noch vor familiären Belangen kommen.

Von Christoph Salzl

23/02/07

Teilen mit: