Deutschland war für Irina König schon immer ein Traumland. Einiges überraschte sie und ihre Reisegefährten bei ihrem Aufenthalt dann aber doch – zum Beispiel kükengelbe Kreise, die als Kunst gelten.
Wir, sieben Jugendliche aus Karaganda, hatten schon immer diese Sehnsucht nach allem, was mit Deutschland verbunden war: die Sprache, die Kunst, die Kultur, die Musik und noch viel mehr. Manche von uns waren schon ein oder gar ein paar Mal in Deutschland, die anderen dagegen kannten dieses wunder- und geheimnisvoll erscheinende Zauberland nur vom Hören. Eins vereinte uns aber: Wir alle waren einfach fasziniert davon. Wie man weiß, wer suchet, der findet, und wer wartet, der bekommt. Das steht schon in der Bibel und so passierte es auch mit uns. Wir bekamen eine schöne Möglichkeit, Deutschland hautnah zu erleben.
Zwischen Todesangst und Lachanfall
Ende August saßen wir alle aufgeregt und von zahlreichen Koffern und nicht weniger zahlreichen Verwandten und Freunden umgeben am Flughafen in Astana. Keiner glaubte so richtig, dass es wirklich passiert. Wir sahen unsere Reise wie in einem Kinofilm: Abschied von den weinenden Verwandten, Check-in, Passkontrolle, Zoll und voilà! schon saßen wir im Flieger. Einige überkam Todesangst, die Anderen ein Lachanfall darüber. Ruhe? Davon konnte keine Rede sein. Schließlich flogen wir ja nach Deutschland!
Unser Reiseziel war die schöne Stadt Siegen in Nordrhein-Westfalen. Von den Organisatoren wurden wir herzlich, vom siegerländischen Regen warm (es handelte sich schließlich um Sommerregen) begrüßt. Während unseres Aufenthalts lebten wir in Gastfamilien. Das war sowohl für uns als auch für die Familien selbst ein Erlebnis. Man weiß ja nie, wie es läuft mit wildfremden Leuten in einer fremden Umgebung. Da kann so manches schief gehen. Wir hatten aber Glück und, das kann man jetzt ruhig behaupten, sind sehr gute Freunde geworden.
Am nächsten Tag fing für uns ein Deutschkurs an. Der war ziemlich intensiv und auf jeden Fall sehr interessant. Wir wurden dem Niveau nach in verschiedene Gruppen eingeteilt und durften der deutschen Sprache noch ein Stückchen näher kommen. Der Unterricht dauerte drei Stunden, und am Nachmittag hatten wir dann frei. Man könnte meinen, wir hätten nicht gewusst, was wir mit diesem Haufen Freizeit machen sollten. Oh doch, das wussten wir wohl.
Rubens und kükengelbe Kreise
Wir besuchten Museen, Ausstellungen und Galerien. Unter anderem bewunderten wir die Meisterwerke von Rubens, der in Siegen geboren ist. Davon hat das reiche Siegen 19(!) Stück. Das Museum für Gegenwartskunst verblüffte und schockierte uns dagegen ein bisschen. Man sieht ja schließlich nicht jeden Tag kükengelbe Kreise auf einem hellgelben Hintergrund und das alles nicht als Kindermalerei, sondern als ein Kunstobjekt.
Das Siegerland ist sehr stolz auf seine Krombacher-Brauerei, die eine der größten in Deutschland ist. Wir durften sie besichtigen. Dabei beobachteten wir den ganzen Prozess des Bierbrauens: vom Brauen und Gären bis zum Filtrieren und Abfüllen. Am Ende der Führung kosteten wir ein paar Krombacher-Produkte, natürlich alle alkoholfrei.
Schließlich waren wir auch in Köln. Wenn man von Köln spricht, muss man immer an den berühmten Kölner Dom denken. Er hat aber seinen Ruhm verdient. Er ist vielleicht etwas dominant, er macht sprachlos und zieht in seinen Bann, aber ich glaube, er machte uns ein bisschen besser und raubte uns dabei die Herzen.
Mitte September saßen wir ganz ruhig und nachdenklich am Flughafen in Frankfurt. Die Situation kam uns bekannt vor. Der vertraute Vorgang: Check-in, Passkontrolle, Zoll… Es war wunderschön. Danke, Deutschland, und – auf Wiedersehen!