Auf einer großen Baustelle der vergangenen Jahre im kasachstanischen Finanzwesen ist in den letzten etwa drei Jahren ein deutlicher Fortschritt zu verzeichnen. Gemeint sind die enormen Außenschulden, die sich vor allem in den Boomjahren des Banken- und Bausektors 2005 bis 2008 aufgebaut hatten.

Betrugen diese Schulden, die in ausländischen Währungen bestehen und deshalb auch noch Wechselkursschwankungen unterliegen, einige Zeit etwas mehr als das gesamte BIP Kasachstans, so ist das Niveau bis zum jetzigen Zeitpunkt auf etwa 60 % des BIP gesunken. Das ist ein durchaus annehmbarer Wert, die kritische Marke, die international mit etwa 80 % des BIP angesetzt ist. Sie wurde somit wieder deutlich unterschritten. Dabei sind die Außenschulden des Landes zwar weiter absolut gestiegen, von etwa 107 Mrd. US-Dollar im Jahre 2008 auf 124 Mrd. Dollar Ende 2011. Da aber gleichzeitig das BIP schneller gestiegen ist als die Außenschulden, ist ihr Anteil relativ zum BIP gesunken.

Hinzuweisen ist darauf, dass die „Außenschulden“ zwar die Schulden aller Wirtschaftsobjekte sind, die innerhalb Kasachstans tätig sind, dies jedoch nicht Schulden des Staates als Regierung sind. Letztere machen in der gesamten Außenschuld nur 4,4 % aus, was absolut 5,5 Mrd. Dollar entspricht. Auch wenn man die vom Staat verbürgten Kredite hinzuzählt, beträgt der Staatsanteil nur etwa 13 %. 95,6 % der Zahlungsverpflichtungen im Ausland sind also Schulden des Privatsektors. Besonderer Problembereich in der betrachteten Frage war lange Zeit der Bankensektor, der in seinen „besten“ Zeiten (Ende 2007) nicht weniger als 46 Mrd. Dollar Kredite im Ausland aufgenommen hatte, überwiegend für nur kurze Laufzeiten, dieses Geld innerhalb Kasachstans aber langfristig ausgeliehen hatte. Das musste irgendwann objektiv zu Problemen mit der Rückzahlung der Kredite führen. Die jüngste Finanzkrise hat diese Verletzung von eigentlich elementaren Regeln dann ja auch schonungslos aufgedeckt und den Bankensektor Kasachstans in eine Krise gestürzt, von der er sich bis heute nicht erholt hat. Die Gier, schnell möglichst viel Geld zu machen, ist ja ein weltweites Phänomen und auch in Kasachstan eher Grundhaltung als die Ausnahme. Gegenwärtig betragen die Außenschulden des Bankensektors nur noch knapp 15 Mrd. Dollar. Folglich ist der finanzielle Spielraum zur Lösung der inneren Finanzprobleme der Banken größer geworden, aber offensichtlich immer noch nicht ausreichend, um aus eigener Kraft das Problem der immensen Zahl fauler Kredite in den Griff zu bekommen.

Etwa 118 Mrd. Dollar der gegenwärtig insgesamt 124 Mrd. Dollar Auslandsschulden sind Verbindlichkeiten privater Unternehmen. Eigentlich könnte man sich da zurücklehnen, denn das Risiko tragen ja private Kreditnehmer. Doch so einfach ist das auch wieder nicht, weil im Falle einer Unternehmensinsolvenz ja immer auch Arbeitsplätze gekürzt werden, sich Steuereinnahmen reduzieren, Märkte und Kooperationen verloren gehen usw. Außerdem wirkt sich eine zu hohe Verschuldung auch schnell auf das formelle und informelle Rating des gesamten Landes aus. Eine Verschlechterung des Ratings aber zieht dann wieder erhöhte Zinsen für neue Kredite nach sich oder gar den Ausschluss von den internationalen Finanzmärkten. Die kasachische Nationalbank ist also gut beraten, die Aufmerksamkeit trotz der relativen Entspannung nicht allzu stark zurückzufahren. Der hiesige Finanzsektor als Gesamtheit sollte aus den dramatischen letzten Jahren viel lernen. Vor allem Mäßigung und das Beachten von Regeln, die eigentlich jeder Finanzer schon während des Studiums lernt. Na, und dann sollte er sich erinnern, dass seine Aufgabe letztlich die Finanzierung der hiesigen Wirtschaft ist. Vor allem der Staat löst im Moment das Problem der zu vielen Öldollars durch oft nur niedrig verzinste Anlagen im Ausland, während insbesondere die mittelständische Wirtschaft von Krediten meist nur träumen kann. Strategisch gesehen sollten in einem gut diversifizierten Kreditportfolio Inlandsinvestitionen dominieren.

Bodo Lochmann

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