Mit dem Stand auf dem heimischen Flohmarkt nahm die Leidenschaft Handel für Florian Graetz ihren Anfang. In seiner Tätigkeit für den Metro-Konzern hat er mittlerweile an Standorten wie Bukarest und Moskau gearbeitet. Nun ist er als Chefcontroller in Kasachstan tätig und bereitet in Almaty die Expansion in den zentralasiatischen Markt vor.

/Bild: Metro. ‚Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew (Mitte) eröffnet gemeinsam mit Frans Muller (rechts), CEO von Metro Cash & Carry und Stephen Kreeger (links), Managing Director von Metro Cash & Carry Kasachstan den ersten Markt in Astana.’/

Herr Graetz, Sie sind Head of Controlling bei Metro Cash & Carry in Kasachstan. Was gehört zu Ihren Aufgaben?

Florian Graetz, Chefcontroller bei der Metro in Almaty, mag die Dynamik der Handelsbranche.

Im Bereich Controlling arbeite ich mit einem fünfköpfigen Team. Um meine Arbeit beispielhaft zu beschreiben, würde ich sagen, wenn der Geschäftsführer der Kapitän des Unternehmens ist, ist der Controller der Lotse, der ihm zur Seite steht. Meine Aufgabe ist es, das Schiff Unternehmen in Richtung Erfolg zu steuern. Dafür braucht man einerseits die betriebswirtschaftliche Kompetenz, aber auch eine gewisse Fähigkeit zur Kommunikation, um die ganzen Zahlen zu vermitteln.

Außerdem liegt es in meinem Aufgabenbereich zu schauen, ob sich das Unternehmen auf dem richtigen Weg befindet, ansonsten muss ich Gegenmaßnahmen formulieren. In meiner momentanen Arbeit ist das Thema Expansion ein Schwerpunkt. Ein Großteil meiner Tätigkeit besteht darin, Wirtschaftlichkeitsanalysen zu erstellen und Investitionsanträge zu stellen. Schließlich nehmen wir jeden geplanten Standort zuvor genau unter die Lupe.

Der erste Metro-Markt hat im letzten Jahr in Astana eröffnet, dieses Jahr sind zwei weitere Märkte in Almaty geplant. Welches Alleinstellungsmerkmal schreiben Sie Metro in Kasachstan zu?

Ich würde es nicht Alleinstellungsmerkmal, sondern Leistungsversprechen nennen, die wir unseren Kunden geben. Da gibt es drei wichtige Versprechen: Erstens sind wir Großhändler, das heißt, wir bieten unsere Produkte zu Großhandelspreisen an, die besonders günstig sind. Dann sind natürlich Frische und Qualität wichtige Themen, wir haben hier die gleichen Standards wie in Deutschland. Schließlich gibt es noch das breit gefächerte Sortiment, von Nahrungsmitteln bis Kleidung, das keine Wünsche offen lässt und alle Bedürfnisse des Kunden unter einem Dach erfüllen soll.

Sehen die Metro-Großmärkte in Kasachstan anders aus als in Deutschland?

Ja, in gewisser Weise schon, denn wir bei der Metro arbeiten insgesamt mit drei verschiedenen Marktformaten, um uns optimal an die standortspezifischen Bedürfnisse anpassen zu können. Die Formate unterscheiden sich nach Sortimentstiefe, Sortimentsschwerpunkt und Verkaufsfläche. In Westeuropa haben die Märkte meist das größte Format, dort beträgt die Verkaufsfläche zwischen 10.000 und 16.000 Quadratmetern. In Osteuropa und Asien dominiert das kleinere Format mit 7.000 bis 9.000 Quadratmetern. Die Märkte in Kasachstan werden auch dieses so genannte Junior-Format haben und dort ca. 25.000 Produkte führen, 13.000 davon Food- und 12.000 Non-Food-Produkte. Abgesehen von der Größenordnung sind die Märkte in Deutschland und Kasachstan aber nahezu identisch.

Stichwort Mitarbeiterstrukturen: Wie ist das Verhältnis von deutschen und ansässigen Mitarbeitern?

Die deutschen Mitarbeiter in der Verwaltung kann ich an einer Hand abzählen. Ansonsten spiegelt sich die Internationalität des Metro-Konzerns mit über 2.100 Standorten in 34 Ländern auch in der Belegschaft wider. Der Großteil der Belegschaft in unserer kasachischen Organisation ist lokal, wobei der Anteil der Expats, die momentan hier sind und die Aufbauarbeit leisten sollen, bei ca. zwei Prozent an der Gesamtbelegschaft liegt. Und auch die Expats sind von den Nationalitäten her bunt gemischt, da gibt es zum Beispiel Franzosen, Amerikaner, Niederländer und Tschechen. Das spiegelt in gewisser Hinsicht die kulturelle Vielfalt Kasachstans wider. In den Metromärkten ist das etwas anders, da sind die Stellen eigentlich immer komplett mit Einheimischen besetzt.

Metro tritt als Sponsor des Jahres „Deutschland in Kasachstan 2010“ auf. Gibt es noch andere gesellschaftliche Initiativen in der Region?

Ja, und zwar das Programm „Neighbourhood Minimarket“. Dabei geht es darum, kleinen und mittelständigen Einzelhändlern zu helfen. Wir bieten diesen Tante-Emma-Läden Unterstützung bei der Renovierung und Modernisierung ihrer Geschäfte. Außerdem wollen wir ihnen mit unserem Know-how zu mehr Umsatz verhelfen. Wir erhoffen uns von diesem Programm, zusätzliche lokale Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Initiative machen wir an verschiedenen Standorten und konnten sie schon sehr erfolgreich in Europa, in Russland und in der Ukraine etablieren. Das wünschen wir uns auch für Kasachstan.

Was fasziniert Sie persönlich an der Tätigkeit im Großhandel?

Um es auf eine kurze Formel zu bringen: Dynamik plus Internationalisierung plus Kundenorientierung. Der Handel hat mich immer schon begeistert, bei jedem Flohmarkt war ich als Kind mit dabei. Vor allem die Dynamik in diesem Bereich fasziniert mich. Beispiel Kunde: Früher konnte man ihn nach Einkommensschicht klassifizieren und sein Einkaufsverhalten vorhersagen. Das ist heute nicht mehr möglich, man spricht inzwischen vom hybriden Konsumenten, der seinen Champagner im Discounter einkauft, Fleisch und Käse im Delikatessenladen und dann im Supermarkt die Angebotsbrötchen kauft. Das Kundenverhalten zu verstehen und zu beeinflussen ist für mich eine spannende und interessante Herausforderung. Zudem ist der Handel eine internationale Branche. Auch das kam mir sehr entgegen, denn der Drang nach Freiheit und die Lust aufs Abenteuer sind bei mir sehr ausgeprägt, ich wollte schon immer gern im Ausland arbeiten. Und schließlich: Handel ist Wandel, kein Tag ist wie der andere, und das ist inspirierend.

Sie sind jetzt seit mehr als einem Jahr in Almaty, gibt es schon Pläne für die Zeit danach?

Erstmal bin ich noch zwei Jahre hier und danach, wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich zurück nach Rumänien gehen. In Bukarest habe ich schon einmal gearbeitet. Durch meine Frau, die Rumänin ist, habe ich in Rumänien eine zweite Heimat gefunden. Aber grundsätzlich bin ich sehr neugierig, wie sagt man in unserer Branche so schön: „It’s always best to stay flexible.“

Interview: Kathrin Justen

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